Rednerin mit Mikrofon auf der Tagungsbühne

▼ SPOT: »Gebt OG Keemo den Büchner-Preis!« - Literaturwissenschaftliche Perspektiven auf Deutschrap

kUNI spricht mit Julia Ingold.

Über SPOT erhalten fortgeschrittene Nachwuchswissenschaftlerinnen eine Bühne. Sie sollen als Veranstalterinnen einer Tagung ins Rampenlicht des wissenschaftlichen Diskurses gerückt werden. Mit einer innovativen, fachspezifischen und öffentlichkeitswirksamen Tagung kann so eine Förderung und Vernetzung stattfinden. Gerade für nicht-festangestellte Nachwuchswissenschaftlerinnen ist es wichtig sich in ihrem Fachgebiet weiterzuentwickeln und sich so wichtigen Input zu ihren Forschungsinteressen erhalten. Diesmal sprechen wir mit Dr. Julia Ingold über ihre Tagung zum Thema "»Gebt OG Keemo den Büchner-Preis!« - Literaturwissenschaftliche Perspektiven auf Deutschrap".


Könnten Sie uns bitte kurz den Schwerpunkt Ihrer Tagung vorstellen?

Unsere Tagung hieß »›Gebt OG Keemo den Büchner-Preis!‹ – Literaturwissenschaftliche Perspektiven auf Deutschrap«. Wir verstehen unter ›Deutschrap‹ deutschsprachigen Hip Hop. Wir wollten zusammen mit anderen Literaturwissenschaftler_innen und Kolleg_innen aus anderen Fächern vor allem über die Texte im Deutschrap diskutieren, aber auch über die Kunstform generell. Bei keiner anderen Gattung der Popmusik steht der Text so sehr im Zentrum wie im Hip Hop. Trotzdem hat die Literaturwissenschaft im deutschsprachigen Raum Deutschrap bisher nur wenig beforscht. Es gibt viel mehr soziologische Studien dazu. Literaturwissenschaftliche Ansätze konzentrierten sich bisher häufig darauf, die Texte für den Schulunterricht zu erschließen. Uns ging es darum, sie als Gegenstände von Hermeneutik, Philologie und Close Reading ernst zu nehmen.

Wieso lohnt es sich, eine Tagung zu veranstalten? Was war dabei der Gewinn für Ihre Forschung?

Zunächst darf ich ganz unbescheiden sagen, dass die Tagung ein voller Erfolg war. Die Vorträge waren ausnahmslos thesenstark und fundiert, so dass sie wunderbare Diskussionsgrundlagen boten. Dabei passierte etwas, das wir so nicht planen konnten: Alle Beiträge ergänzten sich gegenseitig und kamen immer wieder von verschiedenen Standpunkten auf bestimmte Kernprobleme und Beobachtungen zurück. Genau aufgrund einer solchen Dynamik lohnt sich eine Tagung. Der lebendige Austausch von unterschiedlichen Ideen, Expertisen und Perspektiven ist unersetzlich. Die Vorträge sind Impulse, von denen aus gemeinsam weitergedacht wird. Ich bin mir sicher, dass der Tagungsband, in dem die zu Artikeln ausgearbeiteten Vorträge versammelt werden, in sich sehr stimmig sein und die Deutschrap-Forschung weiter voranbringen wird.

Welchen Herausforderungen haben Sie sich in der Vorbereitung der Tagung stellen müssen?

Ich muss zugeben, dass die Planung dieser Tagung besonders herausfordernd war aufgrund verschiedenster Faktoren. Die Tagung hätte einfacher, aber dafür auch weniger wirksam sein können. Der Knackpunkt war: Weil es um eine aktuelle und dynamische Kunstform ging, wollte ich unbedingt Künstler_innen einbinden. Es war wichtig, nicht nur über sie, sondern auch mit ihnen zu sprechen. Und da sich die Deutschrap-Szene momentan in Berlin zentriert, sollte auch die Tagung dort stattfinden – sonst hätten nicht so viele Rapper_innen, Produzent_innen, Journalist_innen etc. teilnehmen können. Aber natürlich ist der logistische Aufwand, von Bamberg aus eine Tagung in Berlin vorzubereiten, sehr viel größer, weil mir die Uni hier in Bamberg allein schon räumlich und personell natürlich eine gewisse Infrastruktur geboten hätte, auf die ich in Berlin verzichten musste. Weil Künstler_innen anders als Wissenschaftler­_innen ja nicht von Berufs wegen für Tagungsbesuche bezahlt werden, war der finanzielle Aufwand sehr viel höher als üblich, was wiederum dazu führte, dass ich mehr Anträge schreiben musste. Das kostete alles viel Zeit. Aber dass ich bereit war, all diese Schwierigkeiten in Kauf zu nehmen und zu lösen, hat sich am Ende gelohnt.

