Jörg Lenhard freut sich über die Resonanz auf seine Bachelorarbeit (Bild: Andreas Christ).

Die Anonymität im Netz fordert ihren Tribut: „Der Verbindungsaufbau zu einem versteckten Dienst dauert bei einer Breitbandverbindung wie DSL im Mittel 40 Sekunden, bei einer mobile Verbindung über ein Handy jedoch 68 Sekunden.“ (Grafik: Jörg Lenhard).

- Andreas Christ

International konkurrenzfähige Forschung

Wirtschaftsinformatikstudent stellte seine Bachelorarbeit auf Fachtagung vor

Eine E-Mail, die Freude und Arbeit zugleich brachte: Mit den Worten “It is our pleasure to inform you that your paper has been accepted for ACNS 2009. Congratulations. …” wurde der damalige Bamberger Bachelorstudent Jörg Lenhard am 12. März auf die internationale ACNS-Tagung in Paris eingeladen.

Die Wirren bei der Umstellung auf Bachelor- und Master-Programme sind groß: Schwierigkeiten bei der Organisation sowie komplett verschulte und inhaltlich vollgestopfte Bachelor-Studiengänge bringen oft statt schnellerer Studienabschlüsse gestresste Studierende und frustrierte Lehrende hervor.

Aber es gibt auch viele Gegenbeispiele, unter anderem die Bamberger Wirtschaftsinformatik: „Unser Bachelor-Studium ist von vorneherein auf sieben Semester angelegt. So gelingt es, zusammen mit dem Modul ‚Internationalisierung‘ und der frühen Integration der Studierenden in die Forschungsarbeit eine solide Ausbildung für Bachelor anzubieten“, so Prof. Dr. Guido Wirtz, Dekan der Fakultät Wirtschaftsinformatik und Angewandte Informatik (WIAI).

Ein Beweis für den Erfolg dieses Konzepts ist Jörg Lenhard. Mittlerweile „Bachelor of Science“ gelangte der Bamberger Wirtschaftsinformatikstudent in seiner Bachelorarbeit zu Ergebnissen, die auch für die internationale Fachwelt interessant wurden.

Erst die Arbeit …

Begonnen hatte alles im Sommer 2008 mit der Vorbereitung und Durchführung seiner Bachelorarbeit am Lehrstuhl für Praktische Informatik unter maßgeblicher Betreuung von Karsten Loesing. Lenhards Forschungen fanden im Kontext des Tor-Projekts statt, das sich unter anderem mit der Anonymisierung von Internetdiensten beschäftigt. Da hier weder Anbieter noch Nutzer ihre Identität und ihren Aufenthaltsort preisgeben müssen, sind diese versteckten Dienste in Ländern wichtig, in denen der Staat abweichende Meinungen unterdrückt.

„Die Anonymisierung ist ein relativ junges Forschungsgebiet. Nachdem man sich lange damit beschäftigt hat, wie man versteckte Dienste überhaupt realisieren kann, ist nun die große Frage, wie man sie so optimiert, dass die Leute sie auch nützen können“, erklärt Lenhard. Denn anonyme Kommunikation erfordert aufgrund ihrer Komplexität eine belastungsfähige Verbindung zum Internet und diese ist, besonders in weniger entwickelten Ländern, absolut kein Regelfall. Deshalb maß der Informatiker die Auswirkungen von leistungsschwachen Zugangsnetzen wie etwa Handy-Verbindungen auf das Anbieten und Anfragen von versteckten Diensten.

… dann das Erlebnis: ACNS’09 in Paris

Wie wichtig diese Daten sind, um Probleme identifizieren und Verbesserungen erreichen zu können, zeigt die Resonanz der Fachwelt; Lenhard stellte aus den Ergebnissen seiner Bachelorarbeit ein Paper zusammen, mit dem er sich erfolgreich für die International Conference on Applied Cryptography and Network Security (ACNS) in Paris bewarb. „Es gab einige Verbesserungsvorschläge, aber die Annahme der Ergebnisse einer Bachelorarbeit auf einer solchen Tagung mit einer Annahmequote von unter 20 Prozent war natürlich eine positive Überraschung“, erinnert sich Lenhard.

So kam es, dass der 23-jährige vom 2. bis zum 5. Juni als einziger Bachelor-Student an einer Tagung mit Wissenschaftlern aus allen Erdteilen teilnehmen konnte. Als besonders angenehm empfand es der junge Informatiker, mit den anderen Forschern trotz des Wissensunterschiedes diskutieren, ohne Vorbehalt freundschaftlich reden und Kontakte knüpfen zu können.  

Schließlich war die Zeit für den großen Auftritt gekommen: „Angesichts des versammelten Plenums war die Anspannung groß“, schildert Lenhard seine Gefühle, „aber hat man das Podium einmal betreten und beginnt zu reden, ist es nicht viel schwieriger, als würde man im Bamberger Seminarraum vor Studenten stehen“

Der Zwang zum produktiven Arbeiten mit englischsprachigen Texten in der Informatik, aber auch das im Bachelorstudiengang untergebrachte Auslandssemester, das er in Schweden absolvierte, hat sich im Nachhinein als gute Vorbereitung für die internationale Bühne erwiesen.

Vergangenheit und Zukunft

In der Rückschau ist Lenhard froh darüber, sich für das Bachelorstudium entschieden zu haben – obwohl er noch die Alternative Diplom hatte. „Ich war in der Wahl meiner Module sehr frei und damit letztendlich flexibler als meine Kommilitonen, die auf Diplom studiert haben. Trotz einiger Kinderkrankheiten in der Organisation hat mich der Bachelor überzeugt.“ Deshalb bleibt er Bamberg weiter treu und hat sich bereits für den Masterstudiengang Wirtschaftsinformatik eingeschrieben.