Der Heidenbau der Feste Heldburg

Befunderhebung und Rekonstruktion der Bauphasen an den Außenwänden

Betreuer: Prof. Dr.-Ing. Stefan Breitling

Bearbeiter: Andreas Priesters, Claudia Auerswald, Martina Schwarz, Kartrin Schnöning,  Sandra Hirmann, Dominique Leichtfuss, Elke Umminger, Eva Micksch

Eigentümer und Kooperationspartner:
Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten
Schloss Heidecksburg
07407 Rudolstadt

1 Objektbeschreibung

Der so genannte Heidenbau schließt nach Nordosten hin den Hof der Heldburg gegen den Bergsattel ab. Der Bau weist hofseitig zwei, talseitig bis zu vier Geschosse auf, wobei nördlich der Tordurchfahrt ein tonnengewölbter Kellerraum und südlich davon zwei übereinander liegende Einstützenräume liegen. Der Heidenbau wurde in den Jahren 1509/10 (d) errichtet. Nachfolgende Veränderungen sind vor allem mit den Anbauten von Französischem Bau und Küchenflügel in der 2. Hälfte des 16. Jh. anzunehmen. Das Gebäude weist eine ehemals vierschiffige Binnenstruktur mit polygonalen Steinpfeilern unter hölzernen Unterzügen auf. Diese wurde mit dem Einbau einer tonnengewölbten Durchfahrt um 1570 und der Einrichtung einer barocken Hofkapelle umgeformt. Im 19. Jh. wurden Satteldach und Treppengiebel erneuert.

2 Baufoscherische Untersuchung

2.1 Fragestellungen zu Beginn

Der bisher nicht eindeutig beantworteten Frage nach Bautechnik und Aussehen des Ursprungsbaus wurde nachgegangen. Nutzungsbedingte Veränderungen des Innenraums und die entsprechende Umgestaltung der Außenwände waren zu klären. Es sollten Aussagen zur Anbindung des abgerissenen Küchentraktes.

2.1 Methodik und Vorgehen

Nach Sichtung von Literatur und Quellenmaterial sowie erster Substanzanalyse wurden Kartierungsthemen festgelegt. Dokumentiert wurden auf Basis photogrammetrischer Aufnahmen im Maßstab 1:50 (Planverfasser: Büro für Bauten- und Kunstgutforschung, Erfurt) Nord-, Ost- und Südfassade. Für die befundreiche Tordurchfahrt wurden Handaufmaße als Grundlage erstellt (Abb. 5). Es wurden Materialbefunde, Schadensbilder, Konstruktionszusammenhänge und weitere Besonderheiten untersucht und kartiert. Der Rekonstruktion des Bauablaufes dienten Steinlagen und –formate, Fugenbilder sowie Bearbeitungsspuren. Gezielte Beobachtung und Verortung bildeten damit die Grundlage zur Rekonstruktion der Bauphasen und Überlegungen zum historischen Zustand. Verdeutlicht wurden die Ergebnisse in isometrischen Darstellungen (vgl. Abb. 6).

2.2 Kartierungsergebnisse

Bis zur Höhe der Traufkante zeigen die untersuchten Fassaden zwei Mauerwerkstypen. Diese konnten trotz unterschiedlicher Oberflächenbearbeitung der Quader und ihrem Fugenbild einer Bauphase zugeordnet werden. Die ursprünglich gleichartigen

Schartenöffnungen in beiden Mauerwerkstypen bestätigte dies. Ein aus diesen Ergebnissen

hervorgegangener Rekonstruktionsversuch zeigt den Zustand um 1510 (Abb. 6). Die Positionen der Scharten lassen zudem Rückschlüsse auf ehemals abweichende Geschossebenen zu. Durch zwei Wartefugen an der Ostseite konnte nachgewiesen

werden, dass der Bau mit einer nur kurzen Unterbrechung in einer einheitlichen Bauphase bis zur Traufkante errichtet wurde (Abb. 3). Die Befundkartierung der Nordfassade zeigt deutlich bauliche Spuren des ehemals angeschlossenen Küchenbaus. Ausspitzungen für Gewölbekappen, Spuren des Zeltdachansatzes und eines wohl kurzzeitig angebrachten, flachen Notdaches ließen sich nachweisen. Die Kartierung und Differenzierung des verwendeten Baumaterials zeigt, dass der 1835 erneuerte Giebel bereits auf Höhe des Traufgesimses ansetzt (Abb. 2,3). Die in historischen Plänen nicht eindeutig lokalisierbare Abortnische zwischen Heiden- und Küchenbau konnte schematisch rekonstruiert werden (Abb. 4).

In der Tordurchfahrt anstehender Fels zeigt, dass dieser erst abgetragen wurde um die steile Einfahrt zum Hof zu ermöglichen. Grobe, wenig bearbeitete Steine verdeutlichen, dass die Stirnwand des Tonnengewölbes ursprünglich gegen Fels gemauert und erst später zur Wand der Durchfahrt umfunktioniert wurde. Das Fenstergewände besteht aus zweitverwendetem Material und ist somit nachträglich eingearbeitet. Die nördliche Wand ist zwischen drei der polygonalen Pfeiler eingestellt, was ein weiteres Indiz für eine vor dem Bau der Durchfahrt errichtete  Binnenstruktur ist (Abb. 5).

 

Priesters, XII 2009