Welche Türen haben sich für Sie durch die Förderung der Frauenbeauftragten (SPOT) geöffnet, die sich ohne die Förderung für diese Tagung nicht hätten öffnen können?

SPOT bildet noch bis zum Druck des Tagungsbandes die wichtigste Förderung für die Tagung. Für mich persönlich war diese Rückendeckung sehr wertvoll, also dass die Frauenbeauftragte und ihr Team hinter mir stehen und mich regelrecht ermahnen, darauf zu achten, dass ich meine Leistung als Wissenschaftlerin sichtbar mache. Darüber hinaus haben die finanziellen Mittel von SPOT es erst ermöglicht, die Tagung in dieser Form in Berlin durchzuführen und so die Uni Bamberg und mich als Forscherin dort zu präsentieren. Das hat schon eine große Wirkung, denke ich. Ich hatte sowieso darauf geachtet, dass sowohl wissenschaftliche als auch künstlerische Teilnehmer_innen der Tagung paritätisch ausgewählt werden. Und so habe ich jetzt dank SPOT ein wunderbares neues Netzwerk gerade an ForscherINNEN, mit denen ich sicher in Zukunft noch zusammenarbeiten werde.

Wenn Sie nochmal eine solche Tagung organisieren würden, was würden Sie vielleicht anders machen?

Tatsächlich bin ich rundum zufrieden und ich kann eigentlich eher die Frage beantworten: Was würden Sie wieder so machen? Weil so viel so gut gelaufen ist und vor allem das Wichtigste: ein wirklicher inhaltlicher Fortschritt der Wissenschaft, erreicht wurde. Es gab kleine Ärgernisse, weil immer irgendetwas wegen zu viel Bürokratie nicht ganz glatt geht. Eine Sache vielleicht: Wir hatten ein Poetikgespräch mit einem Rapper, das mein Mitorganisator Manuel Paß führte. Danach sagte mir eine der anwesenden Journalist_innen, dass sie es schade fand, dass in diesem Fall das Podium – wie leider immer noch viel zu oft – rein männlich besetzt war. Auf so etwas würde ich Zukunft noch mehr achten.

Was sollten andere Wissenschaftlerinnen, die eine Tagung veranstalten wollen, im Vorhinein unbedingt wissen?

Sie sollten sich des Aufwands bewusst sein und klar Kosten respektive Zeitaufwand und Nutzen gegeneinander abwägen. Eine Tagung zu organisieren ist sehr viel Arbeit, aber eine, die sich – wie glücklicherweise diesmal bei mir – sehr lohnen kann. Im Zentrum einer Tagung stehen die wissenschaftlichen Erkenntnisse, die im besten Fall präsentiert und gemeinsam weiterentwickelt werden. Deshalb ist es unbedingt notwendig als Tagungsorganisatorin ganz klar zu wissen, was eigentlich mein Erkenntnisinteresse ist, um die Diskussion immer wieder in die entsprechende Richtung zu lenken und der Tagung insgesamt einen einheitlichen Fokus zu verleihen.

Was würden Sie außerdem Studentinnen raten, die sich für eine wissenschaftliche Tätigkeit interessieren?

Ich würde mich sehr darüber freuen und ihnen raten, aktiv auf ihr (weibliches) Lehrpersonal zuzugehen und mit ihnen über ihren Beruf und andere Berufsfelder für Wissenschaftlerinnen zu sprechen. Sie sollten natürlich viel lesen und das gegenwärtige Wissenschaftsgeschehen beobachten. Außerdem müssen sie sich darüber Gedanken machen, ob sie sich vorstellen könnten später einmal im Ausland zu studieren, zu forschen und/oder zu arbeiten. Inzwischen ist Forschung ganz selbstverständlich international und Kooperationen mit dem Ausland werden sicher noch weiter zunehmen, was ich sehr begrüße.

 

Noch mehr zu den Inhalten der Tagung und der Tagung selbst gibt es im Logbuch Deutschrap nachzulesen.