Juni 2019: Unterwegs in einer faszinierenden Kulturlandschaft im östlichen Europa: Georgien

Exkursion der Slavischen Kunst- und Kulturgeschichte vom 7. bis 16. Juni 2019 nach Tiflis, Telawi und Kutaissi im Rahmen des Seminars „Russland und Georgien: Kulturelle und künstlerische Wechselwirkungen“ von Prof. Dr. Ada Raev im Sommersemester 2019

Georgien (Selbstbezeichnung: „Sakartwelo“), in der Antike durch die Argonautensage bekannt geworden und eines der ältesten christlichen Länder der Welt, gehörte von 1801 bis 1917 zum Russischen Reich. Nach einer kurzen Zeit der staatlichen Unabhängigkeit von 1918 bis 1921 wurde das Land in die Sowjetunion eingegliedert. Seit April 1991 ist die Republik Georgien, flächenmäßig etwa so groß wie Bayern, ein unabhängiger Staat. In der inzwischen boomenden Hauptstadt Tiflis leben heute etwa 1,2 Mio. Menschen; das ist mehr als ein Viertel der Gesamteinwohnerzahl des Landes. Regionen wie Abchasien und Südossetien, die „politischen Sorgenkinder“ des Landes, können von Touristen derzeit nicht bereist werden. Bewusst haben wir in unsere Reiseroute mit Kartlien, Kachetien und Imeretien drei landschaftlich und kulturell spezifische Regionen einbezogen, leider reichte die Zeit nicht für einen Abstecher ans Schwarze Meer.


TIFLIS (07.06.-10.06.)

Tiflis präsentierte sich als eine grüne, in großen Teilen restaurierte Stadt, die aber auch mit ungewöhnlichen modernen Bauten wie dem Gebäude der Georgischen Nationalbank und der Friedensbrücke über den Fluss Kura (georgisch: მტკვარი „Mtkwari“) aufwartet. Ein erster Stadtspaziergang führte uns u.a. zur Sioni-Kathedrale. Dieser Sakralbau ist für die Georgier mit widersprüchlichen Gefühlen verbunden: Einerseits wird dort das Kreuz der Hl. Nino, jener Heiligen, die der Überlieferung nach den Georgiern das Christentum gebracht hat, aufbewahrt und verehrt. Andererseits wurde sie 1802 zu einem politischen Schauplatz, als die russischen Besatzer Vertreter der georgischen Aristokratie und Geistlichkeit zwangen, den Eid auf den russischen Zaren zu leisten. Unterwegs hatten wir auch mehrfach Gelegenheit, uns mit kulinarischen Besonderheiten Georgiens vertraut zu machen. Unsere besondere Aufmerksamkeit erregten die vielen Stände mit den „Tschurtschchely“ – mit Trauben-, Aprikosen- oder Granatapfelsaft überzogene Hasel- und Walnüsse, die auf Schnüren aufgefädelt sind und mehrere Monate getrocknet werden. Nach regelmäßigen Kostproben fanden sie als Mitbringsel auch den Weg in unsere Koffer.

Einen Halt verdienten natürlich auch der Puškin-Park mit dem 1892 aufgestellten Denkmal für Aleksandr Puškin, einem der ältesten Denkmäler des berühmten Dichters im Russischen Reich, und der Freiheitsplatz mit dem Rathaus und einer Säule mit dem vergoldeten Hl. Georg, einer der Schutzpatrone Georgiens. Im Bäderviertel Abanotubani mit seiner orientalischen Silhouette konnten wir unsere landeskundlichen Erfahrungen durch einen Besuch der berühmten Schwefelbäder von Tiflis, die schon Aleksandr Puškin in ihren Bann gezogen hatten, vertiefen. Die benachbarte Jumah-Moschee ist v.a. deshalb bemerkenswert, weil hier seit 1951 nach der Zerstörung der Blauen Moschee der Schiiten Angehörige der sunnitischen und schiitischen Glaubensgemeinschaften gemeinsam beten.

