Vortrag in der Staatlichen Eremitage in St. Petersburg am 20. September 2012

Die Otto-Friedrich-Universität Bamberg ist an den Veranstaltungen des Deutschlandjahres in Russland 2012/13 vertreten. Prof. Dr. Ada Raev wurde von der Staatlichen Eremitage und vom Goethe-Institut in St. Petersburg zu einem Vortrag auf der russisch-deutschen interdisziplinären Konferenz „Fragen zu Worpswede gestern und heute: Lyrik, Heimat, Sozialismus“ eingeladen. Die Konferenz fand  am 19. und 20. September 2012 begleitend zur Ausstellung „Paula Modersohn Becker und die Worpsweder. Zeichnungen und Druckgraphik (1895-1906)“ statt, die vom Institut für Auslandsbeziehungen organisiert wurde.

In ihrem Vortrag beleuchtete Prof. Raev die kunsthistorische Seite der schwärmerischen Begeisterung Rilkes für Russland, die sich wie ein Leitmotiv durch sein Leben und Werk zieht.                Im Mittelpunkt standen die Aufsätze „Russische Kunst“ und „Moderne russische Kunstbestrebungen“, die im Anschluss an zwei Russland-Reisen mit Lou Andreas-Salomé 1899 und 1900 entstanden und 1900 und 1901 dank der Kontakte Rilkes zu dem Kunsthistoriker Richard Muther in der Wiener Wochenschrift Die Zeit erschienen. Sie zeigen deutlich, dass sich der junge Dichter und Essayist solchen Ansätzen verbunden fühlte, die in der russischen Kunst, anknüpfend an Friedrich Nietzsches positiv konnotiertes Russland-Bild als Gegensatz zum rationalistischen Westen, verstärkt nach einer mystischen Komponente suchten. Rilke, begeistert von der russischen Ikonenmalerei und der Kunst von Viktor Vasnecov, interpretierte in diesen Texten die Beson­der­heiten der russischen Kunstentwicklung in metaphorischen und verabsolutierenden Sprachbildern. Er argumentierte dabei mit dem Langzeit­rhyth­mus der Geschichte des Landes, die durch den Einfluss des orthodoxen Christentums und eine überwiegend bäuerliche Bevölkerungsstruktur bestimmt war. Eben daraus folgerte er das un­be­dingte Bedürfnis der Russen nach Bildern und zwar, wie er seinen Text „Moderne russische Kunstbestrebungen“ schloss: also nach einer großen Kunst