Mark Trappmann ist seit April 2012 Sonder-Professor des Lehrstuhls für Soziologie, insbesondere Survey-Methodologie (Foto: IAB Nürnberg)

Parallel zu seiner Tätigkeit an der Universität arbeitet Mark Trappmann als Forschungsbereichsleiter beim Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung

Als Sonder-Professor an der Universität

Der neue Soziologe Mark Trappmann im Interview

Sie haben Mathematik und Sozialwissenschaften studiert und diese Kombination zieht sich durch Ihren ganzen Lebenslauf: Was fasziniert Sie daran, was bringt es Ihnen?

Mathematik ist in den Sozialwissenschaften gesucht, steht aber leider in vielen Studiengängen nicht im Vordergrund. Die Nachfrage nach quantitativen Erhebungen und Auswertungen ist groß, deswegen bringt eine solche Ausbildung Wettbewerbsvorteile mit sich. Das hatte ich allerdings nie so geplant. Ich habe diese zwei Fächer als Lehramtsstudium begonnen, einfach weil beide mich sehr interessiert haben. Im Lehramt ist es möglich, Fächer zu kombinieren, die sehr wenig miteinander zu tun haben.

Am Anfang war das ein sehr breites Studium und ich habe lange gebraucht, bis ich formale Theorien und Modelle in den Sozialwissenschaften als Vertiefungsthemen gefunden hatte.

Wann haben Sie sich entschieden, kein Lehrer zu werden? Warum?

Erst nach dem Studium. Es hat eine Menge Zufall mitgespielt: Ich wollte die Zeit bis zum Referendariat mit einer Weltreise überbrücken, musste sie aber wegen einer Sportverletzung absagen. Während ich im Krankenhaus lag, wurde mir die erste Stelle an der Uni mit der Möglichkeit zur Promotion angeboten. Als ich mit der Promotion fertig war, wollte ich weiter forschen und konnte mir auch nicht mehr vorstellen, mich in die Rolle des Referendars zu begeben. Ich habe also nie bewusst entschieden, kein Lehrer zu werden. Der Beruf ist einfach mit der Zeit weniger attraktiv geworden.

Sie sind dann zum Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) gekommen: Was sind dort momentan Ihre Forschungsschwerpunkte?

Ich war zuvor als Assistent an einem Methodenlehrstuhl an der Universität Konstanz beschäftigt. Beim IAB bekam ich dann das Angebot, eine neue Panelerhebung aufzubauen. Das war eine Chance für mich, mein Methodenwissen anzuwenden, komplexe Entscheidungen über das Studiendesign so zu treffen, dass Fehler möglichst minimiert werden, und in politisch relevanten Bereichen zu forschen. Die Methodenforschung an den Universitäten hat demgegenüber doch sehr stark Elfenbeinturmcharakter. Beim IAB untersuchen wir im Moment die individuellen und gesellschaftlichen Folgen der Hartz-IV-Reform. Die Methodenforschung ist aber mein zweites Standbein geblieben, besonders die Survey-Methodologie. Dort geht es um die Analyse von Fehlerquellen in Befragungen. Die Daten, die wir dafür erheben, sind von Anfang an so angelegt, dass sich das sehr gut untersuchen lässt.

Sie bauen also absichtlich Fehler ein?

Nein, das nicht. Aber wir müssen manchmal schon das Wagnis eingehen, ein kleines Experiment in die Befragung aufzunehmen, um zu sehen, was besser funktioniert. Das Risiko liegt darin, dass man für die Hälfte der Befragten vielleicht die schlechtere Variante wählt. Aber dafür wissen wir dann mehr für die Zukunft.

Ein ganz simples Beispiel: Wie bewegt man die Leute am besten zur Teilnahme an einer Befragung? Soll man im Ankündigungsschreiben das Bundesministerium für Arbeit als Sponsor erwähnen oder nicht? Einerseits sagt die Literatur, dass öffentliche Auftraggeber die Teilnahmebereitschaft erhöhen. Wir hatten aber Sorge, dass unsere Zielgruppe, nämlich arbeitslose Personen, ein negatives Image vom Arbeitsministerium haben könnte, weil sie eventuell das Ministerium mitverantwortlich machen für ihre Lebenssituation. Wir haben das experimentell ausprobiert und auch in diesem Fall hat es sich als positiv erwiesen, den Sponsor zu nennen.