Die bewegte Geschichte von Georgien und Tiflis erschloss sich uns eindrucksvoll beim Aufstieg zur Nariquala-Festung, die bereits von den Persern errichtet worden war und 1827 nach einem Blitzeinschlag in das Pulvermagazin endgültig zur Ruine wurde. Unterwegs passierten wir die Metechi-Kirche, die im 13. Jahrhundert auf dem Gelände der früheren Residenz der georgischen Könige erbaut worden war. Heute erinnert ein Denkmal von König Wachtang I. Gorgassali an die Anfänge des georgischen Königtums im 5. Jahrhundert.

Ein besonderes Erlebnis war die Fahrt mit der 1905 eröffneten historischen Standseilbahn zum Vergnügungspark mit Aussichtsrestaurant auf dem 730 m hohen Mtazminda, dem sog. „Heiligen Berg“. Beim Abstieg machten wir einen Abstecher zur St.-Davids-Kirche und dem Pantheon, das als Begräbnisstätte bekannter Dichter und Staatsmänner heute als nationales Kultursymbol Georgiens gilt. Darüber hinaus werden aber auch die georgisch-russischen kulturellen Verbindungen deutlich, denn seit 1832 liegt hier der russische Dichter und Diplomat Aleksandr Griboedov in einer Grotte begraben. Sein Grab wurde schon bald zu einem Wallfahrtsort für russische Schriftsteller und Touristen. Mit dem Grabmal des georgischen Dichters Ilia Tschawtschawadse, einer Leitfigur der georgischen Nationalbewegung, wurde 1907 wiederum die Tradition begründet, die „Helden des Landes“ hier zu begraben. Nach 1990 wurden die Gräber von Dissidenten und Opfern der Sowjetära anstelle jener von verschiedenen Parteifunktionären hierher verlegt. Daneben fand aber auch eine einfache fromme Frau, nämlich Ketewan Geladse, die Mutter Stalins, ihre letzte Ruhestätte auf dem Pantheon.

Von den zahlreichen Museen in Tiflis, die unter dem Label „Georgisches Nationalmuseum“ vereinigt sind, konzentrierten wir uns aus Zeitgründen auf zwei von ihnen. In der Nationalgalerie bewunderten wir die eindrucksvollen Gemälde und Plastiken von Vertreterinnen und Vertretern der georgischen Moderne wie David Kakabadse, Elene Achwlediani, Ketewan Maghalaschwili und Jakob Nikoladse.  Unsere Lieblingsbilder stammten allerdings von dem „naiven“ Maler Niko Pirosmanaschwili, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts schon die russischen Avantgarde-Künstler beeinflusst hatte.

Das Museum von Georgien beeindruckt zum einen durch eine umfangreiche und abwechslungsreich gestaltete anthropologische, naturhistorische und archäologische Abteilung mit atemberaubendem antiken Goldschmuck. Zum anderen gab es sowohl Waffen und Trachten als auch eine Schau über den stalinistischen Terror zu sehen.

Bei einem Spaziergang auf dem prachtvollen Rustaweli-Prospekt, der nach dem Dichter Schota Rustaweli, dem Autor des georgischen Nationalepos „Der Recke im Tigerfell“ (1196-1207), benannt ist, kamen wir an historistischen und sowjetischen Prachtbauten wie dem georgischen Nationaltheater, dem Opernhaus, dem Gymnasium Nr. 1, in dem bis Anfang des 20. Jahrhunderts die Kinder georgischer und russischer Adeliger lernten, und dem Parlament vorbei, das immer wieder Schauplatz politischer Auseinandersetzungen ist.

