Ein Großteil der Teilnehmer der Tagung "quo vadis Konservierungswissenschaften" hat gemeinsam folgenden Appell mit dem Titel "Zukunft braucht Heimat - Forschungsprogramm zur Erhaltung des kulturellen Erbes" erarbeitet und unterschrieben. Der Appell ist hier(173.3 KB, 3 Seiten), nebst Liste der Unterzeichner, als PDF verfügbar:
Kulturerbe1 stiftet Identität. Es ist unverzichtbarer Rückhalt und generationenübergreifender Wissensspeicher für alle. Unser Kulturerbe fördert den Gemeinsinn, regt zur Reflexion an und stärkt die demokratische Gesellschaft.
Unser Kulturerbe ist keine erneuerbare Ressource. Es ist in immer stärkerem Ausmaß bedroht von Klimawandel, gesellschaftlichen Veränderungen und zunehmender Entkopplung, Konflikten und Naturkatastrophen, Umweltverschmutzung und der Materialalterung selbst.
Der nachhaltige Schutz unseres Kulturerbes ist eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung für Deutschland und Europa, wie bereits in den Zielen zur Nachhaltigen Entwicklung der Vereinten Nationen 2015 beschlossen.
In Zeiten des gesellschaftlichen Auseinanderfallens spiegelt das Europäische Jahr des Kulturerbes eine neue Dimension des Teilens. Die Forschung zur Erhaltung des Kulturerbes ist ein starkes Instrument des Zusammenhalts. Vor den aktuellen Herausforderungen der weltweiten Migration, der digitalen Transformation mit ihren Vor- und Nachteilen trägt sie zu Verständigung und Integration bei. Die transdisziplinäre Forschung zur Erhaltung des Kulturerbes muss als nationale Aufgabe erkannt und umgesetzt werden.
Seit über 20 Jahren gibt es kein nationales Forschungsprogramm zur Kulturguterhaltung mehr: Die Kultur- und Wirtschaftsnation Deutschland muss wieder Vorreiter in Europa in der Forschung zur Erhaltung des Kulturerbes werden. Nachhaltige Forschung stärkt die wissenschaftliche und wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit des Innovationsstandorts Deutschland. Sie trägt zur Allgemeinbildung, Teilhabe, Inklusion und Integration bei.
Die Forschung zur Erhaltung des Kulturerbes stützt sich auf Kultur-, Natur- und Gesellschaftswissenschaften und wird auch von Bildungsinstitutionen, Wirtschaftsunternehmen und Bürgerbeteiligung mit getragen.
Forschungsfragen sind beispielsweise:
- wie können die Auswirkungen des Klimawandels quantifiziert werden?
- wie können Bedrohungen des Kulturerbes besser eingeschätzt und verringert werden?
- was ist ein gutes Museumsklima?
- wem gehört das Kulturerbe heute und morgen?
- wie messen wir die wirtschaftliche Bedeutung des Kulturerbes?
- wie nutzen wir das Potenzial der 4. Industriellen Revolution?
Wir fordern daher:
- ein 15 jähriges nationales Forschungs-Rahmenprogramm zur Erhaltung des Kulturerbes im Umfang von 1,3 Mrd EUR [entspricht 1 Euro je Bürger und Bürgerin pro Jahr]
- ein eigenes Referat für die Forschung zur Erhaltung des Kulturerbes im BMBF
- eine nationale, transdisziplinäre Plattform für die Forschung zur Erhaltung des Kulturerbes.
1 „Kulturerbe setzt sich aus einer Reihe von Ressourcen zusammen, die aus der Vergangenheit ererbt wurden und welche die Menschen unabhängig von der Eigentumszuordnung als eine Widerspiegelung und einen Ausdruck ihrer beständig sich weiter entwickelnden Werte, Überzeugungen, ihres Wissens und ihrer Traditionen identifizieren. Es umfasst alle Aspekte der Umwelt, die aus der Interaktion zwischen Menschen und Orten im Laufe der Zeit hervorgehen.“ Faro Rahmenübereinkommen über den Wert des Kulturerbes 2005.