Literatur und Infektion: Salongespräch

Ein virtuelles Salongespräch, Termin: Mittwoch, 24. Juni, 18 Uhr s.t., mit Prof. Dr. Alexander Honold, Univ. Basel, Prof. Dr. Lale Behzadi, Arabistik, Prof. Dr. Friedhelm Marx, Neuere deutsche Literaturwissenschaft und Prof. Dr. Kai Nonnenmacher, Romanische Kultur- und Literaturwissenschaft

Im Namen der Graduiertenschule Literatur, Kultur, Medien ergeht herzliche Einladung, an unserem diesmal virtuellen Salongespräch mit zeitgemäßem Thema teilzunehmen:

Literatur und Infektion. Szenarien der Ansteckung

Ein virtuelles Salongespräch, initiiert von Prof. Dr. Alexander Honold, Univ. Basel, Johann-von-Spix-Professur 2020 der Otto-Friedrich-Universität Bamberg

Termin: Mittwoch, 24. Juni, 18 Uhr s.t.,
im virtuellen Salon, Zugang: https://unibas.zoom.us/j/94458404664

Unter den aktuellen Bedingungen der Corona-Pandemie steht besonders die medizinische Arbeit im Vordergrund. Aber was hat eigentlich die Literatur zu Formen und Auswirkungen eines solchen Ausnahmezustandes zu sagen? Vertiefende kulturwissenschaftliche Reflexion ist schon dann gefordert, wenn einem Virus z. B. fremdkulturelle Qualitäten zugeschrieben oder Vergleiche mit Pest und Cholera gezogen werden. Die Beschäftigung mit gefährlichen Infektionskrankheiten ist in der Literaturgeschichte ein weit zurückreichendes, vielfältiges Thema – wohl auch deshalb, weil die Unsichtbarkeit der Gefahr so effektvoll mit der Drastik ihrer Folgen kontrastiert. Rapide umlaufende Krankheiten schaffen gesellschaftliche Labilität; sie können durch die Intensivierung des Lebensgefühls Faszinationsmomente hervorrufen, aber auch Schreckbilder freisetzen. So liess Boccaccio die Erzählgemeinschaft seines »Decamerone« aus dem Pest-bedrohten Florenz des 14. Jahrhunderts fliehen, während der Schriftsteller in Thomas Manns Venedig-Novelle von 1912 ausgerechnet in der Cholera-verseuchten Lagunenstadt eine vitale Stärkung und damit den Ausweg aus der Schreibblockade zu finden hofft. Auch in Daniel Defoes Londoner Pesttagebuch, in Jeremias Gotthelfs »Schwarzer Spinne« oder bei Albert Camus ist die umlaufende Infektion zugleich Chiffre einer gesellschaftlichen Krise. Können solche Bücher in der aktuellen Pandemie als Orientierungshilfe dienen, wie etwa die soeben erschienene Erzählung »Corona« von Martin Meyer suggeriert?

Aus gegebenem Anlass soll das Thema Literatur und Infektion den Gegenstand eines literaturwissenschaftlichen Salongesprächs bilden. Vorgestellt wird in kurzen Textproben und Porträts eine Auswahl einschlägiger literarischer Texte aus verschiedenen Sprachen und Kulturen. Wie wird der Weg einer Infektion jeweils literarisch abgebildet? Welche Bewertungen, welche Deutungsmuster bringen Figuren und Erzähler dem Auftreten der Krankheit entgegen? Ab wann und auf welche Weise kommt in den literarischen Infektions-Szenarien auch das zeitgenössische medizinische Wissen zur Geltung? Über diese und einige andere Aspekte wird bei der offenen Gesprächsrunde zu reden sein.

Prof. Alexander Honold, Johann von Spix Gastprofessur Sommer 2020

Gesprächspartner/innen

  • Prof. Dr. Alexander Honold, Basel, Johann-von-Spix-Professur 2020
  • Prof. Dr. Lale Behzadi, Arabistik
  • Prof. Dr. Friedhelm Marx, Neuere deutsche Literaturwissenschaft
  • Prof. Dr. Kai Nonnenmacher, Romanische Kultur- und Literaturwissenschaft

Literaturausschnitte

U.a. wird diskutiert werden über Ausschnitte aus den folgenden Texten, die als Auszug online im Virtuellen Campus (Gastvorträge Spix-Professur Honold) einige Tage vor der Veranstaltung zur Verfügung stehen:

  • Martin Meyer: Corona. Erzählung. Zürich 2020
  • Jürg Federspiel : Die Ballade von der Typhoid Mary. Frankfurt/Main 1983.
  • Nazik al-Mala’ika (1923-2007): das Gedicht „Cholera“ (1947) handelt von der damals grassierenden Cholera-Epidemie in Ägypten.
  • Thomas Mann: Tod in Venedig. Novelle. Berlin 1913.
  • Paolo Giordano: Nel Contagio. Torino 2020 = In Zeiten der Ansteckung. Reinbek 2020.
  • Jean Giono: Le hussard sur le toit. Paris 1951 = Der Husar auf dem Dach. Frankfurt/Main 1996.