Nach zwei prall gefüllten Tagen in der Hauptstadt machten wir uns zunächst auf zu mehreren religiösen Orten in der Umgebung von Tiflis. Hoch über der alten Hauptstadt Mzcheta und dem Zusammentreffen der beiden Flüsse Aragwi und Kura besuchten wir das schon aus der Ferne sichtbare Kloster Dschwari aus dem 6. Jahrhundert, dessen Vierkonchenkirche als Vorbild für viele andere Sakralbauten der Region diente.

In Mzcheta selbst beeindruckte uns die monumentale Swetizchoweli-Kathedrale aus dem 11. Jahrhundert, die mehrere Jahrhunderte als Krönungs- und Begräbniskirche der georgischen Monarchen und zugleich als Hauptkirche der Georgischen Orthodoxen Apostelkirche diente. Unweit davon befindet sich das seit einiger Zeit wiederbelebte Frauenkloster Samtawro, das eng mit der Geschichte der Hl. Nino verbunden und daher hoch verehrt ist. Seine im 11. Jahrhundert erbaute Erlöser-Kirche zeichnet sich durch kunstvollen plastischen Fassadenschmuck mit prächtigen Ornamentfriesen aus und gilt daher als Musterbeispiel des „Georgischen Barock“. Umgeben von steilen Felsabhängen in einem versteckten Bergeinschnitt erwartete uns nach einer abenteuerlichen Fahrt auf einer schmalen Straße die Klosteranlage von Schiomghwime aus dem 8. Jahrhundert, ein bedeutendes Denkmal frühmittelalterlicher georgischer Baukunst und mittelalterliches Zentrum der Christianisierung.


TELAWI (11.06.-13.06.)

Auf dem Weg nach Telawi hatten wir vom Bus aus ausführlich Gelegenheit, uns mit der wechselvollen Landschaft und kleineren Orten in Kachetien vertraut zu machen. Hin und wieder begegnete uns ein Eselgespann, auch ließen wir uns von den Pfirsichen und Aprikosen verführen, die im Straßenverkauf angeboten wurden.

Eine bemerkenswerte erste Besichtigungsstation war die Allerheiligen-Kirche („Qwelazminda“) von Gurdschaani, die sich wie so viele Kirchen in Georgien gerade in Restaurierung befindet. Ihr Alleinstellungsmerkmal in der georgischen Sakralarchitektur besteht darin, dass sie mit zwei Kuppeln ausgestattet ist.

Der Aufstieg zum Nekresi-Kloster, das nach einem der 13 syrischen Väter, Abibos Nekreseli, benannt wurde, bescherte uns eine wundervolle Aussicht über die Alazani-Ebene. Dieses Kloster spielte eine wichtige Rolle bei der Festigung des Christentums in Ostgeorgien. Der heutige Besucher kann eine Kuppelkirche aus dem 8./9. Jahrhundert etwas außerhalb des Komplexes besichtigen, ehe er zum zweigeschossigen Bischofspalast, einem massiven Wehrturm aus dem 16./17. Jahrhundert, einem kleinen Kirchlein aus Bruchstein aus dem 4. Jahrhundert und der Hauptkirche des Klosters, einer Dreikirchenbasilika aus dem 7. Jahrhundert, gelangt. Zudem erhält man einen Eindruck davon, wie in Georgien traditionell der Wein in sog. „Quevris“, nach unten spitz zulaufenden keramischen Gefäßen, die in den Boden eingelassen wurden, hergestellt und gelagert wurde und teilweise heute auch wieder wird.

In der Ortschaft Gremi mit ihrer imposanten Festung, die 1466 von König Giorgi II. zur Hauptstadt von Kachetien erklärt wurde, erlebten wir in der dortigen Erzengel-Kirche, die im 16. Jahrhundert erbaut wurde und mit einem umfangreichen Freskenprogramm ausgestattet ist, eine Taufe.

In unserem zweiten Quartier, in einem kleinen Hotel am Rande von Telawi, hatten wir nicht nur einen malerischen Blick auf das Große Kaukasus-Gebirge, sondern wurden morgens mit einem liebevoll angerichteten Frühstück bewirtet.

