Vor dem kulturellen Erbe nicht in Ehrfurcht erstarren, sondern aktiv damit umgehen: eines der Ziele des Aktionstags "Land der Ideen" (Bilder: Pressestelle)

Was ist Kultur? Moderator Mischa Salzmann (2.v.r.) und seine Gäste auf dem Podium: Ulf Abraham (von links), Fritz Reheis...

...Heidrun Alzheimer, Reinhard Wunderlich und Hubert Wicklein

- Jana Kaun

„Kultur ist wie die Luft zum Schnaufen“

Universität und Dokumentationszentrum veranstalten Aktionstag für Lehrer

Statt Fernsehen und Playstation soll Kindern das Weltkulturerbe der Stadt Bamberg schmackhaft gemacht werden. Unter dem Motto „Kulturvermittlung in der Schule“ diskutierten Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus verschiedenen Fachrichtungen am 15. November im Rahmen des Aktionstags „Land der Ideen“.

In Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus luden die Otto-Friedrich-Universität Bamberg und das Dokumentationszentrum Welterbe der Stadt Bamberg am 15. November zum Aktionstag „Land der Ideen – Innovatives rund ums Welterbe“ ein. Die Veranstaltung richtete sich vor allem an Lehrer, Sozialpädagogen und Lehramtsstudierende. Verschiedene Exkursionen am Nachmittag rund um den Dom und im Sandgebiet verdeutlichten den Teilnehmern vor allem eines: Die Bamberger Altstadt wurde 1993 zu Recht in die UNESCO-Welterbeliste aufgenommen. In der AULA der Universität stand abends neben Vorträgen und Präsentationen eine Podiumsdiskussion im Mittelpunkt.

„Kulturvermittlung in der Schule“

Mit diesem Thema beschäftigten sich Vertreterinnen und Vertreter unterschiedlicher Fachrichtungen – von Naturwissenschaft über Didaktik bis hin zur Theologie. Doch zunächst interessierte Moderator Mischa Salzmann (Radio Bamberg), was Kultur denn überhaupt beinhalte. „Kultur ist nicht nur Theater oder klassische Musik, sondern auch die Art und Weise, wie wir uns kleiden, wie wir essen, was wir uns erzählen oder wie wir Feste feiern“, so Prof. Dr. Heidrun Alzheimer, Leiterin des Lehrstuhls für Europäische Ethnologie. Hubert Wicklein, Direktor des ETA-Hoffmann-Gymnasiums in Bamberg, bezeichnet Kultur am liebsten als „Lebensveredelung“ und Dr. Fritz Reheis, Gymnasiallehrer aus Coburg, betont: „Kultur ist die Basis. Dazu zählen sowohl Vergangenheit, Gegenwart, aber auch die Zukunft.“ Einen festen Kulturbegriff – da waren sich die Experten einig – gibt es nicht.

Doch wie soll Kultur in der Schule vermittelt werden? Prof. Dr. Ulf Abraham, Lehrstuhlinhaber für Didaktik der deutschen Sprache und Literatur, ermutigt seine Studierenden, auch alternative Formen von Kultur in den Unterricht einzubeziehen, beispielsweise durch den Besuch eines Poetry Slams. Am wichtigsten sind für ihn der Austausch und die Zusammenarbeit zwischen Stadt und Schule. Auch Prof. Dr. Reinhard Wunderlich, Professor für Evangelische Theologie/ Religionspädagogik an der Pädagogischen Hochschule in Freiburg (Breisgau), plädiert für eine Vernetzung zwischen Stadtkultur und Lehrplan.

Wie sieht es in der Praxis aus?

„Eigentlich ist die Schule der ideale Ort für Kulturvermittlung“, meint Reheis, „jedoch wird sie heutzutage zweckentfremdet. Anstatt Kultur als etwas Ganzheitliches, Allgemeines zu verstehen, wird sie in verschiedene Fächer à 45 Minuten zerstückelt.“ Für ihn kommt die Kulturvermittlung in der Schule jedenfalls systematisch zu kurz. Obwohl den Pädagogen laut Lehrplan theoretisch 20 Prozent Freiraum in der Unterrichtgestaltung zugestanden wird, sieht die Praxis meist anders aus.
Dennoch: „Man muss nicht von vornherein kapitulieren“, davon ist Abraham überzeugt. Und so kontrovers die Meinungen der Diskussionsteilnehmerinnen und -teilnehmer an diesem Abend zwischenzeitlich auch waren, an einem Punkt sind sie sich einig: Bamberg ist ideal für Kulturvermittlung.

„Die Nahbereichserfahrung, also das, was man direkt vor der Haustüre hat, sollte von den Lehrern vermittelt werden“, meinte Alzheimer. „Erst dann kann man über den Tellerrand schauen und die eigene Kultur mit der Kultur anderer Länder vergleichen.“ Auch wenn ferne Länder, Kulturen und Sitten oft interessanter scheinen als das eigene Umfeld – wer in Bamberg lebt und studiert hat Glück. Denn die Palette an kulturellen Angeboten, die diese Stadt zu bieten hat, ist breit. Das hat der Aktionstag „Land der Ideen“ jedenfalls bewiesen.