Zwei Forschungsinfrastrukturen werden zusammengeführt, um die wissenschaftliche Arbeit in den Geistes- und Kulturwissenschaften mit digitalen Werkzeugen und Datenbeständen zu erleichtern.Markus Spiske/Unsplash

Zwei Forschungsinfrastrukturen werden zusammengeführt, um die wissenschaftliche Arbeit in den Geistes- und Kulturwissenschaften mit digitalen Werkzeugen und Datenbeständen zu erleichtern.

Die Sensoren von Smartwatches messen die „Happiness“ von Individuen und Teams.Luke Chesser/Unsplash

Die Sensoren von Smartwatches messen die „Happiness“ von Individuen und Teams.

KI-Verfahren helfen dabei herauszufinden, wie Personen und Themen in verschiedenen Medienkanälen populär werden.Christian Wiediger/Unsplash

KI-Verfahren helfen dabei herauszufinden, wie Personen und Themen in verschiedenen Medienkanälen populär werden.

„Black Lives Matter“, „#Metoo“ oder „Fridays for Future“: Wie wirken sich die zunehmend in virtuellen Räumen abspielenden Dynamiken von Konflikten auf die öffentliche Kommunikation aus?Sean Lee/Unsplash

„Black Lives Matter“, „#Metoo“ oder „Fridays for Future“: Wie wirken sich die zunehmend in virtuellen Räumen abspielenden Dynamiken von Konflikten auf die öffentliche Kommunikation aus?

KI für Digitale Geistes- und Sozialwissenschaften

An der Universität Bamberg gibt es Projekte zu einer digitalen Forschungsinfrastruktur, Smartwatches, Medien und Konfliktstrukturen.

Eine Besonderheit der Künstlichen Intelligenz in Bamberg ist, dass sie interdisziplinär ausgerichtet ist. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entwickeln unter anderem Anwendungen für Geistes- und Kulturwissenschaften sowie Sozialwissenschaften:

Digitale Forschungsinfrastruktur für Geistes- und Kulturwissenschaften

Im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekts CLARIAH-DE sollen über zwei Jahre hinweg (2019 bis 2021) die beiden etablierten Forschungsinfrastrukturen CLARIN-D und DARIAH-DE zusammengeführt werden. Das soll Forscherinnen und Forschern aus den Geistes- und Kulturwissenschaften die wissenschaftliche Arbeit mit komplexen digitalen Werkzeugen und speziellen Datenbeständen wesentlich erleichtern.

Das Portfolio beinhaltet die nachhaltige Bereitstellung von Forschungsdaten, technische Infrastrukturen, digitale Werkzeuge und virtuelle Forschungsumgebungen für die Geistes- und Kulturwissenschaften, Informations- und Schulungsmaterialien sowie Handreichungen zu Standards und Verfahren. Konkret geht es im Bamberger Teilprojekt darum, Forschungsdaten in den Geisteswissenschaften anzureichern, zu vernetzen und durchsuchbar zu machen, zum Teil unterstützt durch KI-Methoden. Beispiele sind Gelehrtenkataloge, Beschreibungen zu Sammlungen und biographische Texte.

Im Projekt kommen Verfahren der KI zur Erkennung von Eigennamen und zur weiteren Textanalyse ebenso zum Einsatz wie Verfahren der Bildanalyse und Objekterkennung. Dabei konnten Werkzeuge entwickelt werden, die derzeit schon im praktischen Einsatz sind oder prototypisch Möglichkeiten aufzeigen und die in Zukunft noch stärker von KI-Methoden profitieren werden.

Smartwatch: Wie glücklich sind Menschen?

Das Projekt entstammt einer langjährigen Kooperation mit dem renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT). Im Rahmen dieser Kooperation werden seit 2012 in Bamberg Lehrveranstaltungen in Form von Seminaren und Projekten angeboten, an dem auch Studierende aus Bamberg sowie weiteren (internationalen) Standorten beteiligt sind. Eines dieser Projekte befasst sich mit der Frage, wie die Sensoren von Smartwatches genutzt werden können, um die Happiness von Individuen und Teams zu messen und vorherzusagen. Dadurch lässt sich beispielsweise ein Einblick in die Teamarbeit in der Universität oder am Arbeitsplatz gewinnen, der etwas über den Zusammenhang zwischen Zufriedenheit, Kreativität, Innovations- und Leistungsfähigkeit verraten kann.

