Die neue Professorin Dr. Marianne TauberBenjamin Herges / Universität Bamberg

Die neue Professorin Dr. Marianne Tauber spricht im Interview über Herausforderungen bei ihrer Arbeit.

- Hannah Fischer

Eine im deutschsprachigen Raum einzigartige Professur

Marianne Tauber ist neue Professorin für Forensische Restaurierungswissenschaft organischer Polymere.

Welchen Karriereweg beschreitet eine Person, die Chemie und Ur- und Frühgeschichte studiert hat? Sie kann zum Beispiel Professorin für Forensische Restaurierungswissenschaft organischer Polymere an der Universität Bamberg werden. Für diesen Weg hat sich Prof. Dr. Marianne Tauber entschieden, die seit Oktober 2021 die neu eingerichtete Professur innehat. Über Umwege ist sie nach Bamberg gekommen und beschäftigt sich nun vor allem mit Schadstoffanalysen in historischen Gebäuden. Was sie für die kommenden Jahre geplant hat und wie es sie nach Bamberg verschlagen hat, erzählt sie im Interview.

Seit Oktober sind Sie nun in Bamberg. Welcher Weg hat Sie hierhergeführt?

Marianne Tauber: Ich bin über mehrere Umwege nach Bamberg gekommen. Studiert habe ich Chemie und Ur- und Frühgeschichte an der Universität Hamburg. Dort habe ich mich schon für Kulturgutanalytik interessiert. Dabei hat mir die organische Chemie, also die Naturstoffanalytik, am meisten Spaß gemacht. An der TU Braunschweig habe ich anschließend in diesem Fach auch promoviert. 

Wie ging es nach der Promotion weiter?

Zwischenzeitlich war ich Laborleiterin am Schweizerischen Institut für Kunstwissenschaft in Zürich. Dort stand die Analyse von Gemälden im Zentrum meiner Arbeit. Zwischen 2011 und 2020 war ich mit einer Unterbrechung beim Institut für Denkmalpflege und Bauforschung der ETH Zürich angestellt. In der Zeit der Unterbrechung war ich zwei Jahre in der Fachstelle für Denkmalpflege der Schweizerischen Bundesbahn als Bauberaterin tätig. Das letzte Jahr an der ETH Zürich habe ich bei den Materialwissenschaften im Laboratorium für multifunktionale Materialien gearbeitet. Dort ging es vor allem um Brandschutz, also um Materialien, die man nutzen kann, um Denkmäler brandsicher zu machen. Einerseits habe ich mir angeschaut, welche Brandschutzmittel sich bereits in historischen Holzkonstruktionen befinden. Andererseits zählte zu meinen Aufgaben, Brandschutzmittel zu entwickeln, die für historische Dachstühle geeignet sind. Diese müssen ungiftig, transparent und reversibel sein.

Wo werden Sie Ihren Forschungsschwerpunkt in Bamberg setzen?

Ganz allgemein möchte ich mich mit organischen Materialien in der Denkmalpflege und mit der Weiterentwicklung von Analysetechniken beschäftigen. Konkret werde ich einen Schwerpunkt bei Schadstoffanalysen in historischen Gebäuden setzen. Hier geht es vor allem um Pestizidanalysen, aber auch Konservierungsmittel und Brandschutzmittel, die insbesondere in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in historische Holzkonstruktionen injiziert wurden. Diese dampfen seit Jahrzehnten aus. Wir wissen teilweise nicht, um welche Pestizide es sich konkret handelt und wie viel davon in den Baustoffen noch enthalten ist. Die Pestizide bewirken, dass man gerade im Sommer, wenn es heiß ist, historische Dachstühle beispielsweise nicht betreten kann, weil die zum Teil gesundheitsschädlichen Stoffe austreten und wir diese einatmen könnten. Mit diesem Thema habe ich mich bereits an der ETH Zürich beschäftigt. In Bamberg möchte ich das gerne im größeren Maßstab und zusammen mit der Denkmalpflege fortführen. 

