„Der Mensch hat zwei Beine und zwei Überzeugungen“. Öffentliche Theologie im Raum sozialer Verkörperung

Kurzzusammenfassung der Antrittsvorlesung von Thomas Wabel am 15.6.15 an der Universität Bamberg

Anknüpfend an Kurt Tucholskys Essay „Der Mensch“ aus dem Jahr 1931 fragt Thomas Wabel danach, wie der Stellenwert von Öffentlichkeit und das Selbstverständnis des Menschen miteinander verknüpft sind und welche Auswirkungen dies für die Aufgabe Öffentlicher Theologie hat. Im Anschluss an Volker Gerhardts Verständnis von Öffentlichkeit als politischer Form des Bewusstseins zeigt sich dabei zunächst, dass individuelle Überzeugung von vornherein im Horizont von Öffentlichkeit steht. Der Weg von Innen nach Außen ist immer schon vorbereitet, indem das Außen in das Innen mit hineingenommen ist. Ergänzt werden diese Überlegungen durch Matthias Jungs Hinweis auf die zweifache Verkörperung geistiger Gehalte: Die sprachliche Teilhabe an Öffentlichkeit ist sozial verkörpert, indem sie ausgreift auf einen gemeinsamen Raum der Verständigung. Sie ist außerdem physisch verkörpert – sie hat einen unmittelbaren Bezug zum Menschen in seiner körperlichen Existenz. In dem Zusammenspiel dieser beiden Weisen von Verkörperung gründen gleichermaßen Ermöglichung und Begrenztheit des Mitteilens religiöser Erfahrung. Denn auch die wohlüberlegte Übersetzung in nichtreligiöse Sprache kann eine spefizische Unbestimmtheit religiöser Rede nicht beseitigen, auf die sich nur hinweisen lässt.

Dadurch modifiziert sich ein Verständnis Öffentlicher Theologie, das dem von Jürgen Habermas vorgeschlagenen Weg der Übersetzung religiöser Überzeugungen in die Sprache säkularer Vernunft folgt und eine entsprechende „Zweisprachigkeit“ einfordert. Theologie als Öffentliche Theologie ist vor die Herausforderung gestellt, in ihrer Arbeit der Übersetzung in die Kontexte unterschiedlicher „Zielsprachen“ ein Bewusstsein dafür wachzuhalten, dass sich das Spezifische christlicher Theologie der vollständigen Übersetzung in rationale Begriffssprache entzieht. Wenn das gelingt, dann erweist sich christliche Theologie als partikular und zugleich als öffentlich: Sie gibt zu erkennen, von wo sie spricht – und lässt andere zumindest mit der Möglichkeit rechnen, wie es wäre, diese Perspektive zu teilen.