Ada Raev referierte über die legendäre Welt des russischen Balletts (Bild: fokko/stock.xchng).

Dekan Friedhelm Marx begrüßte die neue Kollegin mit einem Strauß Blumen (Bild: Julia Mareike Schmidt).

Mit ihrem Forschungsbereich Kunst- und Kulturgeschichte verstärkt Ada Raev die Bamberger Slavistik (Bild: Professur für Slavische Kunst- und Kulturgeschichte).

- Julia Mareike Schmidt

Imperial und modern

Ada Raev hielt ihre Antrittsvorlesung über die „Ballets Russes“

Ins Tanztheater entführte Prof. Dr. Ada Raev ihr Publikum mit ihrer Antrittsvorlesung am 5. Mai. Das Thema des Vortrags „Imperial und Modern. Ballets Russes (1909-1929)” war die legendäre Welt des russischen Balletts.

Die Bamberger Slavistik hat eine dritte Säule bekommen: Neben der etablierten Literatur- und Sprachwissenschaft gibt es seit dem Sommersemester 2008 an der Otto-Friedrich-Universität eine Professur für Slavische Kunst- und Kulturgeschichte. Die Inhaberin der Professur, Prof. Dr. Ada Raev, selbst sieht ihren Forschungsbereich in einer „Scharnierfunktion” für die Slavistik.

Die in Berlin geborene Raev absolvierte ihr Studium der Kunstgeschichte an der Staatlichen Universität M.I. Lomonosov in Moskau und promovierte an der Historischen Fakultät mit einer Arbeit zu dem Thema „Russisch-deutsche Kunstbeziehungen an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert (1896-1906)“. In ihren weiteren Forschungen beschäftigte sich Raev mit der russischen Kunst der Neuzeit und Moderne, ihren Einfluss auf die gesamteuropäische Kultur, die Relation zwischen Kunst und Bühne sowie mit Künstlerinnenviten. So trug ihre Habilitationsschrift von 1999 den Titel „Russische Künstlerinnen der Moderne (1870-1930). Historische Studien. Kunstkonzepte. Weiblichkeitsentwürfe“.  

Darüber hinaus wirkte sie an Ausstellungen mit, zum Beispiel als Kuratorin an der Präsentation  „Macht und Freundschaft. Berlin - St. Petersburg 1800-1860“, die im Martin-Gropius-Bau in Berlin stattfand. Nach mehreren Professurvertretungen, unter anderem an der TU Dresden, der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und der Humboldt-Universität zu Berlin, arbeitete sie als Gastprofessorin an der Hochschule für bildende Künste Braunschweig. Im Sommersemester 2008 folgte sie schließlich dem Ruf nach Bamberg. Ihre Antrittsvorlesung am 5. Mai lockte nicht nur Vertreter der Universitäts- und Fakultätsleitung, Kollegen, Freunde und Familie, sondern auch ein fachübergreifendes Publikum in den Hörsaal 122 des Gebäudes An der Universität 5.

„Gehen Sie mal wieder ins Ballett!“

Die Antrittsvorlesung stand ganz im Zeichen des Forschungsschwerpunktes der Kunsthistorikerin. Besonders deutlich wurde ihre Begeisterung für die russische Kunst und die Bühne, im Besonderen das Ballett. So verwundert es nicht, dass die Rednerin die Gäste mit dem Ziel, sie ins Tanztheater entführen zu wollen, begrüßte. Die Ballets Russes, über die Raev referierte, gelten als eines der bedeutsamsten und bahnbrechendsten Ensembles in der Geschichte des Balletts. Gründer der 1909 entstandenen Gruppe war der Impresario Sergei Pawlowitsch Djagilew. Zu dieser Zeit war das klassische Ballett in Routine erstarrt, die Ballets Russes brachten die überfällige Erneuerung. Durch den Bruch der Traditionen war es eine klare Absage an die klassischen Formen des Tanzes. Trotzdem beschränkte sich die Modernisierung bei den Ballets Russes oft nur auf die äußerlich ersichtliche Darstellung. Inhaltlich gesehen erreichten sie mit ihrer Diesseitsentrücktheit, dem fehlendem Realitäts- oder Politikbezug selten das Ziel des Traditionsbruches. Carl Einstein betitelte das Auftreten des Ensembles treffend als “einigermaßen modern”. Trotz allem behielt das Ballett mit den anfangs extrem glanzvollen, exotischen Inszenierungen einen imperialen Charakter. Diese Paradoxie, die im Bezug auf die Ballets Russes bisher wenig Beachtung gefunden hatte, ist es, welche Raev besonders interessiert und sie zur Titelwahl des Vortrages bewog.

An diejenigen, die nicht schon durch ihren Vortrag Lust bekommen hatten, diese Sparte der Bühnenkunst (wieder) für sich zu entdecken, appellierte sie abschließend nicht ohne sympathischen Nachdruck: „Gehen Sie mal wieder ins Ballett!“