Die von hier aus unternommenen Ausflüge führten uns zunächst zur Georgs-Kathedrale von Alawerdi aus dem 11. Jahrhundert, die aufgrund von Zerstörungen im 15. und 18. Jahrhundert wiedererrichtet werden musste. Der monumentale, steil aufragende Bau, der dem Typus eines Kreuzkuppelbaus mit Trikonchonos folgt, wird neben der Swetizchoweli-Kathedrale in Mzcheta und der Bagrati-Kathedrale in Kutaissi als einer der drei Nationaldome Georgiens verehrt. Auch der Gründer ihres Vorgängerbaus, Ioseb Alawerdi, gehörte zu den 13 syrischen Vätern, die im 4. Jahrhundert als Klostergründer nach Georgien kamen. 

Im Schatten von alten Bäumen vergegenwärtigten wir uns die einstige Bedeutung des Ikalto-Klosters, das im 12. Jahrhundert mit seiner von David dem Erbauer gegründeten Akademie neben dem Kloster von Gelati bei Kutaissi das wichtigste geistige Zentrum im mittelalterlichen Georgien gewesen ist. Als berühmtester Schüler der Akademie gilt der Nationaldichter Schota Rustaweli. Ikalto genoss aber auch als Zentrum innovativer Weinbaupraktiken hohes Ansehen. Jenseits der Klostermauern befindet sich heute ein inmitten üppigen Grüns angelegter Friedhof. Dort begegnet man den Verstorbenen auf ungewöhnlich gestalteten Grabmälern. Uns überraschte die Praxis, den Verstorbenen in mehrfacher Darstellung und sogar als lebensgroße Ganzfiguren nach Fotos gegenüberzutreten.

Unsere Reise führt uns weiter in den kleinen Ort Zinandali zum Landgut des Fürsten Alexander Tschawtschawadse, der dem georgischen Hochadel angehörte. Sein Sommerhaus mit der für Georgien typischen holzgeschnitzten filigranen Galerie im Obergeschoss galt im 19. Jahrhundert als Zentrum des kulturellen Lebens und wurde zum Treffpunkt der georgischen und russischen, ja sogar internationalen Elite: Neben den russischen Schriftstellern Michail Lermontov und Aleksandr Puškin war z.B. auch der französische Schriftsteller Alexandre Dumas regelmäßig zu Gast. Musiziert wurde auf dem ersten aus Westeuropa eingeschifften Flügel, gespielt auf dem ebenfalls importierten Billardtisch, serviert wurde hauseigener Wein, übrigens der erste auf europäische Art hergestellte Wein in Georgien. Der große Park mit vielen exotischen Pflanzen lud auch uns zum Verweilen ein.

In einem etwas abgelegenen Museum, dem Hausmuseum der Filmschauspielerin Natalia "Nato" Watschnadse erhielten wir dank einer so ausführlichen wie interessanten Führung einen Einblick in die georgische und sowjetische Filmgeschichte. Ein Markenzeichen der in Georgien, aber auch in Russland sehr bekannten Diva war ihr beseelter Blick, der sie für Rollen von unschuldigen und leidenschaftlichen jungen Frauen prädestinierte. Dem Museum und ihren engagierten Mitarbeiterinnen wünschte man finanzielle Zuwendungen, um das Potential des Museums besser ausspielen zu können.

Auf dem Weg Richtung Gori passierten wir das Alte Schuamta-Kloster und das Neue Schuamta-Kloster, deren Name („Schuamta“) „zwischen den Bergen gelegen“ bedeutet und auf die malerische Lage verweist. Das Alte Schuamta wurde im 5./6. Jahrhundert gegründet und zählt zu den ältesten Klosteranlagen des Landes. Während es im Mittelalter zu einem beliebten Wallfahrtsort geworden war, geriet das Kloster nach der Gründung von Neu Schuamta durch Königin Tinatin im 16. Jahrhundert in Vergessenheit. In der Kirche von Neu Schuamta, die gerade restauriert wird, befindet sich das Grab der bereits erwähnten Fürstenfamilie Tschawtschawadse.

