Umwelt-, denkmal- und sicherheitsgerechter Umgang mit Schweinfurter Grün

Modellhafte innovative Maßnahmen zur Konfliktlösung im Schnittbereich von Denkmal- und Umweltschutz

Inhalt und Ziele

Bei dem sogenannten Schweinfurter Grün (SG) handelt es sich um ein künstlich hergestelltes Grünpigment, ein Kupferarsenitacetat Cu(CH3COO)2 · 3 Cu(AsO2)2. Schweinfurter Grün und ähnliche Pigmente wurden wegen ihrer Farbbrillanz besonders im Klassizismus und Biedermeier geschätzt und häufig in Wohnräumen, Holzeinbauten und Schränken zur Fassung eingesetzt. Besonders gut dokumentiert ist die Verwendung als Anstrich auf Tapeten und Putzoberflächen. Gerade diese Oberflächen bereiten aufgrund ihres Gefährdungspotenzials aber akute Probleme bei anstehenden Sanierungsarbeiten. Gesundheitsschädigende Auswirkungen der arsenhaltigen Anstriche sind schon um 1830 angenommen worden, bis zum endgültigen Verbot der Produktion von Schweinfurter Grün dauerte es allerdings noch 150 Jahre. 

Schweinfurter Grün ist nach modernem Verständnis als Gefahrstoff zu sehen. Es findet sich aber vielfach in historischen Anstrichen und ist oft durch später aufgebrachte Farbfassungen verborgen. Im Zuge von Maßnahmen kommen vor allem Bauhandwerker*innen und Restaurator*innen mit den toxischen Materialien in Kontakt und auch Arbeits- und Wohnräume sind betroffen.

Ziel des Vorhabens ist daher die Ausarbeitung von modellhaften, innovativen Maßnahmen zur Konfliktlösung im Schnittbereich von Denkmal- und Umweltschutz. Die Anforderungen des modernen Umwelt- und Gesundheitsschutzes in Bezug auf Schwermetallbelastungen, wie z.B. Arsen, stehen zunächst im klaren Gegensatz zu den Ansprüchen des Denkmalschutzes, aus denen sich der größtmögliche Erhalt originaler historischer Substanz ableitet.

Methode

Im Projekt werden neue Methoden entwickelt und modellhaft Verfahren angewandt, die zum Schutz des Menschen und des national wertvollen Kulturguts bei einem Schweinfurter Grün Befund beitragen. Aktuell wird bei der Diagnostizierung von Befunden an Schweinfurter Grün in Anstrichen, Tapeten oder Holzobjekten häufig eine komplette Entfernung der Bestände durchgeführt, ungeachtet eines etwaigen denkmalpflegerischen Wertes. Eine zentrale Aufgabe des Vorhabens soll es daher auch sein, Methoden zur Maskierung von SG mittels unterschiedlicher Verfahren zu testen und deren Praxistauglichkeit zu evaluieren. Das Projekt betrifft sowohl Fragen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes von Beschäftigten, die bei ihren Tätigkeiten mit SG in Kontakt kommen, als auch, der Berücksichtigung denkmalpflegerischer Belange und Zielvorstellungen. 

Die scheinbare Vielseitigkeit im analytischen Methodenspektrum (bspw. REM-EDX, REM-RFA und FT-IR-Spektroskopie) ergibt sich zwingend notwendig aus der Vielseitigkeit der Probenarten des kontaminierten Materials. Weitere Untersuchungen an Reinsubstanzen und an den Vertiefungsobjekten werden vorgenommen, um geeignete Methoden für Vor-Ort-Untersuchungen wie auch für Laboruntersuchungen an entnommenen Proben abzuleiten. 

An einer Auswahl von Objekten, die für eine Vor-Ort-Analytik geeignet sind, werden zudem mobile Messsysteme erprobt (z. B. Handheld XRF- Geräte, mobile Spektroskopie (NIR), Raumluft- bzw. Gasmessungen und Partikelmessungen oder Wischproben von Staub, sowie personengetragene/-bezogene Messungen). Bei den Untersuchungen und Messungen der Vor-Ort-Analytik wird ein zweiter Schwerpunkt auf die Untersuchung von vorhandenen und je nach Möglichkeit neu angelegten restauratorischen Maskierungen von SG-Fassungen gelegt. 

Die Analyseergebnisse werden hinsichtlich der Gefährdung bewertet und daraus Handlungsanleitungen für verschiedene Tätigkeiten mit arsenbelastetem Kunst- und Kulturgut abgeleitet. Auch davon ausgehend, dass auch in der Zukunft nicht in allen aufkommenden Fällen das gesamte Methodenspektrum zu Verfügung steht, müssen zudem auch aus dem eingeschränkten Spektrum die Ergebnisse bewertet werden können. 

Projektteam

Antragsteller und Bewilligungsempfänger:

  • Institut für Diagnostik und Konservierung an Denkmalen in Sachsen und Sachsen-Anhalt e. V. (IDK)

Projektpartner:

  • Zentrale Analytische Labor (ZAL) der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg (BTU)
  • Bauforschung - Denkmalpflege, Dr. phil. Insa Christiane Hennen (ICH)
  • Kompetenzzentrum für Denkmalwissenschaften und Denkmaltechnologien (KDWT), Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Professur für Restaurierungswissenschaft
  • Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) (assoziierter Partner)

Fördermittelgeber

Das Vorhaben wird von der Deutsche Bundestiftung Umwelt (DBU) gefördert, es wird unter dem Aktenzeichen 35408 geführt.

Bilder

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