Nachruf Prof. em. Dr. Annegret Bollée

Annegret Bollée hatte seit seiner Gründung im Jahr 1978 bis zu ihrer Emeritierung 2002 den Lehrstuhl für Romanische Sprachwissenschaft und Mediävistik an der Universität Bamberg inne. Dieser explizite Einschluß der Mediävistik in das erwünschte Lehr- und Forschungsprofil gehörte zum Konzept der neugegründeten Universität und wurde in den jeweils ersten Lehrstuhlbesetzungen der drei großen westlichen Philologien konsequent umgesetzt, neben der Romanistik auch in der Germanistik und Anglistik. Mediävistische Kompetenz war also in diesen Disziplinen ohnehin vorhanden. Da analoge Interessen aber auch in weiteren Bereichen deutlich wurden (Slavistik, Orientalistik), ohne daß dies in den Denominationen der jeweiligen Professuren aufschien, ergab sich hieraus genügend ‘Masse’, um dem Gedanken eines dezidierten Mittelalterzentrums von philologischer Seite aus näher zu treten und damit die ohnehin einschlägigen Disziplinen der Philosophie, Kunstgeschichte, Geschichtswissenschaft, Denkmalwissenschaft und Archäologie zu einem fakultätsübergreifenden Schwerpunkt rund um das Thema Mittelalter zu ergänzen, das durch den Bamberger genius loci – mittlerweile offiziell bestätigt durch den Status als Weltkulturerbe – genügend Anschauungs- und Forschungsmaterial vorfand. In logischer Konsequenz zählte Annegret Bollée insofern auch zu den Gründungsmitgliedern des Bamberger Zentrums für Mittelalterstudien (1998), dessen Agenda sie stets mit großem persönlichem Einsatz verfolgte.

So organisierten Annegret Bollée und Sebastian Kempgen im SS 2001 gemeinsam für das ZEMAS die Ringvorlesung „Sprach- und Kulturkonflikte. Mittelalterliche Ursachen und aktuelle Auswirkungen“, bei der 9 Vorträge Bamberger Universitätsmitglieder und auswärtiger Gäste in einem breit gespannten thematischen Bogen von West- über Osteuropa bis hin nach Mittelasien das Grundverständnis des ZEMAS veranschaulichten, nämlich die Verknüpfung mittelalterlicher Fragestellungen mit Problemen, die in der Gegenwart immer noch aktuell sind. Gleichzeitig wurde im Thema der Ringvorlesung der besondere Bamberger Anspruch deutlich, Sprachwissenschaft nicht nur als isolierte Systemlinguistik zu betreiben, sondern Sprache und sprachliche Prozesse stets in kulturelle Gegebenheiten eingebettet zu sehen und somit verständlich zu machen und zu erklären. – Ihr großes Engagement für die universitäre Lehre demonstrierte u.a. ihr gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Deutsche Philologie des Mittelalters im WS 2000/2001 durchgeführtes Seminar zum Thema „Minnesänger und Troubadours. Eine intertextuelle Lektüre“, das auf großes studentisches Interesse stieß. Bis zuletzt bewies Annegret Bollée ihr großes Interesse an den Angeboten unseres Zentrums und war gern gesehener Gast in unseren Reihen bei zahlreichen Veranstaltungen.

Wir werden ihre stets wohlwollende Unterstützung mediävistischer Forschung und Lehre und ihren kritischen Humor sehr vermissen und in sie in ehrenvoller Erinnerung behalten. Einen ausführlichen Nachruf finden Sie auf den Internetseiten des Instituts für Romanistik (https://www.uni-bamberg.de/romanistik/news/artikel/nachruf-annegret-bollee-2021) sowie unter https://romanistik.de/aktuelles/5466.

 

Sebastian Kempgen und Ingrid Bennewitz