Nach einem Zwischenstopp auf der Spitze des Gombori-Bergpasses auf 1620m Höhe mit einem herrlichen Ausblick über viele kleinere Flusstäler kamen wir nach Gori, dem Zentrum von Ober-Kartlien und bekannt als Geburtsort von Stalin. Im dortigen Museumspalast zum Gedenken an Josef Stalin und seinen Werdegang scheint auf befremdliche Art und Weise die Zeit stehengeblieben zu sein: Fotos, Gemälde, Landkarten, persönliche Gegenstände und Geschenke von anderen Staatsoberhäuptern zeigen auch heute noch die Glorifizierung und den Kult der totalitären Sowjetunion um ihren Führer. Stalins angebliches Geburtshaus wurde in den Park vor dem Museum verfrachtet und von einer tempelartigen Konstruktion überdacht. Eine Statue Stalins lässt einmal mehr seine Präsenz in der Stadt sichtbar werden.


KUTAISSI (14.06.-16.06.)

Die Fahrt nach Kutaissi führte durch Imeretien und zeigte uns all seine landschaftlichen und kulturellen Besonderheiten. Dabei durfte ein Stopp an einem am Straßenrand gelegenen „Ethnographischen Markt“ natürlich auch nicht fehlen. Kutaissi, die drittgrößte Stadt Georgiens und Hauptstadt der Region Imeretien, empfing uns am Abend mit einer aufgebuddelten Straße mit zahlreichen Schlaglöchern vor unserem Hotel. Dass unser Busfahrer eben aus dieser Stadt stammte und zu wagemutigen Busfahrmanövern bereit war, kam uns an dieser Stelle zugute.

Ausflüge von Kutaissi aus führten uns zuerst zum Wallfahrtskloster Mozameta („Märtyrerstätte“), das sich an einem steilen Abhang über dem tiefen Tal des rauschenden Zkalzitela-Flusses erhebt und die Reliquien der beiden Fürstensöhne Konstantin und David Mcheidse beherbergt. Anschließend besuchten wir das als „zweites Jerusalem“ und „neues Athen“ gerühmte königliche Hofkloster Gelati, seinerzeit geistliches, wissenschaftliches und künstlerisches Zentrum des Landes. König David der Erbauer, der sich im alten Eingangsportal bestatten ließ, gründete im Jahre 1106 das Kloster und die Akademie. Auf dem Areal befinden sich neben der monumentalen Gottesmutter-Kirche, die mit prächtigen, aber teilweise schlecht erhaltenen Fresken aus dem 16. und 17. Jahrhundert ausgestattet ist, die St.-Georgs-Kirche, die St.-Nikolai-Kirche und ein Glockenturm aus dem 13. Jahrhundert sowie das Akademiegebäude, wo Theologen, Philosophen und Rechtsgelehrte beschäftigt waren.

Eine Zeitreise erlebten wir beim Besuch des ehemals florierenden Kurorts Zkaltubo, der nach dem Zerfall der Sowjetunion einen jähen Niedergang erlebte, wovon nicht nur die im Verfall begriffenen einstigen Prachtbauten zeugen. Bereits seit dem 17. Jahrhundert war die Heilwirkung der leicht radioaktiven Thermalquellen bekannt und so entstand zur Zarenzeit ein mondäner Kurort für die gehobene Gesellschaft. In der Sowjetunion wurde der Kurort Teil der sozialistischen Utopie: Besonders auch einfache Arbeiter sollten zu den Gästen der pompösen Sanatorien gehören – doch am Ende kurte stattdessen hauptsächlich die privilegierte Schicht. Nach 1990 blieben die Kurgäste aus und heimatvertriebene Flüchtlinge aus Abchasien und Südossetien wurden in den Sanatorien untergebracht, wo sie zum Teil heute noch leben. Die Umgebung des Kurorts ist inzwischen für ihre ausgedehnten unterirdischen Grotten, die noch immer nicht vollständig erforscht sind, international bekannt. Eine bereits erschlossene und touristisch vermarktete Tropfsteinhöhle ist die sog. Prometheus-Höhle, die 1984 entdeckt worden ist und den Besuchern heute mit Licht- und Soundeffekten ein spektakuläres Erlebnis bietet.

