Verflechtungen polnischer, deutschsprachiger und jüdischer Kulturen in Südwestpolen (11.–16. Mai 2025)

Prof. Dr. Iris Hermann (Germanistik), Prof. Dr. Christian Zehnder (Christian Zehnder)

Nach der Warschau- und Łódź-Reise unter dem Titel „Zwischen Romantik und Kapitalismus“ (2024) führte uns im Mai 2025 die slavistisch-germanistische Exkursion „Verflechtungen polnischer, deutschsprachiger und jüdischer Kulturen in Südwestpolen“ zunächst nach Wrocław. Wir näherten uns der Stadt auf den Spuren von Texten, die wir zu Beginn des Sommersemesters bereits im gemeinsamen Seminar „(Jüdische) Literatur in Wrocław/Breslau und Kraków/Krakau“ gelesen hatten: u.a. Barockgedichte und Memoiren von Gerhart Hauptmann. An der Universität Wrocław erhielten wir tiefe Einblicke in die Forschungsaktivitäten des polonistischen und des germanistischen Instituts. Wir besuchten das Museum zu Adam Mickiewiczs Epos „Pan Tadeusz“ (Herr Thaddäus, 1834), betrieben von der polnischen Nationalbibliothek (Ossolineum) – einer Institution, die nach dem Zweiten Weltkrieg von Lwów/Lemberg nach Wrocław ungezogen war. Kurzreferate von Studierenden zu den Umsiedlungen aus den Ostgebieten Polens nach Westpolen und zur Vertreibung der deutschen Bevölkerung sowie zur Zivilisationstheorie des großen Breslauers Norbert Elias rahmten unsere Erkundungen der Stadt.

Unser Aufenthalt in Krakau hatte drei Schwerpunkte: 1) den Wawel-Hügel als wichtigsten Erinnerungsort des mittelalterlichen und neuzeitlichen Polen bzw. der Polnisch-Litauischen Adelsrepublik, 2) polnisch-jüdische Literatur in Krakau mit einer eigens für uns gehaltenen Vorlesung von Prof. Dr. Eugenia Prokop-Janiec, 3) das Junge Polen (Młoda Polska) in Form der Krakauer Sezession. Kurzreferate begleiteten uns auch jetzt. Wir hörten unterwegs Ausführungen zur Bedeutung des Mickiewicz-Denkmals am Hauptmarkt, zu Stanisław Wyspiańskis Jugendstil-Ausgestaltung der Franziskanerkirche und zum Spätsozialismus (Józef Tischners berühmte Predigt auf dem Krakauer Wawel im Oktober 1980). Einen Tag verbrachten wir außerhalb Krakaus: Wir fuhren nach Oświęcim zur Gedenkstätte des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau. Hier erhielten wir eine dreistündige Führung. Während des Rundgangs wurde kaum gesprochen. Auf der Rückfahrt waren dann in der Gruppe viele Gespräche zu hören – Versuche, die Eindrücke von dem Ort des Grauens zu benennen. Die meisten hatten die Gedenkstätte zum ersten Mal besucht.

Das interdisziplinäre, bewusst breit und offen gehaltene Programm brachte Studierende aus sehr unterschiedlichen Bereichen zusammen (ungefähr ein Drittel Slavistik, ein Drittel Germanistik, ein Drittel andere Fächer). Die Formel stieß auf großen Zuspruch. Auf der Heimreise wurden bereits Ideen für eine nächste slavistisch-germanistische Exkursion nach Polen entwickelt: eine multiperspektivische Auseinandersetzung mit der Stadt Gdańsk/Danzig…

Wir bedanken uns herzlich beim Universitätsbund Bamberg für die großzügige Unterstützung!

Christian Zehnder