Die ZIS-Ringvorlesung nähert sich Jesus aus verschiedenen Blickwinkeln (Foto: Andi oisn/Wikimedia/cc-by-sa).

Susanne Talabardon und Olaf Rölver... (Fotos: Regina Neumann)

... stellen dem Publikum das Konzept der Ringvorlesung vor.

- Regina Neumann

Jesus aus allen Blickwinkeln

Auftakt der Ringvorlesung des Zentrums für Interreligiöse Studien

Wer war Jesus wirklich? Der herrschende König? Der leidende Gerechte? Der Revolutionär? Der neue Mann? Der Prophet? Das Licht der Welt? „Von keinem Menschen, der je lebte, gibt es wohl so viele und unterschiedliche Bilder – ob in Stein gehauen, als Text oder gesungen“, leitete Dr. Olaf Rölver vom Institut für Katholische Theologie der Universität Köln und ehemaliger Mitarbeiter am Lehrstuhl für Alttestamentliche Wissenschaften den Auftaktvortrag der Ringvorlesung Jesusbilder interreligiös und interkulturell ein. Die Gemeinsamkeit aller Jesusbilder sei, dass sie alle behaupten korrekt zu sein, obwohl sie sich häufig widersprechen – manchmal sogar gegenseitig ausschließen. „Am Ende der Vortragsreihe wird sich Ihr Bild vielleicht gewandelt haben. Auf jeden Fall werden Sie Jesus besser kennengelernt haben“, verspricht Rölver.

In der Ringvorlesung werde Jesus aus vielen verschiedenen Blickrichtungen betrachtet, erläuterte Susanne Talabardon, Professorin für Judaistik und Direktorin des ZIS, die Konzeption der Vorlesungsreihe. Es werde nicht nur Vorträge aus unterschiedlichen theologischen Disziplinen wie der Islamwissenschaft, der Evangelischen und Katholischen Theologie und der Judaistik geben. Auch aus der Sicht verschiedener Kulturen soll eine Annäherung an die Figur Jesus stattfinden. In weiteren Vorträgen werden daher auch Experten der Islamischen Kunstgeschichte und Archäologie ihre Perspektive einbringen. Außerdem gibt es Vorträge zum Bild Jesu in der internationalen Literatur und im Film. Ziel sei eine ebenso differenzierte wie facettenreiche Vorstellung Jesu – ohne am Ende „das richtige Bild“ herauszufinden.

Das Gleichnis vom großen Gastmahl

In der ersten Vorlesung setzte Rölver mit dem Bild des jüdischen Erzählers von Gleichnissen die Herkunft und die religiöse Sprache von Jesus in den Fokus; dazu wählte er das Gleichnis vom großen Gastmahl. Es sei produktiv und dynamisch, da es eine Krisenerfahrung gibt – und zugleich durch eine Handlungsorientierung Hilfe verspricht.

In dem Gleichnis bietet der König etwas sehr Positives und Schönes an, nämlich ein Festmahl zur Hochzeit des Sohnes. Die Eingeladenen jedoch provozieren den König und zeigen Ungehorsam, indem sie nicht auf die Einladung reagieren oder nicht angemessen im Hochzeitsgewand gekleidet erscheinen. Darauf reagiert der König ebenso mit Widerstand, er wird zornig und zerstört die Stadt. Darin besteht die Krisensituation im Gleichnis.

Die Einladung des Königs – und darin besteht die Handlungsempfehlung – steht jedoch immer noch. Er sagt zu seinen Dienern: Das Hochzeitsmahl ist vorbereitet, aber die Gäste waren es nicht wert (eingeladen zu werden). Geht also hinaus auf die Straßen und ladet alle, die ihr trefft, zur Hochzeit ein. Dies wird als Möglichkeit zur Umkehr, zur Verhaltensänderung verstanden. Ganz allgemein geht es in diesem Gleichnis um kluges und törichtes Verhalten im Angesicht der Allmacht Jesu, was aus dem Kontext und dem Ko-Text hervorgeht.

Geheimnisse des Gottesreiches - Jesus als jüdischer Gleichniserzähler

Motive wie die Heirat, das Festmahl oder der Zorn Gottes, seien auch aus anderen Bibelstellen bekannt, erläuterte Rölver. Deshalb müsse für das Verstehen eines Gleichnisses der Kontext betrachtet werden, aber auch die Textstellen in der Bibel vor und nach dem Gleichnis. Wichtig sei, dass Jesus selbst als Urheber der Gleichnisse gesehen werde – eine These, die durchaus umstritten ist. Denn die Sprache, die er verwendet, ist nicht einzigartig, sondern typisch für die Zeit in der er lebte.

Solche Gleichnisse, so Rölver weiter, seien offene Redeformen, die ein bestimmtes Tun oder die Änderung persönlicher Einstellungen fordern. Durch die Verwendung von Metaphern biete sie eine Vielzahl von Interpretationen. Übersetzbar werde ein Gleichnis allerdings nur durch die Anwendung im eigenen Leben.

Weitere Vorträge

Die Ringvorlesung Jesusbilder interreligiös und interkulturell findet jeweils dienstags um 18 Uhr im Raum U2/00.25 statt.