ForMaD 02.02.10 - Sprache und Interaktion im Grundschulmathematikunterricht

Dr. Marcus Schütte (Goethe-Universität Frankfurt) wies den vielen Zuhörenden aus Universität und Schulpraxis im Forum Mathematik-Didaktik den Weg in seine Theorie der Interaktionsforschung.

Eine der grundlegenden Theorien Schüttes sieht Mathematiklehrkräfte als 'native speaker' (Pimm 1987) der Fachsprache. Mathematikunterricht wird somit auch zum Sprachunterricht, bei dem die Kinder z.B. neue mathematische Begriffe erlernen.

'schschschscht.ja\'
Das Publikum verfolgte gespannt die Einführung in die besondere Notationsform von Äußerungen im Unterricht, die in der interpretativen Unterrichtsforschung gebräuchlich ist. Schüttes Beobachtungen von alltäglichem Mathematikunterricht insbesondere in multilingualen Grundschulklassen - in denen vermeintlich das besondere Augenmerk der Lehrpersonen auf Sprache gerichtet ist - konnte in den so notierten Transkripten nacherlebt werden.

Die deutlich werdenden 'Gelegenheiten zum Lernen von Mathematik' und die von Schütte ausgemachten Handlungsroutinen überzeugten schnell von der Aussage, dass alltagssprachliche Kontexte und eine scheinbar kindgemäße Sprache der Lehrperson nicht immer hilfreich sind. Lehrende und Kinder verstehen sicht oft nicht, weil nicht explizit gemacht wird, wovon sie eigentlich sprechen bzw. welcher Bezugsrahmen (Bauersfeld) implizit mitgedacht wird. Schütte warnt demzufolge vor der 'Selbsterklärungsidee' mathematischer Begriffe im Sinne einer impliziten Pädagogik.
Die Vernachlässigung der sprachlichen und fachsprachlichen Aushandlung von Begriffen sowie die geringen Anforderungen an kommunikative und argumentative Kompetenzen stehen, so Schütte abschließend, im Widerspruch zu normativen Ansprüchen an Mathematikunterricht (auch und gerade in weiterführenden Schulen).

Literatur:

Schütte, Marcus (2009) Sprache und Interaktion im Mathematikunterricht der Grundschule. Waxmann ISBN 3830921330