Die politische Farbe des Weißen Hauses wechselt, aber wird mit dem Demokraten Obama auch ein neuer Wind in die amerikanische Politik kommen? (Bild: SilentFury/stock.xchng)

Die Bamberger Studenten Sven Anders (auf dem Bild ganz rechts) und Michael Hruby sind zur Zeit im Rahmen des "Washington Semester Programm" vor Ort, in der Wahlnacht waren sie (Internet-)Berichterstatter für das ZDF (Bild: Sven Anders).

- Andreas Christ

„Wind of Change“

Wie zwei EES-Studenten den Regierungswechsel in Washington erleben

Showdown in Washington am 4. November: Obama oder McCain? Wer wird nächster Präsident der Vereinigten Staaten? Zwei Bamberger Studenten waren und sind mittendrin im turbulenten „Change“. In der Wahlnacht berichteten sie aus der US-Hauptstadt als „Net-Scouts“ des ZDF.

Mit der Amtseinführung des 44. Präsidenten der USA, Barack Obama, am 20. Januar, richten sich nun die Augen der Weltöffentlichkeit auf seine ersten Amtshandlungen. Wird er die Hoffnungen, die seine Wahl bei vielen Menschen geweckt hat, erfüllen können? 

Sven Anders und Michael Hruby, die in Bamberg European Economic Studies (EES) studieren, erleben diese spannenden Zeiten in der US-Hauptstadt hautnah mit. Sie nehmen am „Washington Semester Program“ teil, einer Kombination aus Studium an der American University und Praktikum bei Washingtoner Firmen oder Institutionen. Seit Ende August 2008 beziehungsweise Anfang September leben, lernen und arbeiten sie in der amerikanischen Hauptstadt. Im Interview schildern sie ihre Eindrücke.

„Die Stadt war Feuer und Flamme“

Mittlerweile hat sich der Staub des Wahlkampfs etwas gelegt, aber die beiden sind immer noch tief beeindruckt von dieser Zeit.  „Die Stadt war Feuer und Flamme“, schildert Anders, so einen Enthusiasmus für eine Wahl habe er noch nie erlebt. „Es wurde enorm viel in den Medien, auf den Straßen, in den Bars, wo auch immer Menschen aufeinander getroffen sind miteinander debattiert, gestritten und sich versöhnt. „Washington D. C. ist zu mehr als 80 Prozent demokratisch“, ergänzt Hruby. Die Mehrheit sei von Anfang an davon ausgegangen, dass Obama gewinnt. „Besonders als Sarah Palin aufs Parkett kam, war die überwiegende Mehrheit der Meinung, der republikanische Wahlkampf sei ein Witz. Das Fieber war jedoch erst sieben bis zehn Tage vor dem Wahltermin richtig zu spüren. Sticker, Poster, T-Shirts – in  den letzten Tagen waren sie überall zu sehen.“

Als die American University nach deutschen und amerikanischen Studierenden für die Berichterstattung über die Wahl im ZDF suchte, meldeten sich die beiden sofort. „Zwei Wochen später haben wir uns dann in einem Casting vorgestellt und ein bisschen über unsere Meinungen und Eindrücke debattiert. Eine Woche später kam dann der Anruf und die Einstellung als Net-Scout“, so Anders.

Eine aufregende Wahlnacht

So verbrachten die beiden Studenten zusammen mit anderen Kommilitoninnen und Kommilitonen die Wahlnacht auf dem Hauptcampus der Universität, wo ein kleines Wahlstudio eingerichtet worden war.

„Zunächst gab es die Entscheidungen in ein paar kleineren, nicht weiter wichtige Staaten, zu diesem Zeitpunkt waren Obama und McCain gleich auf“, erinnert sich Anders, „wir haben im Studio einige allgemeinere Sachen bearbeitet, wie zum Beispiel das Militär gewählt hat oder  das Wahlsystem in den Staaten funktioniert. Der Auftakt im TV war dann die Liveschaltung zu Johannes B. Kerner um kurz vor 6 Uhr unserer Zeit. Wir hatten alle Umfragen der großen TV-Sender im Blick und konnten die ganze Zeit begutachten, wer wie die Lage in den wichtigen Staaten einschätzte. Hoch interessant war, als Karl Rove, der bekannteste und einflussreichste Wahlkampfmanager, schon enorm früh bestätigte, Obama habe gewonnen. Außerdem hat der recht konservative Sender FOX-News Staaten sehr früh als blau, also demokratisch, gehandelt.“

Bei den Kurzübertragungen ins laufende ZDF-Programm war das studentische Team mit Chefmoderator Claus Kleber jede Stunde etwa 5 bis 10 Minuten auf Sendung. Online konnte man sie allerdings die vollen sechs Stunden sehen, im Livestream „Die Nacht im Netz mit Claus Kleber“ mit über 700 bis 800 Chattern sowie 2.000 Zuschauern. „Bei der Internetübertragung analysierte ich die verschiedenen Nachrichtenkanäle, die eher liberal geneigten wie CNN beziehungsweise MSNBC oder Fox auf der anderen Seite“, beschreibt Hruby seine Tätigkeit. „Kleber stellte immer wieder Fragen, welche die Studenten dann mithilfe des Internets beantworteten. Wir waren alle Greenhorns auf dem Gebiet, aber Claus Kleber hat ein unglaubliches Talent einem Ruhe zu geben. Nur wenn er etwas fragte, worauf man die Antwort einfach nicht finden konnte, kam man ein wenig ins Schwitzen. Gott sei Dank ist das aber nicht allzu oft vorgekommen“, erzählt Anders weiter. 

„Man konnte die Spannung auf dem Campus spüren, die Übertragung auf einem Großbildschirm war genau gegenüber des Studios“, so Hruby, und als der Sieg Obamas feststand waren die beiden mittendrin im demokratischen Freudentaumel: „Nach der Bekanntgabe des Gewinners machte ich mich auf den schnellsten Weg zum Weißen Haus und feierte mit Hunderten von Menschen, Schwarzen und Weißen. Wir sangen die Amerikanische Nationalhymne und ‚Yes we can’ oder ‚Yes we did’. Die Stadt war unter Feuer.“

Wird sich Obama in der Krise bewähren?

Überrascht zeigt sich Anders von der gebannten Aufmerksamkeit des Auslands auf diese Wahl: „Die ganze Welt hat zugeschaut, wer dieses Land regieren wird, besonders nach den vergangenen, eher enttäuschenden Jahren. Es gab eine Seite im Netz, auf der die ganze Welt abstimmen konnte, wen sie wählen würde, es war wieder einmal ein ‚blaues Wunder’.“ Zu den Zukunftsperspektiven meint er: „Fakt ist, der nächste Präsident hat eine Riesenaufgabe vor sich – die größte wirtschaftliche Krise seit der Großen Depression in den 30er Jahren und zwei Kriege machen die Aufgabe zu einer Höllentour.“
 
Angesichts dieser großen Probleme blicken nicht nur die US-Bürger erwartungsvoll auf die Politik des neuen Präsidenten. Die magischen ersten hundert Tage im Amt, nach denen eine erste Bilanz der Politik des Präsidenten gezogen wird, werden Anders und Hruby noch vor Ort mitbekommen, im Sommersemester kehren sie dann nach Bamberg zurück, um ihre letzten Prüfungen zu absolvieren und ihre Bachelor-Arbeiten zu schreiben.