Wieso haben Sie sich für die Professur beworben?

Die Motivation, mich zu bewerben, war, dass Bamberg meines Wissens nach der einzige Standort im deutschsprachigen Raum ist, der auf universitärer Ebene eine Professur für organische Chemie im Bereich Baudenkmalpflege anbietet. Das macht die Universität Bamberg wirklich einzigartig. Und auch das Kompetenzzentrum Denkmalwissenschaften und Denkmaltechnologien ist in der Form einmalig in Deutschland. 

Sie beschäftigen sich jetzt mit historischen Bauwerken. Vorher lag ein Schwerpunkt auf der Analyse von Gemälden. Worin unterscheidet sich die Arbeit dabei? 

Ich habe bei Gemälden deutlich weniger Probenmaterial. Aus einem echten Renoir oder Monet kann man bei weitem nicht so viel Proben entnehmen wie bei einem Gebäude. Wenn ich wissen möchte, woraus eine bestimmte Farbe in einem Gemälde hergestellt wurde, kann ich lediglich staubkorngroße Proben entnehmen. 

Kostet das nicht sehr viel Überwindung, an so wertvollen Objekten zu arbeiten?

Natürlich kostet das Überwindung. Im Endeffekt beschädigt man das Objekt ja. Aber mit Hilfe moderner Stereolupen ist es möglich, nur winzige Mengen zu entnehmen, sodass man das im Nachhinein mit dem bloßen Auge gar nicht wahrnehmen kann. Das ist übrigens auch eine Sache, die ich den Studierenden mit auf den Weg geben möchte: Wenn man etwas über ein Gemälde erfahren möchte, dann muss man auch mitten hineingehen und dort am Original Proben nehmen – durchaus auch einmal mehr, wenn man für die Analyse mehr Material braucht und das Objekt dieses hergibt. Mir ist es wichtig, den Studierenden die Hemmung zu nehmen.

Ist Ihnen die Arbeit an einem bestimmten Gemälde besonders in Erinnerung geblieben?

Das Gemälde „Abfahrt des Dampfers nach Folkestone“ von Édouard Manet ist mir stark im Gedächtnis geblieben. Es hängt in der Oskar Reinhart Sammlung, Bundesamt für Kultur, in Winterthur in der Schweiz und sollte damals gereinigt werden. Auf dem Bild sieht man einen Steg, auf dem Menschen warten, um als Passagiere auf ein Dampfschiff zu dürfen. Im Vordergrund ist eine Frau im weißen Kleid zu sehen. Als das Gemälde ausgerahmt worden war, konnte man sehen, dass die Leinwand und die Malerei über die Innenkante des Rahmens hinaus verlief. Das Kleid der Frau hatte an dieser Stelle einen pinken Saum. Dort habe ich Proben entnommen und es stellte sich heraus, dass das gesamte Kleid und nicht nur der Saum einmal pink gewesen sein musste. Denn der Maler verwendete 1869 einen frühen Teerfarbstoff namens Fuchsin. Teerfarbstoffe wurden erst Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelt. 

Und wieso ist das Kleid weiß und nicht mehr pink?

Wenn der Farbstoff Fuchsin mit UV-Licht in Berührung kommt, wird er farblos. Bei dem Gemälde von Manet kam dann die weiße Grundierung zum Vorschein, die auch heute noch sichtbar ist. Unter dem Rahmen blieb das ursprüngliche Pink des Kleides hingegen erhalten. Für uns war das Besondere dabei, dass wir so nachweisen konnten, dass schon sehr früh Teerfarbstoffe in der Malerei eingesetzt wurden. Auch den farblosen Teerfarbstoff konnten wir nachweisen. Ich denke, dass Teerfarbstoffe sich auch auf anderen Gemälden befinden könnten, diese jedoch für uns mit dem bloßen Auge nicht mehr sichtbar sind. Dafür müsste man systematischer auf die Suche gehen.

Vielen Dank für das Interview!