Was tun Restaurierungswissenschaftler?

Sie machen sich mit „dem Objekt“ vertraut und versuchen es bis ins kleinste Detail zu verstehen. Das betrifft den materiellen Aufbau sowie die Entstehungsgeschichte. Außerdem spürt man den Einflüssen nach, die „das Objekt“ im Lauf der Zeit verändert haben. Restaurierungswissenschaftler sind Spurenleser.


Spurenlesen ist aber nicht immer einfach. Dabei unterscheidet man zwischen einer materiellen Ebene, der „Denkmalsubstanz“, zu der das Schadensbild und die Korrosionsgeschichte gehören, und einer geistig-inhaltlichen Ebene, zu der künstlerische, technologische und historische Aspekte zählen. Zur Erklärung unverständlicher Erscheinungsbilder oder rasanter Zersetzungsprozesse genügen manchmal bereits handwerkliches oder kunsttechnologisches Know-how, bisweilen auch pure geistes- und naturwissenschaftliche Kenntnisse. Meist ist aber die Kombination beider Herangehensweisen und Kompetenzen notwendig. 

Was unterscheidet Restaurierungswissenschaftler von Restauratoren?

Restaurieren ist eine Tätigkeit, bei der die Anforderungen der Praxis im Vordergrund stehen. Das Profil des Restaurators entspricht dem des Arztes in der Medizin. Kennzeichnend ist die empirische und angewandte Forschung an und von Einzelobjekten. Wissenschaftliches Grundwissen ergänzt lediglich praktische und manuelle Fertigkeiten und soll zur kritischen Methode befähigen.
Wissenschaftliche Zusatzqualifikationen ermöglichen den Einstieg in die Forschung, die kunsthistorisch-geisteswissenschaftlich, analytisch-naturwissenschaftlich oder kognitiv-informatorisch sein kann. Dabei widmet sich die Restaurierungswissenschaft Einzelproblemen der Restaurierungsdisziplin. Am bekanntesten sind die im englischen Sprachraum etablierten Conservation Sciences, die, dem anglo-amerikanischen Verständnis einer kontrollierbaren Welt entsprechend, naturwissenschaftlich strukturiert sind und technisch-materielle Aspekte in den Vordergrund stellen.
Allen Differenzierungen in den Restaurierungs- und Konservierungswissenschaften gemeinsam ist jedoch der wissenschaftsmethodische Ansatz, der immer systemisch-interdisziplinär und selten rein systematisch-disziplinär ist. Restaurierung und Restaurierungswissenschaft sind ein Paar, das der Medizin und der klinischen Forschung gleicht – nur die Zielgruppen sind verschieden.

Was will das Studium?

Das Studienangebot versucht die Welt der Restauratoren und ihrer Wissenschaftler verständlich zu machen (und für die Sache zu werben). Dabei konzentriert sich die Einführungsvorlesung zum einen auf die Erläutung der restaurierungswissenschaftlichen Methode, der „Bestandsaufnahme“. Sie ist der erste Schritt zur Behandlung und den Voruntersuchungsprozeduren in der Medizin vergleichbar. Zum anderen werden die Diagnose des Zustands der Objekte auf der Grundlage der Voruntersuchungen und die Zusammenstellung von Therapieoptionen behandelt.

In der Vorlesung Restaurierungswissenschaften Grundlagen für Masterstudenten und Nebenfachstudierende werden die Ziele, die Projektierung und die Umsetzung von Restaurierungen erläutert. Im Mittelpunkt stehen die in der Baudenkmalpflege bestimmenden Materialien Naturstein, Putz und Glas; besondere Aufmerksamkeit gilt der Auswirkung von Umweltfaktoren und dem Einfluss der Restaurierungs- bzw. Konservierungsgeschichte. Thematischer Schwerpunkt im Wintersemester ist die Bestandsaufnahme (Bestands- und Zustandserfassung) und die Interpretation der Untersuchungsergebnissen (Diagnose).

Behandelt werden u.a. die Eigenschaften ausgewählter historischer Baumaterialien und die wissenschaftliche Erfassung und Bearbeitung von Befunden. Der zweite Teil der Vorlesung im Sommersemester (Restaurierungswissenschaften Grundlagen II) geht auf wissenschaftlich vorbereitete Restaurierungen und Konservierungen und deren Umsetzung in die Praxis ein (Therapie). In einer Übersichtsdarstellung werden die Eigenschaften und Applikationen von und die Erfahrungen mit historischen und modernen Konservierungsmaterialien gezeigt.

Ein Seminar zur Restauratorischen Bestandserfassung vertieft die theoretische Auseinandersetzung mit den Objekten der Baudenkmalpflege. Vermittelt werden die Bestandsaufnahme und die Aufstellung eines denkmalpflegerischen Erhaltungskonzepts unter Einbeziehung EDV-gestützter Methoden. Grundlage ist die VDI- Richtlinie 3798, die am Bamberger Lehrstuhl für Kulturinformatik entwickelte Software MMS (MOBILE MAPPING SYSTEM) und eine von den Universitäten Passau und Bamberg entwickelte Archivierungssoftware (DIGITALES DOMBAUARCHIV).

Seminare über historische Arbeitstechniken sollen die Grundlagen für das Verständnis kunsttechnologischer und werkstoffkundlicher Fragestellungen legen. Im Wechsel werden für Nebenfachstudierende Blockveranstaltungen zur Herstellung, Verarbeitung und Restaurierung von Glas, Werkstein, Metallguss und Metallauflagen angeboten.

Die INTENSIVWOCHEN RESTAURIERUNGSWISSENSCHAFTEN wird nur für die Masterstudenten des Studienganges Denkmalpflege - Heritage Sciences angeboten.

Im Rahmen von einwöchigen, kompakten Blockseminaren werden in jedem Sommersemester unterschiedliche Themenschwerpunkte angeboten. Das Spektrum reicht hier vom Material Kalk bzw. Kalkstein bis hin zu Glas. Auch die selbständige Präparierung, Untersuchung, Analyse und Auswertung von Mörtelproben im hauseigenen Labor wird den Studenten vermittelt. 


Fest etabliert hat sich die Intensivwoche 3D Laserscanning. Hier werden nach einer theoretischen Einführung in kleinen Gruppen direkt vor Ort, am Objekt, die unterschiedlichen Scantypen in praktischen Übungen kennengelernt und deren Handhabung erlernt. Zudem werden die erzeugten Daten von den Studenten nachbearbeitet, sodass sie den Umgang mit dieser speziellen digitalen Technik von Anfang bis Ende durchgehen.