Hilfe mit Herz bieten die drei Bamberger Psychologie-Alumni (v. l.) Ute Nester, Stefanie Linz und Reimer Bierhals ... (Bilder: Paarlife-Bayern)

... mit dem Paarlife-Programm, das gegen Alltagsstress und daraus resultierende Beziehungskrisen helfen soll.

- Andreas Christ

In Liebe dem Stress begegnen

Bamberger Psychologie-Absolventen starten Paartraining-Projekt

Die Bamberger Psychologie bildet ihre Studierenden vielseitig: Das beweisen einmal mehr die drei Alumni Reimer Bierhals, Ute Nester und Stefanie Linz. Nachdem sie in den verschiedensten Berufsfeldern tätig waren, bringen sie nun ihre Kompetenzen zusammen, um sich mit einem Trainingsprogramm für Paare selbstständig zu machen.

Was fängt man mit einem Psychologiestudium an? „Die Berufsoptionen sind sehr vielseitig. Im klinischen Bereich ist ein klassischer Weg die Therapieausbildung, die fünf Jahre dauert und relativ kostspielig ist“, erklärt Diplom-Psychologe Reimer Bierhals. Er selbst hat nach seinem Abschluss an der Otto-Friedrich-Universität erst einmal nicht klinisch gearbeitet, sondern ist in die Organisationspsychologie gegangen. Schon im Studium bei Prof. Dr. Dietrich Dörner, dem Bamberger Emeritus für Allgemeine Psychologie, hatte er Planspiele und Simulationen entwickelt. „Die Arbeit in Wirtschaftsunternehmen und das Training der Mitarbeiter war spannend, eine eigene Welt“, erinnert sich Bierhals, „allerdings arbeitet man dort viel mit halbstandardisierten Instrumenten, ich habe es vermisst, Menschen direkt und individuell zu helfen.“       

Auslandssemester machen sich bezahlt

Hier kommen seine ehemaligen Kommilitoninnen Simone Gmelch und Ute Nester ins Spiel. Durch die Kooperation zwischen den Lehrstühlen für Klinische Psychologie an den Universitäten Bamberg und Fribourg in der Schweiz auf den Geschmack gebracht, hatten die beiden während ihres Erasmus-Studienaufenthalts vor fünf Jahren in Fribourg das  Stresspräventionsprogramm für Paare (Paarlife) von Prof. Dr. Guy Bodenmann in Vorlesungen und Seminaren kennengelernt. Nach ihrem Studium in Bamberg kehrte Gmelch nach Fribourg zurück, um dort am Institut für Familienforschung und –beratung bei Bodenmann zu arbeiten. Sie war auch dabei, als Ende 2007 zum ersten Mal in Deutschland Trainer für das Stresspräventionsprogramm Paarlife ausgebildet wurden. Bei den Kurseinheiten, die in Köln stattfanden, coachte sie unter anderem ihre ehemaligen Bamberger Psychologie-Kommilitonen Bierhals, Nester und Stefanie Linz.  

Sich ergänzende Kompetenzen

Die drei Diplompsychologen planen nun, nachdem sie die aus mehreren Modulen bestehende Ausbildung Anfang des Jahres erfolgreich abgeschlossen haben, das Paarlife-Programm in der Region Bamberg und mittelfristig in ganz Bayern zu etablieren. Dabei kommt ihnen zu Gute, dass sie, neben ihrem Psychologiestudium, aus ihren verschiedenen beruflichen Hintergründen spezifische Kenntnisse und Fertigkeiten mitbringen: Linz kommt aus dem sozialen Bereich, arbeitete für das Bamberger BASIS-Institut für soziale Planung, Beratung und Gestaltung. Beispielsweise organisierte sie ein Mentorenprogramm, bei dem Berufspraktiker Hauptschüler unterstützen. Nester hat durch ihre Arbeit in einer Einrichtung für Kinder mit Sprachbehinderung Bezug zum klinischen Bereich. Und Bierhals hat bereits viel Erfahrung im Trainingssektor gesammelt. „Keiner kann das Paarlife-Programm alleine durchführen, aber die Fähigkeiten von uns drei ergänzen sich hier bestens“, erklärt Bierhals und fügt schmunzelnd hinzu: „Unser gemeinsamer Bezugspunkt ist der Stress an sich!“ Alle drei sind Eltern und mit dem alltäglichen Stress von Familie und Berufsleben vertraut. 

Stress als Beziehungskiller

Mit dem Paarlife-Programm wollen sie gestressten Paaren ein präventives Angebot geben, ihre Beziehung  zu pflegen und auf eine solide Basis zu stellen. Angesichts der hohen Scheidungsrate erscheint dies dringend notwendig. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts nahm die Zahl der Scheidungen in Deutschland von 1991 bis 2005 um 48 Prozent zu. Tatsächlich haben neuere Forschungsergebnisse Alltagsstress als einen der häufigsten Beziehungskiller identifiziert. „Paarlife ist das erste Kommunikationstraining, welches Paaren zentrale Schlüsselkompetenzen gegen die Zivilisationskrankheit Stress an die Hand gibt“, erklärt Nester dazu. Die Paare erlernen Kommunikationsstrategien, um auch unter Stress konstruktiv auf ihren Partner eingehen, dessen Perspektive verstehen und ihm bei der Stressbewältigung unterstützen zu können. Für die drei Alumni ist es eine Möglichkeit, Menschen mit ihrer Arbeit individuelle Hilfe anzubieten.