Das Kleinkastell Burgus von Burgsalach aus der Luft (Foto: BLfD, K. Leidorf)

Der Konflikt des Sonderreichs Imperium Galliarum (links) und des Imperium Romanum hinterließ ein Machtvakuum, das die Germanen ausnutzten (Foto: C. S. Sommer)

Mauer des Raetischen Limes mit umgebendem Schuttwall im Bereich der Staatsstraße westlich von Weiltingen. Nach der bauvorbereitenden Untersuchung konnten große Teile unter einer trennenden Abdeckung aus Geotextilien und Sand unter der neu zu bauenden Straße langfristig erhalten werden (Foto: BLfD, J. Obmann)

Sebastian Sommer (l.) im Gespräch mit der Leiterin des Instituts für Archäologie, Denkmalkunde und Kunstgeschichte Michaela Konrad und dem Vizepräsidenten Guido Wirtz (Foto: Katja Hirnickel)

Das Ende des Limes

Honorarprofessor Sebastian Sommer zwischen Archäologie und Denkmalpflege

„Wir haben die Archäologie in den letzten Jahren ausgebaut. Vor allem haben wir die Verbindungen zu anderen Fächern gestärkt, beispielsweise zu den Geowissenschaften und insbesondere zur Denkmalpflege“, erklärte der Dekan der Fakultät für Geistes- und Kulturwissenschaften Prof. Dr. Lorenz Korn während seines Grußworts zur Antrittsvorlesung von Prof. Dr. C. Sebastian Sommer am 4. Juni 2013. Neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit als Leiter der Abteilung Praktische Denkmalpflege (Bodendenkmäler), Landeskonservator und Stellvertreter des Generalkonservators im Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege ist Sommer nun Honorarprofessor in Bamberg. „Heute wird das wissenschaftliche und fachliche Engagement unseres neuen Kollegen durch die Honorarprofessur öffentlich anerkannt und institutionell gesichert“, erklärte Korn. Er freue sich, dass diese akademische Würde Sommer auch dazu verpflichte, weiterhin in Bamberg zu lehren, fügte der Dekan mit einem Augenzwinkern hinzu.

Spannungsgeladenes Feld statt harmonisches Nebeneinander

Die Universität Bamberg sei mit seiner Bestellung zum Honorarprofessor einem Angebot der LMU München zuvorgekommen, verriet Sebastian Sommer. Obwohl der Dienst für seine Alma Mater bequemer gewesen wäre – Sommers Wohn- und Dienstsitz liegt bei München –, habe er nicht gezögert, in die Welterbe-Stadt Bamberg zu kommen. „Denn hier habe ich das, was ich als ‚die zwei Herzen in meiner Brust‘ bezeichne, nämlich die Verbindung von Archäologie und Denkmalpflege.“ Was zunächst nach einem harmonischen Begriffspaar klingt, erweist sich in der Praxis häufig als spannungsgeladenes Feld: Sobald eine Grabung Funde aus einem Bodendenkmal zutage fördert, werden sie aus dem Fundzusammenhang gerissen und verlieren den Schutz des Erdreichs. Ohne Grabungen sind aber viele archäologische Forschungen kaum möglich.

Beide Bereiche ziehen sich durch Sommers gesamtes Leben: Er hat Provinzialrömische Archäologie, Vor- und Frühgeschichte, Osteologie, Numismatik und Alte Geschichte in München, Freiburg und Oxford studiert. Für das Landesdenkmalamt Baden-Württemberg war er bis 2001 Grabungs- und Referatsleiter, danach Abteilungsleiter für das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege. Seit 2004 lehrte er als Lehrbeauftragter im Bamberger Masterstudiengang „Denkmalpflege“ und ist nun Honorarprofessor der Professur für „Archäologische Denkmalpflege unter Berücksichtigung der Provinzialrömischen Archäologie“.

Quellen für die Fragen der Zukunft

So verwundert es kaum, dass auch das Thema von Sommers Antrittsvorlesung „Das Ende des Raetischen Limes“ beide Blickwinkel berücksichtigte. Der Raetische Limes ist jener Teil der ehemaligen römischen Grenze zwischen Rhein und Donau, der die Provinz Raetia vom Barbarikum trennte. Der Limes war mit Mauern, Palisaden, Kastellen und Wachtürmen befestigt. Das historische Ende des Limes läuteten einfallende Germanen um die Mitte des 3. Jahrhunderts nach Christus ein. Die römischen Truppen wurden in dieser Zeit zunehmend wegen innerrömischer Konflikte und zur Gefahrenabwehr in anderen Reichsteilen abgezogen und gaben wohl 254 nach Christus die Grenze auf. Danach, während des Konflikts zwischen dem Kaiser Gallienus in Rom und einem Gegenkaiser Postumus, der in Gallien ein weitgehend unabhängiges Sonderreich gegründet hatte, entstand in Südwestdeutschland ein Machtvakuum, das die Germanen ausnutzten. „Wir müssen aber die Frage stellen, ob die Germanen wirklich von sich aus gekommen sind. Wurden sie möglicherweise von den Römern ganz gezielt angelockt?“ Sommer belegte seine neue These mit Münzfunden aus Raetien und Obergermanien, deren Verteilung sich nicht durch eine zufällige Münzverbreitung erklären lasse. Vielleicht hätten die Römer aus einer temporären Notsituation gehandelt, ohne die Folgen richtig einschätzen zu können, so der Honorarprofessor.

Neben diesem historischen Ende sprach der Honorarprofessor aber auch über das „Ende der Bausubstanz“. Er zeigte Fotos von Befestigungsanlagen, die schlecht erhalten sind und zugleich miserabel restauriert wurden. Eine Bamberger Untersuchung habe gezeigt, dass kaum mehr Originalsubstanz vorhanden sei, erklärte Sommer und fragte: „Gehen wir wirklich verantwortungsvoll mit unserem Erbe um? Sind wir mitverantwortlich am Ende des Raetischen Limes, indem wir ihn ausgegraben und einfach liegengelassen haben?“ Eine Alternative sei die Konservierung durch Überdeckung mit Erde, auch wenn dann nichts mehr zu sehen sei. Sebastian Sommer schloss seinen Vortrag mit einer Forderung an seinen Fachbereich, konsequent auf die (Bau)Substanz und die Quellen zu achten, um auch künftig Fragen zur Vor- und Frühgeschichte beantworten zu können. „Wir müssen möglichst viel erhalten. Nur so werden wir Quellen für die Fragen der Zukunft haben und heutige Thesen belegen oder widerlegen können.“

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