Die prähistorische Nutzung von Schachthöhlen auf der Nördlichen Frankenalb

Von urgeschichtlichen Menschen genutzte Schachthöhlen auf der Fränkischen Alb lassen sich als durchaus häufige Denkmalgattung dieser von Verkarstung geprägten Landschaft bezeichnen. Jedoch gelang es noch in keinem Fall der bisherigen Forschungsgeschichte, die genaue Entstehung der zahlreich menschliche und tierische Knochen enthaltenden Einfüllschichten zu rekonstruieren und somit die Hintergründe dieser rituellen Deponierungsaktivitäten nachvollziehbar zu deuten. Die durch Mitglieder der Forschungsgruppe Fränkischer Karst e.V. im Jahr 2010  neu entdeckten Schachthöhlen Kirschbaumhöhle und Sonnenschacht bieten nun die ideale Möglichkeit, mit neuer Dokumentationsmethodik und interdisziplinärem Forschungsansatz die Rekonstruktion prähistorischer Deponierungsvorgänge zu ermöglichen und somit auch deren Motiven näher zu kommen. Dies ist vor allem den Entdeckern zu verdanken, welche jeden Knochen an Ort und Stelle beließen und umgehend das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege informierten. Die ersten Untersuchungen in der Kirschbaumhöhle konnten im Jahr 2013 mittels eines Forschungsprojektes der Professur für Ur- und Frühgeschichtliche Archäologie der Universität Bamberg realisiert werden, welches maßgeblich von der Oberfrankenstiftung und dem Landkreis Forchheim sowie dem BLfD, der Gesellschaft für Archäologie in Bayern und der Universität Bamberg finanziert wurde.

Nach derzeitigem Forschungsstand lassen sich für die Kirschbaumhöhle Deponierungsaktivitäten (bislang ausschließlich menschliche und tierische Überreste) im Jung- und Endneolithikum, in der Frühbronzezeit und in der mittleren Eisenzeit belegen. Es ist von mindestens 12 menschlichen Individuen auszugehen, von denen 2 ins Endneolithikum, 7 in die Frühbronzezeit und 3 in die Späthallstatt-/Frühlatènezeit datieren. An Tieren sind bislang mehrere Rinder unterschiedlicher Altersstufen, mindestens zwei Hunde, zwei Rothirsche, zwei Schafe, ein Schwein, eine Wildkatze und ein Feldhase belegt. Allerdings wurden im ersten Vorprojekt lediglich die obertägig sichtbaren Knochenfunde mit der exakten Lage via 3D-Scanning erfasst und analysiert. Somit erfassen wir bis dato nur einen geringen Prozentteil des gesamten Höhleninventars. Bereits jetzt zeichnen sich allerdings durch Fundverteilungsanalyse Konzentrationen ab, welche eine Rekonstruktion einzelner Individuen und deren Lage in der Höhle ermöglichen könnten. Die Erhaltung alter DNA ist herausragend und sowohl Menschen- als auch Tierknochen sind bereits Bestandteil unterschiedlicher molekulargenetischer Projektstudien (u.a. Palaeogenetik-Labor Mainz, Veeramah Lab Stony Brook University New York, Trinity College Dublin).

Zwischen 2021 und 2023 werden in einem DFG-Projekt exemplarisch Funde (menschliche Knochen und andere Artefakte) aus einigen altgegrabenen Höhlen aufgearbeitet, wobei vor allem auch neue Altersdatierungen, Isotopenanalysen und molekulargenetische Analysen integriert sind. Sie sollen als wichtige Vorarbeit und Vergleichsstudie für die kommenden Ausgrabungen in den neu entdeckten Schachthöhlen dienen.

Neue Voruntersuchungen in der Kirschbaumhöhle sowie im Sonnenschacht sind für den Zeitraum 2022-2024 im Rahmen eines weiteren von der Oberfrankenstiftung geförderten Forschungsprojekts geplant. Danach soll im Rahmen eines zweistufig geplanten DFG-Projekts (2024-2030) die vollständige Ausgrabung beider Schachthöhlen sowie eine umfassende Analyse (Prospektionen und  Sondagegrabungen) des direkten und erweiterten Höhlenumfelds folgen.

 

Bisherige Publikationen zum Projekt (Vorarbeiten und erste Projektphase):

Seregély 2014
Human and animal remains from three eras. New documentation methods of a vertical cave of the Northern Franconian low mountain range and its inventory. The European Archaeologist 41, 2014, 17-19. http://e-a-a.org/TEA/TEA41.pdf

Pilotprojekt Kirschbaumhöhle: neue Erfassungsmethodik in einer Schachthöhle der Nördlichen Frankenalb. Das archäologische Jahr in Bayern 2013 (Darmstadt 2014) 42-45.

Seregély / Burgdorf / Gresik / Müller /Wilk 2015
"Tote Menschen und Tiere in finsteren Felsschächten ..." - neue Dokumentationsmethodik und erste Untersuchungsergebnisse zur Kirschbaumhöhle in Oberfranken. Praehistorische Zeitschrift 90, Heft 1/2, 2015, 214-244.

Botigué et al. 2017
Ancient European dog genomes reveal continuity since the Early Neolithic. Nature Communications. 16082.