Präsident Godehard Ruppert überreicht Johann Engelhard die Urkunde zum Eintritt in den Ruhestand.

Von Georg Trautnitz (l.) und Stefan Eckert (r.) erhält Engelhard die Festschrift.

- Sebastian Koch

Wissenschaftlicher Grenzgänger übernimmt neue Aufgabe in Budapest

Abschiedsvorlesung von Bamberger Ökonom Johann Engelhard

Für Prof. Dr. Stefan Eckert von der Technischen Universität Dresden war er stets ein „Grenzgänger“, der in seiner akademischen Karriere die Schwellen zwischen Ökonomie, Soziologie und Psychologie „mehrfach überschritten“ habe. Ein „Wanderer zwischen den Wissenschaften“. Getreu diesem Motto verabschiedet sich Prof. Dr. Johann Engelhard am Mittwochabend, den 13. Juli 2016, dann auch mit einer Weisheit aus der Biologie offiziell in den vermeintlichen Ruhestand. „Für die Raupe“, erklärt er, „ist es ein Ende. Für den Schmetterling ist das gleichzeitig aber der Anfang“.

Budapest statt Ruhestand

Nach 26 Jahren verlässt Engelhard den Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Internationales Management mit Schwerpunkt Europäisches Management, und die Otto-Friedrich-Universität. Etwa 10.000 Stunden habe er in dieser Zeit in Vorlesungssälen verbracht, rechnen ihm seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einem Abschiedsfilm vor. Und über 200 Stunden habe Engelhard in seiner Zeit als Dekan von 2011 bis 2013 im Dekanatssaal über die Geschicke der Sozialwissenschaften in Bamberg nachgedacht und verhandelt. Doch müde ob dieser Zahlen ist Engelhard keineswegs. Dem Wunsch, den sein Kollege Prof. Dr. Wolf Rauch von der Karl-Franzens-Universität Graz äußert, er möge wissenschaftlich aktiv bleiben, nimmt sich Engelhard zu Herzen. Künftig wird er an der ungarischen Partneruniversität der Otto-Friedrich-Universität, der Andrassy-Universität Budapest, im Rahmen des Masterprogramms ‚Management and Leadership‘ lehren.

Vieles hat die Universität Bamberg ihm zu verdanken. In seiner Zeit als Prorektor von 2000 bis 2004 hat er die Umsetzung des Bologna-Prozesses initiiert. „Wichtige Funktionen“ habe Engelhard wahrgenommen „und damit an Weichenstellungen mitgewirkt, die notwendig, zielführend und in ihrer Nachwirkung anhaltend waren“, erklärt Universitätspräsident Prof. Dr. Dr. habil. Godehard Ruppert. „Integrität und Qualität standen dabei als bestechende Merkmale im Vordergrund.“

Es ist Engelhard sichtlich unangenehm, seine zahlreichen Verdienste für die Universität aufzuzählen. „Ich weiß, was ich gemacht habe. Das muss ich aber nicht alles ausbreiten.“ In seinen Ämtern sei es ihm darum gegangen, ein „konsensorientiertes Klima“ zu schaffen und „hochschulpolitische Konflikte mit Argumenten zu lösen“, fügt er dann doch noch an. Er spricht viel lieber darüber, wie die Universität ihn geprägt hat. Durch die zahlreichen Partnerschaften seien für ihn Möglichkeiten des „international-wissenschaftlichen Austauschs“ entstanden. So habe er seine Forschungen, insbesondere die über den europäischen Binnenmarkt und die wirtschaftliche Integration Osteuropas vorantreiben können.

„Zentrale Erkenntnisse“ gewonnen

Am 1. November 1989 hält er, zunächst als Vertretungsprofessor, seine erste Vorlesung. Engelhard verstand es, in seiner Forschung Maßstäbe zu setzen. Teil seiner Arbeit seien Themen mit „hoher faktischer Bedeutung“ gewesen, in denen der Wissenschaftler „zentrale Erkenntnisse“ gewonnen habe, sagt Prof. Dr. Dr. h.c. Joachim Wolf vom Institut für Betriebswirtschaftslehre der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Zentrale Erkenntnisse, die Kolleginnen und Kollegen Engelhards aus ganz Deutschland in einer Festschrift zu seinem Abschied würdigen. Seine ehemaligen Studenten Prof. Dr. Stefan Eckert (TU Dresden) und Dr. habil. Georg Trautnitz von der Andrassy-Universität, übergeben das Werk, das den zu Engelhards Forschung passenden Titel Internationales Management und die Grundlagen des globalisierten Kapitalismus trägt. Es widmet sich unter anderem den Forschungsschwerpunkten des Internationalen Managements und der Europäischen Integration und enthält eine kritische Reflexion der Entwicklung der Betriebs- und Wirtschaftslehre, wie sie Engelhard stets gezogen hat. Er habe der Forschung „nachhaltige wissenschaftliche Impulse“ gegeben, ist der Konsens der beiden Laudatoren. Später wird Engelhard die Festschrift als „sehr wohltuend“ bezeichnen.

„Uni ohne Studierende ist nicht vorstellbar“

Doch Engelhard hat in seinen 26 Jahren in Bamberg nicht nur wissenschaftliche Akzente gesetzt. In einem von seinen Studierenden inszenierten Sketch geht Anna-Maria Sperber in einer Vorlesungsparodie der Frage nach, was einen „hervorragenden Professor“ ausmacht. Humorvoll wird sein mitunter etwas chaotischer Umgang mit Textmarker auf Overhead-Folien sowie das unter Studierenden gefürchtete Abfragen mit dem Saalmikro – „Sie haben Glück, dass Sie in der ersten Reihe sitzen. So viel Mut muss belohnt werden, deshalb kommen Sie nicht dran“ – dargestellt. Ein „brillianter Sketch“, wie Engelhard findet.

Überhaupt sei er schwer beeindruckt von der Art und Weise, wie er verabschiedet worden ist. „Besonders die Parodie zeugt davon, dass die Distanz zwischen mir und meinen Studierenden ziemlich gering war.“ Damit habe er das Selbstbewusstsein seiner Studierenden gefördert, ist er überzeugt. „Eine Uni nur für Forschende und ohne Studierende ist eben nicht vorstellbar.“Ob er eine ähnliche Beziehung zu seinen Lernenden auch in Budapest aufbauen kann? Engelhard freut sich jedenfalls auf die neue Herausforderung, von Ruhestand keine Spur. Der Schmetterling ist geboren.

Aufgrund der Fülle der Beiträge ließ Johann Engelhard seinen Vortrag spontan ausfallen.