Die Teilnehmer*innen der Abendveranstaltung zum Women Entrepreneurship im Zoom MeetingSarah Dahnen/Universität Bamberg

„Die Gründerin muss Normalität werden“

Abendveranstaltung zum Women Entrepreneurship

Warum der Frauenanteil unter den deutschen Gründungspersönlichkeiten so gering ist, wie man das ändern kann und welchen Herausforderungen sich Gründerinnen aktuell stellen müssen, ergründeten Sarah Dahnen (BIG) und Dr. Nicholas Derra (BF/M Bayreuth) am 29. April 2021 im Rahmen einer virtuellen Abendveranstaltung zum Thema Women Entrepreneurship mit Gästen aus Wissenschaft und Gründerökosystem.

Die Gründerszene in Deutschland boomt gerade in den Großstädten. Frauen sind hier allerdings deutlich unterrepräsentiert: Laut Female Founders Monitor (2020) gehen lediglich rund 16% aller Neugründungen auf weibliche Initiative zurück, obgleich sich 32% eine Gründung vorstellen können.

Wie man als Frau ein erfolgreiches Business aufbauen kann, zeigte Patricia Knoll, die gemeinsam mit ihrer Schulfreundin Olivia Hofmann das Online-Stellenportal Jobtrüffelins Leben gerufen hat. Anschaulich schilderte die Bayreuther Gründerin die Stationen des Duos auf dem Weg zum erfolgreichen Start-up, sprach über Stolpersteine und die Unterstützung, die das Team während des Gründungsprozesses u.a. vonseiten der Bayreuther Gründungsberatung erfahren hat. Die Botschaft von Jobtrüffel an gründungsinteressierte Frauen: „Traut euch! Informiert euch über eure Möglichkeiten, baut z.B. über Veranstaltungsbesuche Netzwerke auf und sprecht proaktiv potentielle Investor:innen an!“

Role Models wie die Gründerinnen von Jobtrüffel seien unerlässlich, um den Anteil an Frauen in der deutschen Gründerszene zu erhöhen, so die einhellige Ansicht der Podiumsgäste*, die im Anschluss an Patricia Knolls Impulsvortrag über aktuelle Chancen und Herausforderungen für gründungsinteressierte Frauen sprachen. Erfolgreiche Gründerinnen, die persönliche Erfahrungen auf dem Weg zum eigenen Unternehmen teilten, könnten gründungsinteressierte Frauen wie kaum andere inspirieren, ihre Geschäftsidee zu einem skalierenden Business auszubauen, und zeigen, dass nicht nur Männer mit innovativen Ideen überzeugen können.

Einigkeit herrschte in der Runde auch darüber, dass spezifische Serviceangebote für gründungsinteressierte Frauen sinnvoll seien, um diese bei ihren Gründungsvorhaben zu unterstützen. Die Nachfrage u.a. nach Trainings zur Selbstwirksamkeit, Persönlichkeitsentwicklung oder Finanzierung sowie nach Workshops zum Thema Design your worklife an Universitäten und Hochschulen belege den Wert dieser Angebote.

Zentral für eine nachhaltige Erhöhung des Anteils an Gründerinnen sei aber ein grundsätzliches Umdenken in der Gesellschaft, konstatierte die Bamberger Persönlichkeitspsychologin Prof. Astrid Schütz. „Die meisten von uns assoziieren mit der prototypischen Gründungspersönlichkeit einen smarten jungen Mann. Gegen diesen implicit bias (manchmal auch unconscious bias genannt – obwohl die Prozesse nicht notwendigerweise unbewusst sind) sollten wir aktiv vorgehen. Die Gründerin muss Normalität werden.“ Dies sei ein langwieriger Prozess, der Geduld und konsequente Sensibilisierungsmaßnahmen erfordere, so etwa bereits in den Schulen. Für die Zukunft seien beispielsweise Einreichungen von Ideenpapieren ohne demographische Angaben denkbar (ähnlich wie die erste Bewerbungsphase in Unternehmen z.T. bereits jetzt abläuft), um Vorurteilen bei der Bewertung vorzubeugen.

„Wir müssen stärker an der Entmystifizierung des einsam die Spitze erklimmenden männlichen Einzelgründers à la Elon Musk arbeiten“, resümierte der Bayreuther Professor Rodrigo Isidor, der zum Thema Women Entrepreneurship intensiv forscht. „Gründen ist keine Raketenwissenschaft, es ist nicht nur eine Option für Genies mit einer Inselbegabung. Gründen kann für jede Person eine Option sein.“ Mit dem nötigen Know-how, einer guten Portion Mut zum Risiko und Selbstvertrauen muss das eigene Unternehmen also auch für Frauen kein Traum bleiben.

* Podiumsgäste:

  • Olivia Hofmann, Co-Founderin von Jobtrüffel
  • Prof. Dr. Rodrigo Isidor, Inhaber des Bayreuther Lehrstuhls BWL IV – Human Resource Management & Intrapreneurship, Forschungsschwerpunkt Entrepreneurial Intention and Behavior (insb. bezogen auf Geschlechterunterschiede und Stereotypen)
  • Katharina Kroll, Netzwerkmanagerin des digitalen Gründerzentrums Lagarde1 in Bamberg und
  • Prof. Dr. Astrid Schütz, Frauenbeauftragte der Universität Bamberg, Professorin für Persönlichkeitspsychologie und Leiterin des Kompetenzzentrums für Angewandte Personalpsychologie (KAP).