BAMBERGER DOM, DIE GEWÖLBE DES MITTELSCHIFFS

aufmaß mit dem 3d-laserscanner, Bautechnik, Verformungsanalyse, Schadensgeschichte

Leitung: Prof. Dr.-Ing. Stefan Breitling

Mitarbeiter: Dipl.-Ing. (FH) Christian Schalk, Jan Fuhrmann, Dipl.-Ing. Johanna Mähner, Dipl.-Ing. Christian Schmidt, Christine Engler, Nina Marschler, Bettina Rheingans

Kooperationapartner: Bamberger Dom, Dombauhütte, Staatliches Hochbauamt

Laufzeit: seit 2007

Im Rahmen eines von der Otto-Friedrich-Universität Bamberg geförderten Forschungsprojektes wurde im März 2007 ein Laserscan der Mittelschiffgewölbe des Bamberger Doms mit dem Scanner Leica HDS 3000 durchgeführt. Erstmals wurden ein dreidimensionales Abbild der Gewölbekappen und eine genaue Vermessung der Gurtbögen und Gewölberippen hergestellt. (Abb. 3). Der 3D Laserscan dokumentiert den aktuellen Zustand der Domgewölbe mit allen Verformungen auf den Zentimeter genau. Die Analyse der Punktwolke gibt Hinweise auf das Tragverhalten und die konstruktiven und statischen Zusammenhänge am Gewölbe. Weiterhin konnten Erkenntnisse über den mittelalterlichen Bauablauf und über die Dachsanierung und Verschlauderung der Obergadenwände im 18. Jahrhundert gewonnen werden, die die bisherigen Forschungen von Dethard von Winterfeld 1979 und Manfred Schuller 2004 zur Bau- und Veränderungsgeschichte des Doms ergänzen.

Verformungsanalyse

Die Querschnitte durch die Gurtbögen und Joche zeigen, dass die Obergadenwände in den zwei östlichen Jochen leicht und am dritten Gurtbogen stark nach außen geneigt sind (Abb. 2, 4, 5). In den drei mittleren Jochen und denjenigen des Westchores stehen die Außenwände dagegen gerade. Ursache für die Verformung ist nicht der horizontale Schub der Gewölbe, denn die Kämpferpunkte der Gewölbescheitel liegen bei den unterschiedlich stark ausweichenden Jochen doch jeweils exakt auf gleicher Höhe (Abb. 6). Die geringe Abweichung der Bogenlinien der Gurtbögen von der Kreisform im Querschnitt um ca. 2 cm nach außen im unteren und nach innen im oberen Abschnitt kann mit der natürlichen Setzung erklärt werden. Ein weiteres Absacken der Gewölbe lässt sich an keiner Stelle nachweisen. Dagegen variieren die Spannweiten der Gurtbögen. Die Verformungen der Obergadenwände müssen bereits vor dem Einziehen der Gewölbe Anfang des 13. Jhts. vorhanden gewesen sein. Vermutlich hängen sie mit der alten Baunaht westlich des Chores zusammen. Weiterhin ist keine Neigung der Gewölbesysteme in Längsrichtung, beispielsweise nach Osten, zu erkennen. Alle Gurtbögen stehen genau senkrecht. Nur der Bogen der Kalotte, die zuerst gewölbt wurde, verschob sich durch den fehlenden Gegendruck nach Westen und der Gurtbogen des ersten Chorjoches korrigierte die Abweichung.

Analyse des Höhenlinienmodells

Die Höhenlinien zeigen einen auffallend regelmäßigen Verlauf und geben keine Hinweise auf Risse oder Verformungen der Gewölbekappen (Abb. 7). Weiterhin lassen sich unterschiedliche Mauertechniken unterscheiden. Das erste und zweite Joch entsprechen der Vierung und dem Westchor. Hierbei zeichnet sich die Lage der Leitbohlen ab, auf der die Schalen aufgemauert wurden. Auch liegen die Gewölbeschalen der Vierung und des Ostchores auf nahezu derselben Höhe und weisen ähnliche Steigungen auf. Die Kappen der mittleren Joche hingegen liegen wesentlich tiefer und besitzen eine flachere Neigung. Diese Tatsachen bestätigen Winterfelds Theorie vom Baufortschritt, nach der das Vierung- und Westchorgewölbe zeitnah zum Ostchorgewölbe entstand und die drei Joche des Langhauses erst zu einem späteren Zeitpunkt eingewölbt wurden. Das s-förmige Ausknicken der Ostchorrippen im ersten und zweiten Joch muss also bereits vor der Einwölbung entstanden sein. Vermutlich ist dies auf zu leichte Lehrgerüste bei Errichtung des Gewölbes zurückzuführen. Selbiges trifft für das leichte Durchhängen der Gewölbeschalen im ersten und zweiten Joch zu, das im Längsschnitt sichtbar wird (Abb. 6). Beides zeigt, dass die Bautechnik zu Beginn der Wölbung in den östlichen Jochen noch nicht so ausgereift gewesen ist, wie bei den späteren Gewölbeabschnitten.

Ergebnis

Die vorhandenen Verformungen an Rippen und Gurten lassen sich weitgehend durch den Baufortschritt erklären und haben mit den 1743 erstmals auftretenden Rissen in den östlichen Hochschiffwänden nichts zu tun. Es gibt keine Hinweise auf Schäden durch Gewölbeschub oder eine akute Gefährdung. Die Risse sind auch nicht durch ein Ausweichen der Wände in Längsrichtung oder ein Nachgeben der Fundamente entstanden, denn alle Gurtbögen stehen gerade und eine Setzung lässt sich nicht nachweisen. Die Schäden könnten auf das Eindringen von Feuchtigkeit durch das defekte mittelalterliche Dach zurückzuführen sein. Es ist außerdem möglich, dass Schwingungender Türme bei Glockenschlag und durch Windeinwirkung die Ursache für die Risse waren; vielleicht verstärkt durch die Erhöhung der Osttürme in den 1760er Jahren. Bei den Sicherungsmaßnahmen im Barock handelte es sich nicht um eine Reaktion auf Schäden durch Gewölbeschub, sondern um eine Sicherung und Verschlauderung der Kalotte und der Ostjoche mit den Türmen. Dies erklärt die Anordnung der vielen eisernen Anker und Bänder, mit denen Franz Ignaz Michael Neumann die Ostpartien am Langhaus fixierte. Das neue barocke Dach hatte dagegen wohl keinen Einfluss auf die Schadensentwicklung. Für die Erhaltung des status quo allerdings ist es zweifellos von großer Bedeutung.

Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Institut für Archäologie, Denkmalkunde und Kunstgeschichte.

Prof. Dr.-Ing. Stefan Breitling. Am Kranen 12, D-96045 Bamberg . http//www. uni-bamberg.de. stefan.breitling@uni-bamberg.de

IV/2007