Dekan Hosemann (l.) im Fachgespräch mit Klaus Dörre über die Zukunft der Sozialen Arbeit.

Eleonore Ploil gab einen Rückblick auf 35 Jahre Soziale Arbeit in Bamberg.

Für das musikalische Rahmenprogramm sorgte unter anderem die New Orleans Brass Band (Bilder: Tanja Eisenach).

- Tanja Eisenach

Vom Fachgespräch zum Beerdigungs-Rap

Fachbereich Soziale Arbeit wurde facettenreich und selbstbewusst verabschiedet

Welchen Stellenwert hat Soziale Arbeit in unserer Gesellschaft? Vor welchen Herausforderungen steht sie? Und: Wie wird die Schließung des Fachbereichs an der Universität Bamberg vor dem Hintergrund dieser Diskussionen von den Betroffenen selbst gesehen und bewertet? Antworten auf diese Fragen gab es auf der Abschlussfeier des Fachbereichs Soziale Arbeit.

So vielschichtig wie der Studiengang selbst präsentierte sich die Abschlussfeier des Fachbereichs Soziale Arbeit an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Eingerahmt von einem Alumni-Treffen und einem gemütlichen Beisammensein mit Essen, Musik und Tanz zog sie am 31. Januar den offiziellen Schlussstrich unter 35 Jahre Studienbetrieb.

Der Festakt gab einem Rückblick auf Geschichte und Leistungen des Fachbereichs ebenso Raum wie einem Fachgespräch über die Stellung und Aufgaben der Sozialen Arbeit in der zukünftigen Gesellschaft und einer Reflexion des Ausgliederungsbeschlusses und  -prozesses. Das Unterhaltungsprogramm aus Jazz, Rap und klassischer Musik drückte auf emotional-sinnliche Weise aus, was in den Gesprächen, Vorträgen und Reden verbal deutlich wurde: Die Schließung des Fachbereichs ist ein formaler, aber kein endgültiger Schlusspunkt. Seine Themen und Lehren wirken weiter in den zahlreichen Absolventinnen und Absolventen, die der Studiengang seit seiner Gründung im Jahre 1972 hervorgebracht hat. Sie bleiben lebendig in den unterschiedlichen, von Hochschullehrern und Studierenden ins Leben gerufenen, sozialen Institutionen wie Innovative Sozialarbeit e. V. oder dem Beratungsbüro compass.

Fachbereich erarbeitete sich großes Renommée

So waren in der voll besetzten AULA der Universität Bamberg neben Wehmut, Trauer und Unverständnis auch ein fast schon trotziges „Dennoch“ zu spüren, gepaart mit dem Bewusstsein, dass die Soziale Arbeit sowohl in der gegenwärtigen als auch in der zukünftigen Gesellschaft eine wichtige Rolle spielt, und durchdrungen von dem Stolz auf die geleistete Arbeit: „Der Bewegungsradius der Studierenden ist mit der kontinuierlichen Weiterentwicklung des Fachbereichs enorm gestiegen und mit ihm auch sein Ruf und Bekanntheitsgrad über die Grenzen Bayerns hinaus,“ stellte Prof. Dr. Eleonore Ploil, Dekanin der Fachhochschule Wiesbaden, in ihrem Rückblick auf die Geschichte des Fachbereichs fest. Vielleicht habe der Fachbereich seine Erfolge zu still und mit zu hoher professioneller Sachlichkeit erarbeitet, so Ploil weiter. Eines sei für sie trotz mancher Unklarheiten, Schwächen oder Fehler jedoch klar: Nie habe der Fachbereich so gut da gestanden wie zum Zeitpunkt des Schließungsbeschlusses.

Soziale Arbeit rückt in den Mittelpunkt der Gesellschaft

Dieses hohe Niveau des Fachbereichs, sein gutes Abschneiden in den Rankings sowie die stetig steigende Studierendenzahl machten es für viele schwer, den Ausgliederungsbeschluss nachzuvollziehen. Prof Dr. Klaus Dörre, Soziologe an der Uni Jena, und Prof. Dr. Heiko Kleve, Dozent für Soziale Arbeit an der Fachhochschule Potsdam, unterstrichen in einem Fachgespräch mit Dekan Prof. Dr. Wilfried Hosemann die Bedeutung der Sozialen Arbeit für die heutige und zukünftige Gesellschaft. „Sollte es tatsächlich so sein, dass die Überzeugung zunimmt, Soziale Arbeit sei etwas, auf das wir verzichten können, weil sie sich vornehmlich um die unteren Gesellschaftsschichten kümmert, dann muss dieses Bild korrigiert werden“, argumentierte Dörre. Gerade jetzt könne man beobachten, wie die Prekarisierung auch in die sozialen Schichten eindringe, die sich als vermeintlich gesichert betrachten, erläuterte er weiter. Die Soziale Arbeit rücke daher immer mehr in den Mittelpunkt der Gesellschaft.

Studiengang besteht in Coburg weiter

Prodekanin Prof. Dr. Gudrun Cyprian griff in ihrer Rede die Argumentation Dörres auf. Sie bedauerte, wie der Ausgliederungsbeschluss zustande gekommen sei und meinte, man könne dies als eine Abwertung der Sozialen Arbeit interpretieren.


Dem widersprach der Präsident der Otto-Friedrich Universität Prof. Dr. Dr. habil Godehard Ruppert im anschließenden Gespräch mit Pressevertretern – einen Redebeitrag von ihm sah das Programm nicht vor. Er betonte, die Entscheidung sei keine Frage von Wertschätzung gewesen, sondern das Ergebnis von hochschulpolitischen Strategieprozessen, die im Interesse der Universität richtig waren. Ziel der Universitätsleitung wie der Politiker und des Staatsministeriums sei immer die Verlagerung gewesen und nicht die Abschaffung.

Der Fachbereich wird zwar in Bamberg in acht Monaten geschlossen, der Studiengang wird jedoch an der Fachhochschule Coburg weiter bestehen. Von der Universität Bamberg verabschiedete sich die Soziale Arbeit mit einem Beerdigungs-Rap von Jonas Ochs.