Neue Publikation: Evidenz gegen unterschwellige Beeinflussung durch Ankereffekte

Mit dem Titel: „Evidence against subliminal anchoring: Two close, highly powered, preregistered, and failed replication attempts“

Seit einem Jahrzehnt zeigt sich wie in vielen empirischen Wissenschaften auch in der Psychologie deutlich, dass sich viele Befunde nicht replizieren lassen. Um das Bewusstsein für diese Replikationskrise auch unter den Studierenden zu wecken, wurden im Rahmen des Seminars „Die Replikationskrise in der Psychologie“ im Wintersemester 2019/2020 gemeinsam mit den Studierenden verschiedene Ursachen und Lösungswege diskutiert, und eine Replikation nach den aktuellen wissenschaftlichen Standards durchgeführt. Diese Studie wurde nun im renommierten Journal of Experimental Social Psychology veröffentlicht.

Ankereffekte sind ein gut etabliertes Phänomen: wir werden bei Schätzungen durch Werte beeinflusst, die in diesem Zusammenhang in den Raum gestellt werden. Aber funktioniert so etwas auch unterhalb der Bewusstseinsschwelle – also subliminal? Zur Frage subliminaler Ankereffekte gibt es Studien von Mussweiler und Englich (2005) und von van-Rooijen und Daamen (2006) in denen gezeigt werden konnte, dass numerische Schätzungen von einer unterschwellig dargebotenen Zahl beeinflusst werden konnten. Während Mussweiler und Englich (2005) argumentierten, dass der Effekt nur auftritt wenn sich die Versuchspersonen Zeit für die Schätzung nahmen, betonten van-Rooijen und Daamen, dass der Effekt nur unter Zeitdruck auftritt.  Im Sinne der Open Science Bewegung haben wir zwei direkte Replikationen präregistriert und durchgeführt. Wir konnten zeigen,  dass sich keine der beiden Studien replizieren lässt. Bei den Originalbefunden handelt es sich insofern wahrscheinlich um Zufallsbefunde. Es gibt keine Evidenz dafür, dass numerische Schätzungen von unterschwellig dargebotene Zahlen beeinflusst werden.

Alle Materialien der Studien, die Daten, Analyseskripte, Präregistrierungen, sowie die Unterlagen zum Seminar sind dauerhaft hier online verfügbar:
Der Artikel kann noch bis zum 5. Dezember 2020 hier gratis heruntergeladen werden.

Referenz: Röseler, L., Schütz, A., Blank, P. A., Dück, M., Fels, S., Kupfer, J., Scheelje, L., & Seida, C. (2021). Evidence against subliminal anchoring: Two close, highly powered, preregistered, and failed replication attempts. Journal of Experimental Social Psychology, 92, 104066. doi.org/10.1016/j.jesp.2020.104066