Dazu erhalten die Probandinnen und Probanden eine mit einem KI-Programm ausgestattete Smartwatch und müssen mit ihr in bestimmten Abständen in Dialog treten, kleine Aufgaben lösen oder Fragen beantworten. Über standortbezogene Daten wie Lichteinfall oder Geoposition sowie personenbezogene, anonymisierte Faktoren wie Schritt- und Pulsfrequenz oder der Tonfall bei Gesprächen lernt das KI-Programm, die persönliche Befindlichkeit der Smartwatchträgerinnen und -träger einzuschätzen, die Frage zu beantworten, wie glücklich sie zu einem bestimmten Zeitpunkt sind und Vorschläge zu unterbreiten, was getan werden müsste, um sie glücklicher und damit auch leistungsfähiger zu machen. 

Wie funktionieren Medien und was kann die Gesellschaft daraus lernen?

Ein interdisziplinäres Projekt beschäftigt sich seit 2017 mit der Frage, wie man mithilfe von KI-Verfahren automatisiert herausfinden kann, wie Personen, Themen und deren Darstellung über verschiedene Medienkanäle – von traditionellen Massenmedien zu Social Media – hinweg zu Popularität gelangen. Dabei werden verschiedene Aspekte untersucht, zum Beispiel inwieweit und warum sich die Berichterstattung über ein bestimmtes Thema in verschiedenen Medien unterscheidet, wann und warum Rezipientinnen und Rezipienten Medien vertrauen oder misstrauen oder warum sich Privatpersonen dazu entscheiden, bestimmte Themen aufzugreifen und in ihrem Umfeld, beispielsweise in sozialen Netzwerken, darüber zu berichten.

Ziel ist es, besser zu verstehen, wie Mediensysteme funktionieren und mit welchen Maßnahmen und Mechanismen man in ihnen erfolgreich agiert. Mit diesem Wissen können unter anderem Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie verschiedene Zielgruppen in der Gesellschaft Medienkompetenz trainieren und zum Beispiel Fake News von wissenschaftlich fundierten Nachrichten unterscheiden können. An dem durch die Volkswagen Stiftung geförderten Projekt sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Qatar und von der Universität Konstanz beteiligt. Es zählt zu den Leuchtturmprojekten im Bereich Computational Social Science in der Nachwuchsförderung.

Wie verändern sich zentrale gesellschaftliche Konfliktstrukturen?

Um diese Frage zu beantworten, soll ein KI-Verfahren entwickelt werden, mit dessen Hilfe digitalisierte Massenmedien wie Tageszeitungsberichte und soziale Medien als Quelle von Informationen über Konflikte untersucht wird. Die Aufmerksamkeit richtet sich dabei insbesondere auf die automatisierte Erkennung und Beschreibung von Protesten und Bewegungen auf Basis von Mediendaten. Auf dieser Grundlage soll untersucht werden, wie sich die zunehmend in virtuellen Räumen abspielenden Dynamiken von Konflikten, wie etwa im Kontext von Black Lives Matter, #Metoo oder Fridays for Future, auf die öffentliche Kommunikation auswirken.  

Das Projekt ist eine enge, interdisziplinäre Kooperation zwischen drei Bamberger Disziplinen: Wirtschaftsinformatik, Soziologie und Politikwissenschaft. Ziel ist es, Daten über die Verlaufsmuster von Konflikten, Protestwellen und sozialen Bewegungen in Deutschland zu erfassen und zu untersuchen – um grundsätzliche Muster und Strukturen zu erkennen und somit besser zu verstehen, wie Protestbewegungen entstehen und sich organisieren. Dem Projekt liegt die These zugrunde, dass die Analyse sozialer Konfliktstrukturen der Schlüssel ist für das Verständnis aktueller krisenhafter Tendenzen in Deutschland.