Voitmannsdorf - eine endneolithische Siedlung und eisenzeitliche Befunde auf der Nördlichen Frankenalb (Bericht zu den Grabungsergebnissen 2001)

In einer dreiwöchigen Sommerkampagne wurde von der Professur der Ur- und frühgeschichtlichen Archäologie der Otto-Friedrich-Universität in Bamberg im oberfränkischen Voitmannsdorf ausgegraben. Ziel der Lehr- und Forschungsgrabung war die durch Sammlertätigkeit schon bekannte neolithische Höhensiedlung nordwestlich des heutigen Dorfes Voitmannsdorf. Oberhalb der sich idyllisch im Tal schlängelnden Aufseß, auf einem natürlichen spornartigem Felsplateau gelegen, befindet sich die Fundstelle Voitmannsdorf-Strohholz: Neben einer ausgezeichneten Sicht über das Tal ist die Lage von drei Seiten durch steilabfallenden Felsen geschützt; der einzige Zugang ist durch einen Wall gesichert, dessen Entstehungszeit bisher im Mittelalter vermutet wurde.
Während die Felsformationen auf der anderen Seite der Aufseß schon 1868 durch den Pfarrer Johannes Engelhardt als eine der steinzeitlichen Urwohnungen beschrieben und untersucht wurden, zielten Sammleraktivitäten erst ab den 50er Jahren auf das Felsplateau im Gewann Strohholz. Eine reguläre Ausgrabung der Höhensiedlung von Voitmannsdorf stand bislang noch aus.

So wurden auf dem felsigen Areal zwei kleine Schnitte mit einer Größe von 3 x 9 und 2 x 4 m angelegt. Dabei wurde das Felsplateau und auch ein über 3m tiefer gelegener Felsvorsprung berücksichtigt. Schon in den obersten Abträgen kam reichlich Fundmaterial zu Tage. Das Fundspektrum zeigt ein typisches Siedlungsmaterial. Auf dem Hochplateau konnten wegen der starken Reliefierung der anstehenden Dolomite nur bis zu 40cm Erdmaterial abgetragen werden. Weitaus mächtiger waren die Kulturschichten auf dem tiefer gelegenen Plateau. Aussagefähige Scherben stammen hier aus einer ungestörten neolithischen Kulturschicht mit einer Mächtigkeit von bis zu 36cm. Diese Scherben sind dem Endneolithikum zuzuweisen: unter anderem plastische Leisten mit Fingertupfen und Fingernageleindrücken, durch Textil- und Schlickrauhung aufgerauhte Oberflächen und Bandhenkelstücke. Die Magerung der Keramik besteht vorwiegend aus grobem Kalk oder auch aus Granitgrus. Einige der Scherben fallen durch eine rötliche Oberfläche auf, der in einem hohen Eisengehalt des Tons begründet liegt und auf eine lokale Produktion schließen läßt. Zumindest eine der Scherben mit einer feinen Leistenzier kann nach der Tonzusammensetzung als Produktion aus der Oberpfalz angesprochen werden. Als Keramikformen lassen sich bisher Töpfe, Schüsseln, Schalen und große Vorratsgefäße rekonstruieren.

Neben den Keramikscherben wurden auch Werkzeuge und Waffen aus Stein gefunden. Eine Miniaturbeilklinge oder ein Meißel mit einer Länge von 4cm und einer Breite von 2,5cm zeichnet sich durch eine sorgfältige Oberflächenbearbeitung aus. Unter den Silices befinden sich viele Abschläge, aber wenige Geräte, darunter eine Pfeilspitze mit eingezogener Basis. Starke Abnutzungsspuren sind bei einem aus einem groben Sandstein gefertigten Mahlstein belegt. Zwei Rohlinge von Beilen weisen eine lokale Verarbeitung von Halbfertigprodukten nach. Das Fundmaterial besitzt im Wesentlichen typologische Ähnlichkeiten mit dem der Wartberg- und Bernburger Kultur im Thüringischen Raum. Durch die gute Erhaltung der Knochen war es möglich, ein 14C-Datum von einem Tierknochen zu erhalten. Hierbei zeichnet sich ein Überdauern dieses schon im späten 4. vorchristlichen Jahrtausends entstandenen Kulturgepräges bis mindestens an das Ende des 27. Jahrhunderts v. Chr. ab.

Für Überraschung sorgten nicht erwartete Funde und Befunde aus den Metallzeiten; u.a. das Fragment eines späthallstattzeitlichen Steigbügelarmrings. Auffällig ist der Fund einer – im Gegensatz zu den übrigen stark zerscherbten Gefäßen - fast vollständig in die Erde gelangten Schale der Späthallstatt/Frühlatènezeit. Dieses Gefäß wurde direkt auf dem anstehenden Fels des oberen Plateaus, regelrecht in eine Felsmulde eingepasst, entdeckt. Wie es zu dieser Deponierung kam ist bisher noch unklar; ausschließen läßt sich eine nicht erkannte Bestattung, da in dem kalkhaltigen Bodenmilieu eine gute Erhaltung von Knochen gewährleistet ist. Erwähnenswert sind auch einige Eisenschlacken, die vor allem auf dem oberen Felsplateau gefunden wurden und wohl in Zusammenhang mit einem Geh- oder Arbeitshorizont stehen. Eine genauere Untersuchung der Eisenschlacken ist noch nicht abgeschlossen und kann mit Spannung erwartet werden. Eventuell liegt auch die Entstehungszeit des noch nicht ausgegrabenen Abschnittswalls nicht wie bisher vermutet in mittelalterlicher Zeit, sondern in der Späthallstatt/Frühlatènezeit.

Text und Abbildungen: Brigitte Lohrke / Timo Seregély


Ausführliche Informationen unter
http://www.jungsteinsite.de/pdf/2004_mueller.pdf