Prof. Dr. Roy Baumeister, einer der einflussreichsten Autoren in der psychologischen Forschung, ist im Rahmen eines Forschungsaufenthalts bei uns zu Gast und hielt am 23.6. einen Vortrag. Baumeisters zentrale These ist, dass das Selbst im sozialen Miteinander entsteht und die Schnittstelle zwischen Körper und Gesellschaft darstellt. Damit ist das Selbst keine Entität sondern ein Prozess, der durch die Integration zahlreicher psychischer und physischer Funktionen entsteht und in den sozialen Kontext eingebettet ist.

Der Mensch unterscheidet sich von anderen Lebewesen vor allem dadurch, dass er komplexe Kulturen bildet. Während Tiere in jeder Generation neu lernen müssen, können Menschen von den Erfahrungen ihrer Vorfahren profitieren und Wissen mit anderen teilen. Innerhalb einer Kultur bilden sie Regeln und Systeme, die das Zusammenleben und damit das Überleben erleichtern. Die zentrale Rolle des Selbst besteht nach Baumeister darin, dass Menschen über sich selbst reflektieren. Sie können das Bild, das sie bei anderen hinterlassen, reflektieren und richten ihr Verhalten danach aus – der Aufbau und Erhalt einer positiven Reputation ist für den Einzelnen von essentieller Bedeutung und trägt gleichzeitig zum Funktionieren der Gemeinschaften bei. Entsprechend arbeiten Gruppen dann am besten, wenn der Anteil jedes Einzelnen an der Gruppenaufgabe erkennbar ist. Unproduktiv und eventuell sogar gefährlich werden Gruppen, wenn der Einzelne in der Gruppe aufgeht und nicht mehr für sein Handeln verantwortlich gemacht werden kann.