"Freiheit, Gleichheit, Grundeinkommen!"

3.Juli 2008: Vortrag über das Bedingungslose Grundeinkommen von Prof. Götz Werner

"Die Wirtschaft hat nicht die Aufgabe, Arbeitsplätze zu schaffen. Im Gegenteil. Die Aufgabe der Wirtschaft ist es, die Menschen von der Arbeit zu befreien."
Götz Werner in einem Interview in der Stuttgarter Zeitung vom 2. Juli 2005

Soll jedem Bürger und jeder Bürgerin ein gesichertes Auskommen ermöglicht werden - unabhängig davon, ob er oder sie eine Arbeitsstelle hat? Ist das gerecht?

Prof. Götz Werner, Leiter des Interfakultativen Instituts für Entrepreneurship an der Universität Karlsruhe (TH) sowie Gründer und Geschäftsführer von dm-Drogeriemarkt, hielt am 3. Juli 2008 einen Vortrag zur Frage des Bedingungslosen Grundeinkommens. Der Vortrag fand in der - voll besetzten - Aula der Universität Bamberg statt. und wurde organisiert in Zusammenarbeit zwischen der Dietrich Bonhoeffer Forschungsstelle für Öffentliche Theologie und dem Evangelischen Bildungswerk.

Prof. Werner hat mehrere Bücher zum Thema verfasst, zuletzt 2007 „Einkommen für alle“. Rechts sehen Sie Prof. G. Werner bei seinem Vortrag in der Aula. (Bilder: Pfarrer Martin Schnurr, ESG)

Angesichts der Fragilität moderner Erwerbsbiographien - der eine sichere Job bis zur Pensionierung ist nur mehr eine nostalgische Erinnerung, keine Realität mehr - fordert Prof. Götz Werner zu einem Umdenken auf. Ähnlich wie zu Zeiten der Französischen Revolution, so Werner in seinem engagierten Vortrag, sei auch heute eine Zukunftsvision gefragt, kein kleinkrämerisches Vorsorgen und Bangen: "Freiheit, Gleichheit, Grundeinkommen!"

Das Bedingungslose Grundeinkommen stellt laut Werner eine Anerkennung des anderen Menschen dar, die auch eine moralische Frage berührt: Gönnen wir einander ein Auskommen auf der "faulen Haut", ohne dass dafür etwas geleistet werden müsste?

Das Bedingungslose Grundeinkommen, so Prof. G. Werner weiter, sei zunächst keine Frage der Finanzierbarkeit, sondern eine Frage des gesellschaftlichen Wollens.

Prof. G. Werner verwies auf ein Zitat von Albert Einstein, wonach die Probleme von heute nicht mit dem heutigen Denken gelöst werden könnten - das ja zu genau diesen Problemen geführt hätte. So beschrieb Prof. Werner den deutschen Sozialstaat als ein Modell der Zeit Bismarcks, das auf den damaligen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Voraussetzungen entworfen worden sei - und nicht mehr in das 21. Jahrhundert passt.

Anders als in der Selbstversorgerwirtschaft, die bis in das 19. Jahrhundert hinein vorherrschte, leben wir heute in einer Konsumgesellschaft, angewiesen auf Arbeitsteilung. Die Arbeitsteilung bedeutet aber in erster Linie, so Werner, dass wir permanent die Leistungen anderer in Anspruch nehmen und gar nicht anders können.
(Rechts sehen Sie rund 200 Zuhörenden in der Aula.)

Prof. Werner entwarf die Vision einer Gesellschaft, in dem entfremdete Arbeit durch das Grundeinkommen abgeschafft ist. Schon jetzt würden wir bezahlt werden, um arbeiten zu können - nicht etwa umgekehrt würden wir für unsere Arbeit entlohnt.

Die Finanzierungsfrage, die ihm oft gestellt wird, wehrte er in der anschließenden Diskussion kategorisch ab. (Prof. Werner vertritt ein Modell, in dem das Grundeinkommen für alle durch die Konsumsteuer aufgebracht werden sollte - mehr dazu erfahren Sie im Bericht über die Podiumsdiskussion zur Finanzierung.) "Alles, was produziert werden kann, kann auch finanziert werden, wenn wir es ehrlich wollen." - so Prof. Götz Werner provokant.

Rechts sehen Sie Prof. Götz Werner und Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm beim anschließenden Podiumsgespräch, das in eine offene und kontroverse Diskussion mit den Zuhörern und Zuhörerinnen überging.

Zwei Diskussionsforen fanden zur Vorbereitung des Vortrags statt:

Forum I  (29. April 2008): „Nur wer arbeitet, soll auch essen“? Menschenbild und Erwerbsarbeit im Konzept des bedingungslosen Grundeinkommens
mit Dr. Manfred Böhm, Leiter der katholischen Betriebsseelsorge, Bamberg und Dr. Hans-Gerhard Koch, Leiter der Kirchlichen Dienste in der Arbeitswelt Bayern i.R., Fürth
Einen ausführlichen Bericht zur ersten Podiumsdiskussion finden Sie hier!

Forum II (29. Mai 2008): „Nur wer konsumiert, soll  Steuern zahlen“? Finanzierbarkeit und Steuerumbau im Konzept des bedingungslosen Grundeinkommens mit Armin Grassert, Dipl.Betriebswirt (BA), Bürgerinitiative bedingungsloses Grundeinkommen Berlin und Prof. Dr. Johannes Schwarze, Lehrstuhl Volkswirtschaftslehre, Universität Bamberg
Einen ausführlichen Bericht zur zweiten Podiumsdiskussion finden Sie hier!

Mehr Informationen über die Dietrich-Bonhoeffer-Forschungsstelle für Öffentliche Theologie finden Sie hier.

Und zum Evangelischen Bildungswerk Bamberg e.V. geht es hier.