Virtuelle und reale Spuren

Kolloquium beleuchtete Bamberger Stadtgeschichte

Von Johanna Konrad-Brey

Die Stadtgeschichte der Weltkulturerbestadt Bamberg ist bisher noch nicht umfassend wissenschaftlich untersucht worden. Während des Kolloquiums „Topographie und Stadtgeschichte“ trugen verschiedene historische Disziplinen und wissenschaftliche Institutionen ihre Kenntnisse zusammen.

„Es gibt zwar viele historische Einzeluntersuchungen zur Bamberger Stadtgeschichte, aber bislang noch keine wissenschaftliche, auf Quellen basierende Gesamtdarstellung“, betonte Dr. Robert Zink, der Leiter des Stadtarchivs und neben Prof. Dr. Mark Häberlein Organisator der Veranstaltung, in seiner Einführung zum Kolloquium am 28. April. Mit etwa 40 kleineren Teilprojekten – wie etwa die Erfassung von Steuerregistern, Rechnungen und Gerichtsbüchern – sowie mehreren Publikationen seien jedoch bereits gute Grundlagen für dieses interdisziplinäre Großunternehmen geschaffen worden, so Zink.

Fragen der Stadtgeschichte mit modernen Methoden beantworten

Das dritte Forschungstreffen zur Stadtgeschichte Bambergs – in diesem Jahr unter dem Thema „Topografie und Stadtgeschichte“ – ist Teil der Forschungsarbeit, die einer geplanten mehrbändigen Publikation zur Stadtentwicklung vorausgeht. Das eintägige Kolloquium bot 11 Wissenschaftlern der Universität, des Planungsamts der Stadt, des Landesamtes für Denkmalpflege und der Stadtarchäologie eine Plattform, um verschiedene Ansätze vorzustellen und zu diskutieren, wie man Fragen der Stadtgeschichte mit modernen Methoden beantworten kann.

Dabei wurde deutlich, dass nicht nur die bis heute sichtbaren, besonders markanten Bauten wie der Dom oder das Kloster St. Michael das Stadtbild und die historische Entwicklung entscheidend formten. Als ebenso nachhaltig und einflussreich, wenn auch häufig erst auf den zweiten Blick zu erkennen, erweisen sich manche verschwundenen Bauwerke. Dies verdeutlichte der Bamberger Stadtarchäologe Stefan Pfaffenberger am Beispiel der ehemaligen Stadtmauer, die sich in der Anlage von Häusern und Straßen auch im heutigen Stadtplan nachverfolgen lässt.

Forschungsergebnisse und -lücken dokumentieren

Ein Element dieser mittelalterlichen Stadtbefestigung bildete die Mauer und das Tor im Sandgebiet, die der Bauforscher Dr. Stefan Breitling, Professor für Bauforschung und Baugeschichte, und sein Team zusammen mit dem Rest der Stadtmauer virtuell wiederauferstehen lassen. Dieses Projekt „4D-Stadtmodell Bamberg um 1300“ wird von der Oberfrankenstiftung, der Stadt Bamberg und der Städtebauförderung finanziell unterstützt und soll für einen virtuellen Stadtrundgang Grenzen, Wege und Flussläufe, aber auch Bürgerhäuser und nicht zugängliche Elemente wie mittelalterliche Dachstühle sichtbar machen. Ziel dabei sei, so der Bamberger Wissenschaftler, Forschungsergebnisse und -lücken zu dokumentieren. Durch die Kooperation mit dem Stadtplanungsamt, das mit seinem virtuellen Stadtmodell die Arbeitsplattform bereitstellt, soll ein interaktives Projekt entstehen, das zur Fortschreibung einlädt.

Mark Häberlein vom Lehrstuhl für Neuere Geschichte hob in seinem Resümee dann auch die zahlreichen Anregungen der historischen Nachbardisziplinen hervor. „Die Arbeit mit Karten und materieller Kultur, die Untersuchung von Siedlungsstrukturen und -verschiebungen, von Wetterphänomenen und deren Einfluss auf politische, soziale und wirtschaftliche Veränderungen, dies alles erweist sich für die Erstellung einer wissenschaftlichen Geschichte der Stadt Bamberg als ebenso unerlässlich wie der Umgang mit archivalischen Quellen“, so der Historiker.