Reportage:

Ein Fahrrad sagt mehr als tausend Worte:

Der Studiengang Kommunikationswissenschaft an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg bietet den Studierenden verschiedene praktische Übungen an, in denen sie lernen, theoretische Grundlagen der Bereiche PR und Journalismus praktisch anzuwenden. In zwei Kursen mit dem Titel „Fotos im Journalismus“ erstellten Studenten im Sommersemester 2011 Foto-Serien, die ihre Studentenstadt als „lebendiges Weltkulturerbe“ zeigen. Kathrin Winkler, ebenfalls Studentin der Kommunikationswissenschaft, hat ihre Kommilitonin Raphaela Holzer auf der Foto-Tour durch Bamberg begleitet.


An einem heißen Juli-Tag, nur zwei Wochen vor der Präsentation der Fotostrecke, beginnt Raphaela, die ersten Fotos zu schießen. Doch die Arbeit an der Fotoserie hat für sie schon lange vorher begonnen: Sie hat ein Konzept erarbeitet, mit dem sie Bamberg als „lebendiges Weltkulturerbe“ präsentieren will. Ihr Thema: „Bamberg als Fahrradstadt“. Deshalb bittet Raphaela mich auch, zum Ausgangspunkt der Foto-Tour am ZOB ein schönes Fahrrad mitzubringen. „Hier in der kleinen Gasse ist ein super Motiv für meine Strecke: Da ist eines dieser ,Bitte hier keine Fahrräder abstellen`-Schilder, an dem fast immer ein Fahrrad lehnt. Das ist einfach typisch in Bamberg. Es gibt so viele Radfahrer und einfach nicht genug Fahrradständer und das Schild dort ist das mit der schönsten Schrift“, sagt sie.

Als wir in die kleine Gasse kommen, lehnt dort kein Fahrrad an der Hauswand und das Schild ist auch verschwunden. Zwei Bauarbeiter schlagen bei drückender Hitze den Putz von der Fassade und Raphaelas Schild liegt in einer schmutzigen Schubkarre zwischen Bauschutt. Raphaela erklärt den Bauarbeitern aufgeregt ihr Problem und bekommt als Trost wenigstens das staubige, zerbeulte Schild mit der schönen Schrift geschenkt. „Jetzt hab ich zwar ein Andenken, aber die Foto-Tour muss erst mal weitergehen“, ist sie ein wenig enttäuscht.

Von der Idee bis zum fertigen Bild: Studenten auf Foto-Tour

Auf der Suche nach einem neuen „Bitte keine Fahrräder abstellen“- oder „Fahrräder abstellen verboten“-Schild erzählt Raphaela von den medienpraktischen Kursen der Kommunikationswissenschaft: „Die Übungen machen immer super viel Spaß, weil man nicht nur theoretische Hintergründe lernt, sondern sich auch praktisch ausprobieren darf. Neben der Foto-Übung mach` ich auch eine Übung zu den Grundlagen der PR, da entwickeln wir unser eigenes PR-Projekt, das vielleicht sogar real umgesetzt wird, wenn wir es gut machen.“ Die Übungen finden üblicherweise in einem kleinen Rahmen mit 15 Studierenden statt, so dass jeder Teilnehmer individuell betreut werden kann.

Die Übung „Fotos im Journalismus“ bietet Dozentin Dr. Kristina Wied fast in jedem Semester an. „Fotos spielen im Journalismus eine wichtige Rolle, nicht nur als Gestaltungselement: Sie wecken das Interesse des Lesers und lenken seine Aufmerksamkeit auf die Texte, die dazugehören“, erläutert Wied und hebt hervor, „wer bei Zeitungen, Zeitschriften oder Onlineportalen arbeitet, sollte wissen, was Fotos im Journalismus leisten können, nach welchen Kriterien man ein gutes Bild auswählt und wie man Fotos erstellt und aufbereitet.“ Raphaela hat zuvor schon journalistische Erfahrungen gesammelt, aber noch nie professionell fotografiert. „Es gibt so viele Dinge, die man beachten muss, die mir vorher nicht bewusst waren: Einstellung, Lichtverhältnisse und noch viel mehr. Ein gutes Foto zu schießen, ist nicht so leicht, wie man vielleicht denkt.“

Theoretische Konzepte praktisch umgesetzt

Mittlerweile sind wir an einem prächtigen, historischen Wohnhaus angekommen, an dessen Fassade mehrere alte, gebrauchte Fahrräder lehnen. Hinter den Rädern ist an der Wand ein Schild zu erkennen, das das Anlehnen von Fahrrädern an der Sandsteinfassade verbietet. „Das Schild ist super, denn Sandstein ist typisch für diese Region und auch ein Element des Bamberger Weltkulturerbes“, sagt Raphaela, nimmt die Spiegelreflexkamera noch etwas unbeholfen in die Hand und zielt auf ein Fahrrad an der Fassade. „Die Spiegelreflexkamera konnte ich mir in der Uni ausleihen, ich selbst habe nur eine alte Digitalkamera, die ich aber selten benutze.“ Den Umgang mit der professionellen Kamera lernen die Studenten in einem Tutorium.

Die Idee für die eigene Foto-Serie hat jeder Student selbst entwickelt. Raphaela stellt das „lebendige Weltkulturerbe“ ganz bewusst als Fahrradstadt dar, weil Fahrräder für sie nicht nur die Bewegung und damit das Leben symbolisieren, sondern auch typisch für Studentenstädte wie Bamberg sind. „Ich hatte auch gleich ein paar gute Ideen, wie sich Bamberg und Fahrräder auf Fotos verbinden lassen, aber die Umsetzung ist nicht immer so leicht, wie man denkt: Ich wollte einen Radfahrer bei Regen am Ufer der Regnitz, mit dem alten Rathaus im Hintergrund fotografieren. Aber ich habe noch keinen gefunden, der freiwillig durch den Regen radelt“, schildert sie. Die Sonne brennt an diesem Nachmittag so heiß, dass an ein Regenfoto heute ohnehin nicht zu denken ist.

Bamberg als lebendige Fotokulisse

Die Foto-Tour führt weiter zur Universität: An den großen Gebäuden in der Innenstadt lehnen dutzende Fahrräder in der Mittagssonne, von Studenten hier während der Vorlesungen geparkt. Raphaela nutzt die Gelegenheit den dichten Fahrradwald zwischen Austraße und An der Universität auf einem Foto festzuhalten. Sie plant für ihre Foto-Serie noch drei weitere Fotos. Die Motive hat sie schon vorher skizziert und mit den anderen Kursteilnehmern durchgesprochen. „Ich bin schon gespannt, wie die Fotoserien von den anderen aus meinem Kurs werden, die haben alle richtig gute Ideen: Einer hat jemanden gefunden, der Parkour macht und dann an den historischen Gebäuden hochgeklettert ist, und bei einer anderen Fotostrecke stehen Bambergs kulinarische Besonderheiten im Vordergrund. Auch spannend hört sich die Idee von einer Kommilitonin an, die Tag und Nacht in der gleichen Einstellung Bilder von der oberen Brücke gemacht hat.“

Die Fotos werden von den Studenten später mit einem Bildbearbeitungsprogramm aufbereitet und mit passenden Bildunterschriften versehen. Die Studenten des Kurses sind sehr zufrieden mit ihren Ergebnissen und Raphaela ist froh, dass sie sich für die Übung „Fotos im Journalismus“ entschieden hat: „Ich hab` nicht nur gelernt zu fotografieren, sondern habe auch Bamberg von einer ganz eigenen Seite gesehen.“