Das Podium...

...die Initiatoren...

...Gegenrede aus dem Publikum. (Bilder: Monica Fröhlich/Pressestelle)

- Monica Fröhlich

Zwischen Politik und Ethik

Podiumsdiskussion zur möglichen Einrichtung einer „Stauffenberg-Stiftungsprofessur für politische Ethik“

Die Idee, einer Stiftungsprofessur, die sich mit der Frage beschäftigt, wie sich Politik an ethischen Maßstäben orientieren kann, den Namen Stauffenberg zu geben, sorgte unter den Studierenden für Zündstoff. Bei einer studentischen einer Podiumsdiskussion standen die Initiatoren Rede und Antwort.

Um das Projekt einer „Stauffenberg-Stiftungsprofessur für politische Ethik“ vor- und zur Diskussion zu stellen, hatte der Arbeitskreis Politikwissenschaft am 30. April 2009 die Initiatoren Prof. Dr. Christian Illies vom Lehrstuhl für Philosophie II und Prof. Dr. Reinhard Zintl vom Lehrstuhl für Politikwissenschaft I und interessierte politische Studierendenvereinigungen der Universität zu einer Podiumsdiskussion ins Audimax eingeladen. Neben den beiden Professoren hatten sich Stefan Oehmen vom Ring christlich-demokratischer Studenten und Günter Pierdzig, örtlicher Vorsitzender der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN/BdA), als Vertreter des Sozialistisch-demokratischen Studierendenverbandes (SDS) als Podiumsteilnehmer zur Verfügung gestellt.

Stauffenbergs „moralische Wende“ als Kern der Argumentation

Warum ausgerechnet Claus Schenk Graf von Stauffenberg als Namensgeber für eine „Professur für politische Ethik“? Er gebe zu, so Illies, dass „Weltanschauung, politische Ansichten und einige Bemerkungen Stauffenbergs von uns zum Teil kritisch gesehen werden müssen.“ Ungeachtet dessen sei er aber schließlich durch sein Attentat auch unter Einsatz des eigenen Lebens mit unbedingter Konsequenz für die Verwirklichung moralischer Werte in der Politik eingetreten. Zudem habe er diese „moralische Wende“ erringen müssen, was seine Abstammung aus dem Militäradel erheblich erschwert habe. „Es ist unbestritten, dass Stauffenberg Sympathien für das Dritte Reich hegte“, so Illies weiter. „Die Wende in seinem Verhalten aber macht gerade den Unterschied aus.“

Grundsätzlich müsse zwischen konkreten politischen Ordnungsvorstellungen und grundlegenden ethischen Überzeugungen unterschieden werden, so die Initiatoren. Der zweite Punkt sei für sie dabei von größerer Bedeutung und treffe so gerade auch auf Stauffenberg zu.Bamberg schließlich sei als Ort für eine solche Professur prädestiniert, denn hier habe Stauffenberg einen Teil seines Lebens verbracht, so Zintl. Zwar liege die endgültige Entscheidung über deren Einrichtung alleine bei der Universität und bezüglich der Namensgebung auch bei der Familie Stauffenberg. „Ich stehe aber absolut dahinter, dass wir die Professur nach Stauffenberg benennen!“

„Peinlichkeit“ einer Stauffenberg-Professur?

Stefan Oehmen vom RCDS Bamberg unterstützte das Projekt grundsätzlich, auch hinsichtlich der Namensgebung. Günter Pierdzig, als Vertreter des SDS Bamberg, sah das ganz anders. Stauffenbergs Gesinnung sei höchst problematisch. Der späte Zeitpunkt des Widerstands sowie seine Motive und Pläne für die Ordnung nach Hitler würfen Fragen auf. Der Bamberger Widerstand müsse zudem viel breiter gefasst werden, so Pierdzig. Als Beispiel nannte er unter anderem Willy Aron, der als Mitglied der Sozialistischen Arbeiterjugend bereits 1933 in Dachau ermordet worden war. „Die kleinen Leute“, so erklärte Pierdzig, „werden in den heutigen ritualisierten Gedenkfeiern im Regelfall nicht benannt.“ Er plädierte daher für eine Lehrstuhlbezeichnung ohne ausdrücklichen Bezug auf eine Person, also z.B. schlicht „Ethik in der Politik.“„Ersparen wir Bamberg die Peinlichkeit einer Stauffenberg-Professur!“, so sein abschließendes Statement.

Damit konnte die Diskussion beginnen, und sie wurde leidenschaftlich und unter starker Anteilnahme des Publikums geführt. Dieses folgte dabei weitgehend der Argumentation Pierdzigs: zum einen sei die Person Stauffenberg als Namensgeber einer Stiftungsprofessur nicht geeignet, weil er Anti-Demokrat, Elitist und Nationalist gewesen sei. Sein Entschluss zum Widerstand sei primär Ergebnis militärischer, weniger moralischer Überlegungen gewesen. Zum zweiten sei es nicht angebracht, den Widerstand nur auf seine Person einzuengen, da dieser viel breiter verankert war.

Standpunkte bleiben schwer vereinbar

Die Initiatoren akzeptierten die Kritik zumindest an den ursprünglichen politischen Ordnungsvorstellungen Stauffenbergs. Für sie stelle aber gerade Stauffenbergs Selbst-Befreiung aus einer durchaus problematischen politischen Position um ethischer Gründe willen das Argument für die Widmung der Professur dar. Dem wollten große Teile des Plenums nicht folgen, das vorrangig politisch argumentierte: „Die Person Stauffenbergs würde heute als durch und durch verfassungsfeindlich eingestuft werden!“ Eine Diskutantin nahm auf die symbolische Wirkung des Namens Bezug: „Das Symbol, das Sie bei Stauffenberg postulieren, wird von einem Großteil hier im Saal so nicht gesehen!“. Der Einwand eines weiteren Diskutanten am Schluss der Veranstaltung, immerhin erfülle Stauffenberg als Namensgeber das Ziel der Professur, Diskussionen anzustoßen, offenbar ganz vorzüglich, konnte nicht versöhnen. Die Standpunkte blieben unvereinbar.

Der nächste Schritt

Im Nachgang zur Podiumsdiskussion erklärten die Initiatoren, an diesem Abend unerwartete Einblicke in die Symbolkraft des Namens Stauffenberg gewonnen zu haben. Die Veranstaltung sei ein erster Schritt in die richtige Richtung gewesen. Leicht enttäuscht zeigten sie sich ob der Tatsache, dass die Diskussion um eigentliche Inhalte der Professur zu kurz gekommen sei. Sie erklärten aber, das Projekt auf alle Fälle weiter verfolgen zu wollen. Auf Nachfrage erklärte Illies, im nächsten Schritt selbst zu einer Veranstaltung einzuladen, auf der die Initiatoren einer inner- und außeruniversitären Öffentlichkeit die Konzeption der Professur erläutern und Rede und Antwort stehen werden.