Niklas Ritzel/Universität Bamberg

Bereits zum vierten Mal fand der Bamberger Hochschultag für ökosoziale Marktwirtschaft und Nachhaltigkeit statt.

Niklas Ritzel/Universität Bamberg

Der Nachhaltigkeitsforscher Prof. Dr. Reinhard Loske untersucht grünes Wachstum.

Niklas Ritzel/Universität Bamberg

Prof. Dr. Niko Paech fordert ein gesellschaftliches Umdenken.

Niklas Ritzel/Universität Bamberg

Zahlreiche Besucher nutzten die Gelegenheit, um mehr über die Sharing Economy zu erfahren.

- Vera Katzenberger

Trend zum Tauschen unter die Lupe genommen

4. Bamberger Hochschultag widmete sich der Sharing Economy

Teilen statt besitzen – die sogenannte Sharing Economy ist in. Der 4. Bamberger Hochschultag befasste sich mit dieser neuen Entwicklung. Er begab sich auf einen Streifzug durch eine Ökonomie des grünen Wachstums und untersuchte, wie nachhaltig das Konzept wirklich ist und wo seine Tücken liegen.

Wie beliebt der Trend zum Teilen ist, zeigt die aktuelle Umfrage des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF): Jeder dritte Deutsche kann sich vorstellen, auf Eigentum zu verzichten und stattdessen Produkte zu tauschen und zu teilen. In der Generation der 14- bis 29-Jährigen – und damit der Studierenden – findet sogar fast jeder zweite diesen Gedanken reizvoll.

„Mittlerweile sind immer mehr gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklungen hin zur Nachhaltigkeit zu beobachten. Hier ist auch das Konzept der sogenannten Sharing Economy einzuordnen“, sagte Prof. Dr. Frank Wimmer, ehemaliger Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere für Absatzwirtschaft der Universität Bamberg. Wimmer führte am 8. Juni beim Bamberger Hochschultag für ökosoziale Marktwirtschaft und Nachhaltigkeit nach einer Begrüßung durch Universitätspräsident Prof. Dr. Dr. habil. Godehard Ruppert in die Grundzüge der Sharing Economy ein, bevor fünf Vorträge und Praxisberichte das Thema unter die Lupe nahmen.

Sharing Economy sei ein Konzept, das auf dem Prinzip der gemeinschaftlichen Nutzung von Ressourcen basiere, so Wimmer. „Grundsätzlich können zwei Modelle unterschieden werden: Die gemeinsame Nutzung wie das Verleihen über Online-Leihportale sowie die dauerhafte Abgabe gebrauchter Gegenstände wie das Tauschen oder Verschenken“, erklärte Wimmer.

Sharing Economy hat hohes Nachhaltigkeitspotenzial

Ob Car- oder Bikesharing, Urban Gardening, Couchsurfing, Crowd Funding oder Food Sharing – Projekte aus dem Bereich der Sharing Economy gibt es viele. So werden Gärten gemeinsam bewirtschaftet und gepflegt, Gäste aus aller Welt auf der heimischen Couch kostenlos empfangen oder Kleider auf Tauschbörsen getauscht. „Die Digitalisierung hat dafür gesorgt, dass Nachfrage und Angebot im Internet virtuell miteinander vernetzt werden und dass die Anzahl von Sharing Ecomoy-Projekten in rasantem Tempo gestiegen ist“, sagte Prof. Dr. Reinhard Loske von der Universität Witten/Herdecke.

Der Nachhaltigkeitsforscher beschäftigte sich am Hochschultag vor allem mit der Frage, wie realistisch die Hoffnung auf ökologisches Wachstum ist. „Konzepte für grünes Wachstum sind wirkungslos, wenn sie nicht eingebettet sind in einen Kontext politisch flankierender Maßnahmen wie Regulierungen und Anreize,“ so Loske. Denn obwohl die Sharing Economy ein hohes Nachhaltigkeitspotenzial hat, führe sie nicht automatisch zu einem Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft.

Tücken der Effizienzsteigerung

Auf diese Herausforderung der Sharing Economy wies auch Dr. Harry Lehmann vom Umweltbundesamt hin. „Durch die Steigerung der Effizienz können Produkte oder Dienstleistungen mit weniger Ressourcenverbrauch geschaffen werden oder Ressourcen effizient miteinander geteilt werden. Das hat aber wiederum Rückwirkungen auf das Kaufverhalten und den Gebrauch der Produkte – sogenannte Rebound-Effekte“, erklärte Lehmann.

Ein einfaches Beispiel: Durch Carsharing-Modelle sind Autos für Jedermann günstig und flexibel verfügbar. Das wirkt sich auf das Fahrverhalten aus: Wege werden häufiger mit dem Auto zurückgelegt und öffentliche Verkehrsmittel oder das Fahrrad dafür weniger genutzt. So sei Sharing alleine keineswegs das neue Wundermittel für nachhaltigen Konsum, so Lehmanns Fazit.

Viele nachhaltige Initiativen werden kommerzialisiert und zu richtigen Geschäftsmodellen, warnte Prof. Dr. Niko Paech von der Universität Oldenburg – der Gedanke der Nachhaltigkeit rücke dabei immer weiter in den Hintergrund. „Vor allem die Politik muss Rahmenbedingungen schaffen und regulieren – ohne Ansätze der Sharing Economy zu behindern. Und trotzdem ist der Einzelne in der Gesellschaft von der Verantwortung, sich für Nachhaltigkeit einzusetzen, nicht ausgenommen,“ betonte der Wachstumskritiker.

Auf den Auftakt des Bamberger Hochschultages folgten Workshops: Am Donnerstag, den 9. Juni, zeigte die Umweltinitiative Transition Bamberg, wie solidarisches Teilen in einer Stadt organisiert werden kann. So wurden eine Besichtigung des Umsonstladens und des Selbsterntegartens angeboten. Am Freitag, den 10. Juni, fand der Open Water Day in Kooperation mit dem Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik, insbesondere Energieeffiziente Systeme, statt, der sich in offenen Vorträgen mit der Steigerung der Wasser- und Energieeffizienz beschäftigte.