Psychologische Tipps für die Zeit der Selbstisolation während der Corona-Krise

Bauen Sie sich eine haltgebende zeitliche Struktur auf.

In kürzester Zeit hat die Corona-Krise auch das Leben von Studierenden auf den Kopf gestellt. Zur Zeit sind Semesterferien ohne Lehrveranstaltungen an der Uni. Durch die Selbstisolation in den eigenen vier Wänden fallen aber auch alle anderen Termine wie Treffen mit Freunden oder Arbeitszeiten im Job weg. Da kann es leicht passieren, dass der Tages-Nacht-Rhythmus ganz aus den Fugen gerät.

Gerade in Ausnahmesituationen können wir aber Struktur besonders gut gebrauchen, da sie gegen Chaos hilft und ein Gefühl der Sicherheit vermittelt.

Bauen Sie sich daher selbst eine sinnvolle Tagesstruktur auf und berücksichtigen Sie dabei alle wichtigen Tätigkeiten Ihres Alltags: aufstehen, Körperpflege, sich anziehen, geregelte Essenszeiten, Zeiten zum Lernen oder Lesen, für Haushaltstätigkeiten wie einkaufen, kochen, aufräumen oder putzen, Zeit für soziale Kontakte und für Freizeitbeschäftigungen wie digitale Medien oder Sport. Vielleicht mögen Sie den Abend mit einem Ritual ausklingen lassen wie z.B. eine Kerze anzünden oder einen Podcast hören, bevor Sie sich zum Schlafen hinlegen.

Zur Orientierung können Sie sich einen Wochenplan machen, in den Sie die Punkte zusammen mit den entsprechenden Zeitfenstern eintragen.

Überlegen Sie sich ruhig auch, was Sie gerne mal neu ausprobieren würden, z.B. sich mit einem interessanten Thema beschäftigen, für das Sie sich schon lange insgeheim begeistern. Jetzt ist die Zeit dafür! Neugier und Entdeckergeist machen Spaß und bringen Sie auf andere Gedanken.

Steuern Sie Auszeiten bewusst.

Damit die Sorgen nicht übermäßig anwachsen, macht es Sinn, wenn Sie sich mit sachlichen Informationen zur Krise auf dem Laufenden halten.

Je mehr Zeit Sie aber mit dem Thema verbringen, umso präsenter wird es auch in Ihrem Leben. Ziehen Sie daher eine Grenze und nehmen Sie sich Pausen von den ständigen Nachrichten. Das gibt Ihnen das Gefühl, nicht passiv davon überrollt zu werden, sondern aktiv das Ausmaß zu steuern, das Sie sich gerade zumuten wollen.

Sorgen Sie für Bewegung.

Körper und Psyche sind nicht voneinander zu trennen und beeinflussen sich ständig wechselseitig. In Zeiten mit hoher Stressbelastung ist es daher besonders wichtig, auf der Körperebene für Entspannung zu sorgen, da dieser Effekt sich auch auf die Psyche im Sinne von Beruhigung auswirkt.

Bei angstauslösenden Gedanken werden im Körper Stresshormone wie z.B. Adrenalin  ausgeschüttet, die lange im Körper kreisen und bei hohem Spiegel auch Schafstörungen mitverursachen können. Hier ist Ausdauersport sehr wirksam, um das körperliche Erregungslevel und damit einhergehende Gefühl innerer Unruhe abzubauen. Wenn Sie mögen, gehen Sie raus an die frische Luft und machen einen Jogginglauf, am besten ohne sich selbst zu überfordern - in langsamem Tempo und anfangs nur kurzer Strecke. Alternativ ist auch schnelles Gehen mit leichtem Schwitzen und einer mäßigen Pulserhöhung gut geeignet.

Erleben Sie Nähe in Ihren sozialen Kontakten.

Wir alle sind verbunden durch die gleiche Stresssituation, die bei jedem und jeder von uns Unsicherheit  auslöst. Eine schöne Erfahrung dabei ist, dass unser Gemeinschaftsgefühl wächst, während wir die schwierige Zeit schrittweise bewältigen. In den letzten Wochen gab es dafür viele wunderbare Beispiele an Mitmenschlichkeit und Solidarität.

Erleben Sie ganz bewusst, dass Sie nicht allein sind. Verabreden Sie sich dafür regelmäßig mit Ihren Freunden und der Familie zum Telefonieren oder Skypen. Das ist sogar noch besser als WhatsApp-Nachrichten schreiben, denn unser Gehirn reagiert ganz anders auf die menschliche Stimme. 

Der Wunsch, bedürftigen Mitmenschen zu helfen, ist ein angeborener Impuls, und hilfsbereit  gegenüber anderen zu sein tut uns auch selbst gut. Vielleicht möchten Sie sich solidarisch zeigen und andere unterstützen, die schlechter dran sind als Sie selbst.

Seien Sie offen für eine positive Umdeutung der Krise als Chance.

Die Krise fordert uns schon jetzt viel ab und wird für manche von uns noch schmerzhafte Verluste mit sich bringen. Zugleich können wir uns dafür öffnen, auch die positiven Erfahrungen auf uns wirken zu lassen, die mit ihr einhergehen. Wir beginnen darüber nachzudenken, in welchem Hamsterrad wir gefangen sind. Vielleicht stellen auch Sie sich die Frage, was Ihnen wirklich wichtig ist, und worauf Sie im Grunde leicht verzichten können. Manche fangen daraufhin an, ihr Leben neu zu ordnen und beginnen schon während der Krise damit, ihre Prioritäten neu zu setzen.

Nutzen Sie mögliche Anlaufstellen, wenn Sie sich psychisch sehr belastet fühlen.

Wenn Sie sich schon vor der Krise psychisch labil gefühlt haben und vielleicht an Ängsten oder depressiver Verstimmung leiden, kann die zusätzliche Belastung der Isolation Sie eventuell bis an Ihre Grenze fordern und überfordern.

Bei mehreren Anlaufstellen können Sie weitere Unterstützung bekommen:

  • Psychotherapeutische Beratungsstelle des Studentenwerks Würzburg an der Außenstelle Bamberg. Bitte melden Sie sich zu den Sprechzeiten oder per Email.
  • Auch mit der Telefonseelsorge können Sie über Ihre Sorgen und Ängste sprechen unter 0800/1110111 oder 0800/1110222.
  • Der Krisendienst Mittelfranken ist täglich von 9:00 – 0:00 Uhr erreichbar unter der Telefonnummer 0911/4248550.
  • Hausärzte, Fachärzte und die psychiatrischen Kliniken in Bamberg sowie Kutzenberg sind nach wie vor geöffnet.      

Diese Tipps wurden zusammengestellt von Elisabeth Landgraf, Psychol. Psychotherapeutin, Mitarbeiterin des Psychotherapeutischen Beratungsteams des Studentenwerks Würzburg an der Außenstelle Bamberg.