„Wissenschaft ist keine Ware“ – Präsident Godehard Ruppert (Fotos: Christian Herse)

Die Gastredner des Abends (v.l.n.r.): Mykhailo Bilynsky, Giorgi Khubua und Wolfgang Heubisch

Die Universität feierte ihren 364. Geburtstag in der AULA

Ausgezeichnete Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler und Studierende mit ihren Betreuern und der Universitätsleitung

- Nils Ebert

„Wissenschaft ist keine Ware“

Dies academicus im Zeichen neuer Rekordzahlen

 

Am 14. November 2011 feierte die Universität Bamberg im Beisein des bayerischen Wissenschaftsministers Dr. Wolfgang Heubisch ihren Dies academicus. Der Minister betonte in seinem Grußwort die positive Entwicklung des Wissenschaftsstandortes Bayern und der Region Oberfranken und zeigte sich auch mit der Situation der Universität Bamberg zufrieden: „Es tut sich einiges!“ Präsident Prof. Dr. Dr. habil. Godehard Ruppert verkündete ein historisches Wachstum: Im Wintersemester 2011/12 sind an der Universität Bamberg 12.422 Studierende eingeschrieben, so viele wie noch nie. Gegenüber dem Vorjahr haben sich 41 Prozent mehr Erstsemester für ein Studium in der Domstadt entschieden. Verglichen mit 2005/06, dem Jahrgang, der als politischer Maßstab für alle weiteren hochschulpolitischen Planungen herangezogen wird, ergibt sich ein Zuwachs von 39 Prozent der Gesamtzahl der Studierenden. Auch bei den Drittmitteleinnahmen vermeldete Ruppert neue Höchstwerte: In den letzten 10 Jahren haben sie sich verzehnfacht.

„Auch bei 12.400 Studierenden gute Studienbedingungen“

Zugleich betonte Ruppert aber, dass der Wert der Wissenschaft nicht ausschließlich in Zahlen zu messen, ihre Bedeutung nicht in ökonomischen Begriffen zu umreißen sei. So sei Wissenschaft kein Produkt, das man auf dem Markt käuflich erwerben könne: „Die Universität kann nicht reduziert werden auf die Verkäuferfunktion und der Studierende kann sich nicht zurückziehen auf den Akt des Kaufens mit all den Ansprüchen, die ein Käufer üblicherweise gegenüber dem Verkäufer einnimmt – inklusive Gewährleistungsforderungen.“

In Zeiten moderner Massenuniversitäten, die sich mit Überfüllung und Raumnot konfrontiert sehen, müsse aber die Frage beantwortet werden, wie es um die Grundlagen universitären Lebens stehe. Ruppert verteidigte die Entscheidung, den Zugang zu vielen Fächern wie insbesondere der Betriebswirtschaftslehre auch für den doppelten Abiturjahrgang nicht durch eine Zulassungsbeschränkung begrenzt zu haben. Es müsse alles unternommen werden, um jungen Menschen den Zugang zu Bildung zu ermöglichen. Das Kapital der vorläufig letzten großen Generation von Schülerinnen und Schülern dürfe nicht ungenutzt bleiben. In Bamberg herrschten auch bei 12.400 Studierenden gute Studienbedingungen, so Ruppert.

Bier und Welterbe in der Ukraine

Die Auswahl der Gastredner anlässlich des 364. Geburtstags der Universität zeigte die exzellente internationale Vernetzung der Universität Bamberg. Prof. Dr. Mykhailo Bilynsky von der jüngsten Partneruniversität, der ukrainischen staatlichen Ivan Franko Universität L'viv (Lemberg), verglich die beiden Universitätsstädte und stellte Gemeinsamkeiten heraus: nicht nur, dass beide Universitäten aus jesuitischen Schulen des 17. Jahrhunderts hervorgegangen sind, es gäbe auch große Übereinstimmung im geistes- und sozialwissenschaftlichen Fächerspektrum, was eine fruchtbare Kooperation verspreche. Aber auch im städtischen Bereich biete sich ein breites Feld für eine gute Zusammenarbeit: Lemberg und Bamberg verfügen beide über eine außergewöhnliche Bierkultur und ein besonderes Weltkulturerbe.

Einen internationalen Schwerpunkt setzte auch Prof. Dr. Giorgi Khubua, ehemals Rektor der größten und ältesten Universität Georgiens in Tiflis. Er hielt den Festvortrag zum Thema Europäisierung durch Recht: Identitätswandel im Kaukasus und wandte sich der Frage zu, was der Kaukasus eigentlich sei. Khubua betonte, dass diese südosteuropäische Region geografisch, historisch und kulturell zu Europa gehöre. Im Hinblick auf die Mentalität sei diese Frage aber weniger eindeutig zu beantworten: So reichte die institutionelle Umgestaltung nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion bisher nicht aus, die mentalen Strukturen der postkommunistischen Gesellschaft zu überwinden. Die Folge seien bis heute andauernde Stabilisierungs-, Konsolidierungs- und Identitätskrisen.

Konflikte und die chronische Instabilität im Kaukasus würden sich hier ausschließlich durch Integration lösen lassen, erklärte Khubua. In einem solchen Prozess sei eine kaukasische Identität von zentraler Bedeutung, die als pluralistisch gedachtes Konzept ein hohes integratives Potential besitze. Als Forschungsgegenstand würde die Region Kaukasus auch gut in das Fächer- und Regionenspektrum der Universität Bamberg passen, betonte der Georgier. Orientalistik und Slawistik seien in Bamberg bereits stark vertreten, aber Kaukasiologie werde bisher bayernweit nicht angeboten. „Herr Minister, da müssen wir mal drüber reden“, wandte sich Ruppert noch am selben Abend augenzwinkernd an Wissenschaftsminister Heubisch.

Ausgezeichnete Studierende und Nachwuchswissenschaftler

Der Geburtstag der Universität bot nach den Festreden einen feierlichen Rahmen, um hervorragende Dissertationen und Habilitationen auszuzeichnen. Insgesamt fünf Promotionen und eine Habilitation stellte der Vizepräsident für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs, Prof. Dr. Guido Wirtz, vor. Preise erhielten Dr. Julia Schöll (Habilitationspreis der Sparkasse Bamberg), Christine Licht und Kerstin Riedelbauch (Promotionspreise der Otto-Friedrich-Universität Bamberg), Diego De Brasi (Promotionspreis des Universitätsbundes), Ondrej Salvet (Promotionspreis des Erzbischofs) und Sandro Holzheimer (Promotionspreis der Buchhandlung Görres). Darüber hinaus verlieh der Vizepräsident für Lehre und Studierende, Prof. Dr. Sebastian Kempgen, den Preis für studentisches Engagement an Tilman Kallenbach, den DAAD-Preis für hervorragende ausländische Studierende an Azaliya Gazizova und den Fritzi! - Preis für gute Abschlussarbeiten studierender Eltern an Knarik Martirosyan.