Fränkische Fossilien gab es als passendes Geschenk (Bilder: Marcus Hoffmann) ...

... vom Organisator der Hegelwoche Christian Illies (l.) für den Referenten des Abends Robert Spaemann.

Auch der zweite Abend der Hegelwoche lockte viele Zuschauer an.

Anschließend setzten die Referenten der Hegelwoche 2009 Robert Spaemann (2. v. l.), Wolfgang Welsch (Mitte) und Volker Sommer (r.) ihre Unterschrift in das Goldene Buch der Stadt Bamberg, neben den Namen von Hans Lenk, der bereits am Vortag referiert hatte.

- Alexandra Franz

Das Staunen über die Welt

Das Verhältnis von Kunst und Natur war Thema am zweiten Abend der Hegelwoche

Philosophie live und in Farbe bot auch der zweite Tag der Hegelwoche am 24. Juni. Der Referent des Abends, Prof. Dr. Robert Spaemann, führte seine Zuhörer mit dem Thema „Was heißt: Kunst ahmt die Natur nach?“ vom Beginn der Philosophie in der Antike bis zur modernen, bildenden Kunst. Und wieder zurück.

La trahison des images – „Der Verrat der Bilder“, so heißt das vielleicht bekannteste Bild des surrealistischen Malers René Magitte. Es zeigt eine Pfeife. Und darunter den Schriftzug „Ceci n'est pas une pipe“ – „Dies  ist keine Pfeife“. Zunächst denkt der Betrachter: Wieso? Auf dem Bild ist doch eine Pfeife abgebildet; doch dann wird klar, dass diese Pfeife nur ein Abbild ist, man kann sie nicht rauchen oder stopfen. Schon Aristoteles schrieb: „Die Kunst ahmt die Natur nach“. Und bereits in der Antike galt der Satz „ars imitatur naturam“ als geflügeltes Wort. Doch was heißt das eigentlich?

Genau diese Frage stellte Prof. Dr. Robert Spaemann am zweiten Abend der Hegelwoche, die sich in diesem Jahr dem Thema „Kultur aus Natur“ widmete. Der Mensch als kulturbegabtes Wesen, das aus dem Tierreich hervorgetreten ist und damit auch die Ungewissheit darüber, was der Mensch eigentlich ist, stand vom 23. bis 25. Juni in der AULA der Universität im Zentrum der Diskussionen. „Diese Antwort ist nur dort zu finden, wo der Mensch seine Grenzen überschreitet“, erklärte Prof. Dr. Christian Illies, Inhaber des Lehrstuhls für Philosophie II, zu Beginn. Dies sei zum Beispiel in der Kunst der Fall, auch sie frage nach dem Menschen. „Sie ist ein Staunen über die Welt“, sagte Illies. Doch wie verhält sich der Mensch nun als Kunst schaffendes Wesen? Versucht er tatsächlich Natur zu imitieren?

Wer ahmt wen nach?

Das Gegenteilige wird auf der Grabinschrift des Malers Raphael im Pantheon in Rom behauptet, die Spaemann an den Beginn seines Vortrages stellte: „Dieser hier ist Raffael, von dem, solange er lebte, die große Mutter aller Dinge, also die Natur, fürchtete, übertroffen zu werden, und als er aber starb, dass sie zugleich mit ihm stürbe“. Dahinter stehe auch Raphaels Angst, der Natur nicht nachkommen zu können, erläuterte Spaemann.

Diese Angst kann durchaus als berechtigt gesehen werden, wenn man bedenkt, dass auch die Natur viel Kunstfertiges hervorbringt. So bauen Bienen zum Beispiel kunstvolle Nester, erinnerte der Philosoph. „Doch das Schaffen der Tiere hat sich noch nicht verselbstständigt. Es ist natürlicher Instinkt, kein bewusster Prozess“, machte er deutlich.

„Denk an deine Frau!“

Für eine weitere Unterscheidung zwischen Natur und Kunst zog Spaemann Kant heran, der feststellt, dass der Mensch zu einem interesselosen Wohlgefallen fähig ist und zur Liebe, die sich auf den anderen bezieht. Spaemanns Beispiel: Der Aufkleber auf einem Lkw mit dem Text: „Fahr vorsichtig, denk an deine Frau!“ Er zeige, dass der Mensch Freude am Glück des anderen haben kann. „Denn wir wissen, dass der andere mehr ist, als das, was wir sehen. Dies ist das Kennzeichen der Menschen.“

Und genauso verhalte es sich eben auch in der Kunst: Künstler wie Paul Klee haben ihre Werke über die bloße Nachahmung der Natur erweitert. So weisen ihre Werke nicht nur auf die Darstellung an sich, sondern auf ihren inneren Charakter hin. „Je weniger die moderne Kunst die Natur abbildet, desto mehr zählt das Bild als Gegenstand und desto mehr wird die Wirklichkeit des Autors symbolisiert“, resümierte Spaemann. Nichtsdestotrotz zeige die Kunst aber immer noch einen Ausschnitt aus der Wirklichkeit.

Letztendlich habe Aristoteles schon erkannt, dass die Kunst die Natur nicht bloß kopiert. Mit dem Lehrsatz „ars imitatur naturam“ sei etwas anderes gemeint: Die Kunst schöpfe aus denselben Prinzipien wie die schaffende Natur, denn bei beiden liege ein kreativer Prozess zu Grunde, auch sie ist „work in progress“.