Am letzten Tag unserer Exkursion unternahmen wir einen spannenden Stadtspaziergang durch Kutaissi. Nach dem (etwas mühevollen) Aufstieg zur Bagrati-Kathedrale vorbei an typisch georgischen Familienhäusern mit Vorgärten wurden wir mit einer atemberaubenden Panoramaaussicht auf Kutaissi belohnt. Die eindrucksvolle Hofkirche der westgeorgischen Könige, die bei ihrer Fertigstellung im Jahr 1003 die größte des Landes war, sorgte 2012 für Negativschlagzeilen: Da der umstrittene Wiederaufbau der mehrfach zerstörten Kathedrale gravierend gegen die Kriterien des Denkmalschutzes verstieß, verlor das Gebäude seinen Status als UNESCO-Weltkulturerbe. Das Gelände rund um die Kathedrale lud jedoch zum Verweilen ein, wir erkundeten pittoreske Mauerreste und entspannten uns im Schatten. Mit neuer Energie ging es dann vorbei an verschiedenen Denkmälern zur architektonisch interessanten Weißen Tetri-Brücke, die über den Fluss Rioni führt und durch die Tragikomödie „Eine ungewöhnliche Ausstellung“ (1968) Berühmtheit erlangte. Bedauerlicherweise war die etwas außerhalb liegende Synagoge, die 1885/86 für die Gemeinde georgischer Juden in der Stadt errichtet worden war, nicht öffentlich zugänglich. Unser Spaziergang endete im Herzen der Stadt beim Stadtpark „Boulevard“ und dem eigenartigen Kolchis-Brunnen, dessen Skulpturen vergrößerte Kopien von Miniaturen und Schmuckstücken aus der Bronzezeit darstellen, die wir bereits im Original in Tiflis im Museum bewundern konnten.

Von dort aus erledigte jeder noch letzte Besorgungen, verschickte Postkarten, erkundete nochmals die Stadt oder kaufte Souvenirs ein. Auf dem vielbesuchten Markt gab es viel zu entdecken und man wurde an jeder Ecke zum Kosten eingeladen. Wir deckten uns mit allerlei georgischen Köstlichkeiten und Getränken ein und beobachteten noch ein wenig das bunte Markttreiben, bevor es müde, aber zufrieden und etwas traurig über die bevorstehende Abreise zurück ins Hotel ging. Schließlich versammelten wir uns zu einem gemeinsamen „letzten Abendmahl“ auf der Dachterrasse unseres Hotels, wo wir unsere Erlebnisse Revue passieren und uns die georgischen Spezialitäten schmecken ließen.

Wir bedanken uns ganz herzlich bei den Organisatoren der Reise, Ada und Boris Raev, die diese unvergessliche Exkursion, voller Abenteuer, Spaß, spannenden Eindrücken und interessanten Erfahrungen und Begegnungen erst ermöglicht haben. Noch lange werden wir uns an unsere gemeinsame Zeit in diesem vielfältigen Land zurückerinnern!

Text: Magdalena Burger, Jaroslav Sebov und Ada Raev
Fotos: Ada und Boris Raev, Magdalena Burger, Jaroslav Sebov, Stanimir Bugar, Jovica Romanic