Über den Einfluss von fiktionalen Medieninhalten
Worin besteht Ihr Selbstverständnis als Professor?
Auch wenn das jetzt vielleicht ganz altbacken daherkommt: Ich verstehe mich ganz klassisch als Lehrer und Forscher. Da es keinen Moment in meiner Laufbahn gab, in dem ich entschieden habe, „Ich werde Professor!“, gab es vielmehr beständig Gründe, in der Wissenschaft und der Universität zu verbleiben und hier aktiv mein Bestes zu geben.
Welche waren das?
Dazu hat mich zum einen meine wissenschaftliche Neugierde, zum anderen meine Freude in der Arbeit mit Studierenden gebracht. Hier in Bamberg – auf einer Lehrprofessur – ist mein Aufgabenfeld zwar deutlich in Richtung Lehre verschoben. Da ich aber vor allem die Momente liebe, in denen ich bei meinen Studierenden spüre, dass ich sie mit meiner Neugier und Begeisterung für meinen Gegenstand – die Kommunikation in modernen Gesellschaften – anstecken konnte, „ertrage“ ich das gerne. Denn natürlich hätte ich gern etwas mehr Zeit für eigene Forschungsarbeiten.
Warum sollte man heute Ihr Fach studieren?
Gibt es tatsächlich jemanden da draußen, dem das nicht augenscheinlich einleuchtet? Aber auch für die habe ich einige Argumente. Zunächst wird – glaube ich – auch für jeden Laien immer deutlicher, welchen Stellenwert Kommunikation in unserer Gesellschaft einnimmt: politisch, wirtschaftlich, kulturell und natürlich auch im Privaten. Vor dieser Bedeutung von Kommunikation kommen wir nicht umhin, uns mit ihr auch wissenschaftlich zu befassen, wenn wir uns als Gesellschaft selbst verstehen wollen.
Aber der Inhalt allein ist ja nicht immer ausschlaggebend für die Fächerwahl...
Für Studierende ist daneben natürlich oft noch wichtiger, wie es mit den Berufsaussichten aussieht, wenn man Kommunikationswissenschaft studiert hat oder noch studiert. Alle Absolventenstudien, die ich kenne, zeigen, dass man nach dem Abschluss problemlos in ein äußerst vielfältiges und spannendes berufliches Aufgabenfeld einsteigen kann.
Haben Sie ein besonders wichtiges, schönes oder spannendes Forschungsprojekt, über das Sie gerne berichten möchten?
Seit Jahren befasse ich mich mit der Frage, ob und wie fiktionale Medieninhalte und deren Darstellung einer (fiktiven) Gesellschaft und Politik einen Einfluss auf das Bild der Zuschauer von (realer) Politik haben. Um diesen Einfluss zu untersuchen, haben wir in einem Experiment Untersuchungsteilnehmern drei Folgen der Animations-Serie „The Simpsons“ vorgeführt.
Klingt ungewöhnlich. Was haben Sie herausgefunden?
In diesen drei Folgen wurden – ganz in Simpsons-Manier – verschiedene Umweltprobleme thematisiert. Wir gingen davon aus, dass die Zuschauer dadurch auch für das reale Thema Umweltpolitik sensibilisiert werden. Zu unserer großen Überraschung gingen unsere Befunde aber noch weiter. Das Ansehen dieser drei Folgen veränderte massiv die Bewertungsmaßstäbe für politische Akteure: Wenn unsere Untersuchungsteilnehmer die Arbeit der Bundesregierung beurteilen sollten, spielte deren Leistung im Umweltbereich eine weitaus größere Rolle, als bei Personen, die die Folgen nicht gesehen haben. Die Simpsons beeinflussen also unsere Beurteilung des Kabinetts von Angela Merkel!
Verraten Sie uns doch noch etwas über sich und Ihre Vorlieben. Wie lange haben Sie denn eigentlich selbst studiert?
Nicht lang genug – aber immerhin 13 Semester.
Gibt es eine Wissenschaftlerin oder einen Wissenschaftler, die oder der Sie besonders beeinflusst hat?
Karl Raimund Popper: sowohl mit seinen wissenschaftstheoretischen Arbeiten also auch seinem vehementen Einsatz für eine „offene Gesellschaft“.
Was würden Sie tun, wenn Sie auf einmal der einzige Mensch auf Erden wären?
Selbstgespräche führen und diese Form der Kommunikation untersuchen. Nein, im Ernst: Die Vorstellung ist zu traurig, um sich darüber Gedanken zu machen.
Wie würden Sie ein freies Jahr nutzen?
Ich würde meiner Familie die Zeit widmen, die mir jetzt dafür fehlt. Und ich würde schon bald wieder – vielleicht in Teilzeit – in Bamberg lehren und forschen. Schließlich ist eine intrinsische Arbeitsmotivation die stärkste und schönste, die man sich vorstellen kann.
In welches Land reisen Sie gerne?
In alle Länder mit Bergen, wobei 3000 Meter schon drin sein sollten.
Sprechen Sie eine „exotische“ Fremdsprache?
Ein wenig Russisch ist aus dem Schulunterricht in der DDR übriggeblieben. Aber wirklich „exotisch“ ist dies bei meiner Herkunft auch nicht …
Welchen Charakterzug an anderen Menschen mögen Sie gar nicht?
Arroganz gepaart mit Selbstüberschätzung – oder umgekehrt.
Welchen Charakterzug an anderen Menschen schätzen Sie besonders?
Ehrlichkeit im Sinne von „Spielen mit offenen Karten“.
Welche Fehler verzeihen Sie am ehesten?
Solche, zu denen man steht und an denen man arbeitet.
Was ist für Sie Glück?
Es nicht beständig zu suchen.
Was ist für Sie der schlimmste stilistische Fehler?
Ein Minuskel-Eszett, das als Versal-Eszett herhalten muss. Oder eigentlich alle typografischen Sünden, die vor allem die moderne Textverarbeitung provoziert.
Welche Sportarten mögen Sie, aktiv oder passiv?
Passiv eigentlich keine so wirklich. Ich gehe aber – soweit es meine Zeit zulässt, was leider viel zu selten der Fall ist – gerne Bergwandern, Klettern und Bergsteigen.
Welche Musikrichtung hören Sie und welche Interpreten mögen Sie?
Viel zu viel, um sie hier aufzählen zu können. Ich höre sehr gern und sehr oft Musik; gern auch am Schreibtisch.
Kochen Sie gerne? Nach welchen Rezepten?
Ja, ich koche gern, am liebsten nach von mir selbst optimierten Rezepten.
Gibt es ein Gericht, bei dem es Ihnen graust?
Buchweizengrütze – ein Albtraum aus Kindertagen.
Was schätzen Sie an Bamberg?
Trotz seiner nur 70.000 Einwohner vermittelt Bamberg ein weltoffeneres und großstädtischeres Flair als so manche Großstadt. Vor diesem Hintergrund kann ich den Charme, den eine kleine und überschaubare Stadt bietet, in vollen Zügen genießen.
Gibt es etwas, das Ihnen in Bamberg gar nicht gefällt?
Die Geschäfte schließen spätestens um 20.00 Uhr. Bei meinem Tagesrhythmus und meinen Arbeitszeiten führt das mitunter zu Zwangsdiäten oder einer Zwangseinkehr im Restaurant.