Wir haben beim IAB weltweit einmalige Datenquellen für die Methodenforschung, denn wir können unsere Befragungsdaten mit den administrativen Daten der Bundesagentur für Arbeit verknüpfen und damit Befragungsangaben validieren und sehr detailliert untersuchen: Wer nimmt teil und wer nicht? Welche unserer Entscheidungen führt zur Verbesserung unserer Datenqualität?

Sie sind immer noch im IAB als Forschungsbereichsleiter tätig und gleichzeitig als S-Professor in Bamberg. Wie kam es zu dieser Konstellation? Welche Vorteile sehen Sie dadurch für sich, für die Studierenden und für das IAB?

Das IAB ist allgemein bestrebt, seine Bereichsleiterpositionen mit den Unis gemeinsam zu besetzen, um eine stärkere Vernetzung zu erwirken. Das bringt für das IAB den Vorteil, dass es durch aktuelle universitäre Forschung befruchtet wird. Ich bleibe im Hauptjob weiter am IAB und kann unsere Hartz-IV-Studie weiter verfolgen. Ich habe aber gleichzeitig eine Anbindung zur Uni: Mit meinem Forschungsschwerpunkt Survey-Methoden ist das besonders spannend, weil in Bamberg auch das Nationale Bildungspanel koordiniert wird und ganz allgemein ein Schwerpunkt auf der empirischen Sozialforschung liegt. Ich erhoffe mir einen Austausch mit Kolleginnen und Kollegen über gemeinsame Probleme und im Idealfall auch ein paar gemeinsame Projekte zu inhaltlichen und methodischen Fragen, die uns gemeinsam interessieren.

Für die Studierenden kann es auch von Vorteil sein, bereits im Studium Kontakt zu Personen zu haben, die Praxiserfahrung aus einem renommierten außeruniversitären Forschungsbereich mitbringen. Wir hatten inzwischen drei Praktikanten von der Uni Bamberg in meinem Forschungsbereich. Das waren sehr gut ausgebildete Studierende, die bei uns viel gelernt und uns bei der Beantwortung von Forschungsfragen geholfen haben. Diese Studierenden können dann auch unsere Daten für ihre Abschlussarbeiten nutzen, arbeiten vielleicht sogar nach dem Studium am IAB.

Sie arbeiten also noch Vollzeit beim IAB. Wie viel Zeit verbringen Sie in Bamberg?

In diesem Wintersemester bin ich immer mittwochs den ganzen Tag an der Uni, mache meine Lehre, biete eine Sprechstunde an und nehme an Gremiensitzungen teil. Ich betreue inzwischen auch eine erste Abschlussarbeit. Die Arbeit am IAB ist dadurch natürlich nicht weniger geworden. Deshalb kann ich in Bamberg nicht so viel Zeit in meine Arbeit stecken wie hauptamtliche Professoren.

Die Studierenden haben höchstens eine Veranstaltung im Semester bei mir, sie werden mich daher nicht so gut kennenlernen wie andere Professoren. Ich kann auch am Uni-Leben nicht in dem Umfang teilnehmen wie andere. Manchmal kollidieren Termine am IAB mit Sitzungen in Bamberg.

Haben Sie trotzdem noch ein bisschen Freizeit?

Das ist natürlich schwieriger geworden. Ich habe zwei kleine Kinder, die sind 21 und 3 Monate alt. In der Regel versuche ich, so zeitig Feierabend zu machen, dass wir gemeinsam zu Abend essen können. Die Freizeit besteht dann hauptsächlich aus der Zeit, die ich mit ihnen verbringe. Eine große Chance ist in dieser Situation die Elternzeit. Meine Frau und ich werden im nächsten Jahr zwei Elternzeitmonate zeitgleich nehmen. Das haben wir schon beim ersten Kind gemacht. Da waren wir zwei Monate lang in Kalifornien und hatten die Chance, uns intensiver umeinander zu kümmern als es der Arbeitsalltag erlaubt.