Literarästhetische Verstehens- bzw. Urteilskompetenz (LUK)

Literarischem Textverstehen kommt in den nationalen Bildungsstandards ein zentraler Stellenwert zu. Eine klare kompetenztheoretische Bestimmung dieses Lernbereichs fehlt jedoch bis dato. Dieses Desiderat wurde im Rahmen des Projekts ‚Literarästhetische Verstehens- bzw. Urteilskompetenz‘ (LUK) in ersten Schritten beseitigt. Das Projekt war Teil des Schwerpunktprogramms 1293 ‚Kompetenzmodelle zur Erfassung individueller Lernergebnisse und zur Bilanzierung von Bildungsprozessen‘, das von der DFG zwischen 2007 und 2013 gefördert wurde. Dabei wurden in Bayerischen Gymnasien und Realschulen (LUK I-III) und Hauptschulen (LUK I-II) unter Mitwirkung von N = 1083 Schüler(inne)n in LUK I (2007-2009), N = 1168 (Messzeitpunkt 1) und N = 1083 (Messzeitpunkt 2) in LUK II (2009-2011) und N = 961 in LUK III (2011-2013) auf der Basis eines Multi-Matrix-Designs fünf Teildimensionen literarischer Verstehenskompetenz theoretisch modelliert und empirisch bestätigt:

  1. Semantische literarische Verstehenskompetenz, d.h. die Fähigkeit zum Erfassen zentraler Inhalte und Sinnstrukturen literarischer Texte unter Berücksichtigung systematischer Unbestimmtheit, Indirektheit und Mehrdeutigkeit.
  2. Idiolektale literarische Verstehenskompetenz, d.h. die Fähigkeit zum Erfassen der formalen Spezifika literarischer Texte und ihrer ästhetischen Funktionen.
  3. Ästhetische Aufmerksamkeit, d.h. die Fähigkeit zum Wahrnehmen und Dekodieren sprachlich-stilistischer Besonderheiten literarischer Texte.
  4. Die Fähigkeit zur Aktivierung literarischen Fachwissens für das Verstehen literarischer Texte.
  5. Die Fähigkeit zum Erfassen vom Text beim Leser intendierter Emotionen.

Die theoretische Modellierung und empirische Untersuchung dieses fach- bzw. domänenspezifischen Kompetenzkonstrukts und die damit verbundene Entwicklung von Untersuchungsinstrumenten ermöglichte die Durchführung von Anschlussstudien im Bereich der empirischen Kompetenz- und Unterrichtsforschung (siehe ÄsKiL, LisE, SEGEL).

Projektantragsteller:
Prof. Dr. Volker Frederking (Universität Erlangen-Nürnberg)
Prof. Dr. Petra Stanat (HUBerlin)
Dr. Thorsten Roick (HU Berlin)
Dr. Christel Meier (Universität Erlangen-Nürnberg)

Beteiligte:
Dr. Jörn Brüggemann (Universität Erlangen-Nürnberg), Dr. Lydia Steinhauer (Universität Erlangen-Nürnberg), Dr. Volker Gerner (Universität Erlangen-Nürnberg), Christian Albrecht (Universität Erlangen-Nürnberg), Dr. Sofie Henschel (HU Berlin),

Laufzeit: 2007 - 2013

Förderer:
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)

Projektbezogene Publikationen (Auswahl):

  1. Meier, Christel/Roick, Thorsten/Henschel, Sofie/Brüggemann, Jörn/Frederking, Volker/Rieder, Adelheid/Gerner, Volker/Stanat, Petra (2017): An Extended Model of Literary Literacy. In: Leutner, Detlev/ Fleischer, Jens/Grünkorn, Juliane/Klieme, Eckhard (Hrsg.): Competence Assessment in Education. Springer International Publishing, S. 55-74.
  2. Brüggemann, Jörn/Frederking, Volker/Henschel, Sofie/Gölitz, Dietmar (2016): Emotionale Aspekte literarischer Textverstehenskompetenz: Theoretische Annahmen und empirische Befunde. In Mitteilungen des Deutschen Germanistenverbandes 63, H. 2, S. 105-118.
  3. Frederking, Volker/Brüggemann, Jörn/Hirsch, Matthias (2016): Fünf Dimensionen von Literary Literacy und ihre interdisziplinären Implikationen am Beispiel der Geschichtsdidaktik. In: Lehmann, Katja/Werner, Michael/Zabold, Stefanie (Hrsg.): Historisches Denken – jetzt und in Zukunft. Münster: LIT. S. 211–234.