Gastvortrag Prof. Dr. Andreas Kurz (Universidad de Guanajuato, Mexiko)

»Napoleon III., Maximilian von Mexiko und Benito Juárez: Wer kolonisiert wen?«

Bamberger Vorträge zur Lateinamerikanistik

Bamberg, am Dienstag, den 15. Dezember 2014.

Andreas Kurz ist gebürtiger Österreicher und lehrt Lateinamerikanische Literatur an der Universität von Guanajuato. Seinen Vortrag über das Schicksal von Maximilian I. in Mexiko leitete er mit Manets Bild Die Erschießung Kaiser Maximilians von Mexiko (1868/69) ein, das zwar keine historisch verbürgten Tatsachen darstellt, aber trotzdem einen Kern trifft, den eine faktisch korrekte Darstellung nicht leisten könnte.

Die im wahrsten Sinne des Wortes abenteuerlichen Interventionen Napoleons III. in Mexiko zwischen 1864 bis 1867 machten aus dem Habsburger Maximilian I. einen Strohmann und Kaiser von Mexiko. Da die Vereinigten Staaten von Amerika im Bürgerkrieg mit sich selbst beschäftigt waren, sollte von Europa aus noch einmal das monarchistische gegen das republikanische Prinzip gestellt und mit einem Kolonialisierungsversuch verbunden werden. Als ortsfremder Monarch, der gegen die Truppen von Benito Juárez und damit gegen den ersten und bis dato einzigen indigenen Präsidenten Mexikos sich das Land vollständig unterwerfen sollte, wurde er zu einer glücklosen Figur und einem Kuriosum der Geschichte.

Unter dem Vorwand nicht beglichener Schulden eines Wucherkredits sollte mit Waffengewalt das lateinamerikanisches Land »zivilisiert« werden und Maximilian bezahlte schließlich mit dem eigenen Leben, als auf Druck der USA die französischen Truppen 1866 abgezogen wurden, die man ohnehin auch wieder in Europa brauchte, da Preußen sich zum Krieg gegen Frankreich rüstete. Der Soldat, der auf Manets Bild mit übergroßer Hand hinter dem Erschießungstrupp steht und sein Gewehr prüft, stellt unverkennbar Napoleon III. dar. Maximilian selbst trägt einen mexikanischen Sombrero auf dem Gemälde. Die Botschaft ist klar: nach auf beiden Seiten verlustreichen und letztendlich sinnlosen Kämpfen gegen den gewählten Präsidenten Mexikos sieht es so aus als ob Napoleon III. Maximilian I. erschießt, da er ihn in eine ausweglose Lage und unmögliches Abenteuer geschickt hatte.

Mit großer Detailfülle und spielerischer Kenntnis der Geschichte Mexikos präsentierte Andreas Kurz die Verwicklungen um Maximilian I., den auch ein persönliches Vorsprechen seiner Gattin Charlotte als letztem Hilferuf bei den Machthabern in Paris, Wien und Rom nicht retten konnte. Sie erlitt einen Nervenzusammenbruch und kehrte nie wieder nach Mexiko zurück. Aus heutiger Sicht muss daher wohl der Indio Benito Juárez als der eigentliche Verteidiger von Rechtsstaatlichkeit und Repräsentant der Zivilisation gelten.

(von Arndt Lainck, Dezember 2014)