Die Ausstrahlung der Schriften Luthers auf die Sprachen Mittel- und Osteuropas

Das Projekt untersucht die Frage, ob, wie und in welchen sprachlichen Formen Luthers Bibelübersetzungen, Katechismen und Lieder auf die slavischen und baltischen Sprachen sowie das Estnische und das Ungarische ausstrahlten. Bei den baltischen Sprachen handelt es sich um das Lettische, das Litauische und das (ausgestorbene) Altprußische, bei den slavischen Sprachen um das Polnische, Nieder- und Obersorbische, Tschechische, Slovenische und Kroatische. Das Russische und das Rumänische werden am Rande mitberücksichtigt.

Für einige dieser Sprachen markierte die Reformation den Beginn der schriftlichen Überlieferung, d.h. die Schaffung einer eigenständigen Schriftsprache als Grundlage für die Entwicklung einer nationalsprachlichen Tradition, andere Sprachen wurden in ihrer Entwicklung durch die Luther‘sche Reformation spürbar beeinflusst, wieder andere zeigen kaum Spuren eines solchen Einflusses. Untersuchungsgegenstände sind die Lexik, die Wortbildung des Substantivs und des Adjektivs sowie die Syntax. Den Rahmen bildet eine Darstellung der sprachgeschichtlichen Situation der einzelnen Sprachen im Kontext der Reformationsgeschichte. Wesentliche Textgrundlagen in slavischen und baltischen Sprachen sind durch das editorische Großprojekt der Biblia slavica (hg. von Hans Rothe und Friedrich Scholz) leicht zugänglich geworden (22 frühe Bibelübersetzungen in Faksimile-Ausgaben, 41 Bände).

Das Projekt berücksichtigt nicht das Niederdeutsche, die nord- und westgermanischen, die romanischen und die keltischen Sprachen und das Finnland-Finnische. Auch die reformierte (calvinstische, helvetische) Übersetzungstradition bleibt weitgehend unberücksichtigt. Der Einfluss der Lutherbibel auf die Übersetzungen der Bibel ins Englische (Tyndale-Bibel, 1525), Niederländische (Doen Pieterson, Druck 1523 durch Adrien van Berghen; 1535, hg. von Jacob van Liesveldt), Dänische (Christian den Trejdes bibel, 1550), Schwedische (Gustav Wasas bibel, 1541), Isländische (NT 1540) ist bekannt und wurde vielfach beschrieben. Für die östlichen Nachbarsprachen des Deutschen gilt das nicht in vergleichbarem Umfang. Diese Forschungslücke will das Projekt verringern.

Das Projekt wurde mit einer Tagung in Wittenberg in Kooperation mit der Universität Halle (Prof. Solms, Halle) und dem WortWerkWittenberg e. V. (Prof. Dr. Meiser, Halle) im Herbst 2016 begonnen. Es wurde von einer weiteren Tagung in der Landesbibliothek Coburg im März 2018 begleitet.

Ziele des Projekts sind:

  • eine Monographie mit einem Anhang, im dem das untersuchte Korpus dokumentiert und auswertet wird
  • eine Datenbank, die das untersuchte Korpus für weitere Untersuchungen zur Verfügung stellt
  • ein Begleitband mit Aufsätzen zu speziellen Aspekten des Projektthemas
  • eine populäre Kurzdarstellung der Projektergebnisse für eine breitere, an der Reformationsgeschichte interessierte Öffentlichkeit.

Das Projekt wird am Institut für Germanistik der Universität Halle-Wittenberg unter der Leitung von Prof. Dr. Hans-Joachim Solms und Prof. Dr. Helmut Glück durchgeführt. Es wird gefördert von der Beauftragten des Bundes für Kultur und Medien. Laufzeit: September 2016 bis Dezember 2018.