▼ Professorin Dr. Eleonore Ploil [2000]

Inhaberin der Professur für Sozialarbeit / Sozialpädagogik II / FH im Fachbereich Soziale Arbeit

\\ PROFESSORINNEN AN DER UNIVERSITÄT BAMBERG

\\ INTERVIEW VON 2000

 

"Das Hauptproblem scheint mir zu sein, daß es für StudentInnen so wenig weibliche Vorbilder gibt."


Könnten Sie uns bitte Ihre berufliche Laufbahn vorstellen?

Studium Kunstgeschichte, Jura, Politikwissenschaften, Kommunikationswissenschaften und Pädagogik in Salzburg und Frankfurt. Abschluß in Politikwissenschaften und Kommunikationswissenschaften. Mitarbeit im Frauenhaus (Aufbau und Arbeit im Haus), Tätigkeit als Journalistin für eine regionale Zeitung, Auslandsaufenthalt für IPS (International Press Service) in Sri Lanka, Erwachsenenbildung, Geschäftsführung in einem Frauenbildungshaus, selbständige Tätigkeit als Rhetorik- und Kommunikationstrainerin, später als Organisationsentwicklerin, dazwischen bzw. zum Teil zeitgleich Arbeit als Buchhändlerin und Verlegerin. Lehrbeauftragte und Vertretungsprofessorin an verschiedenen Universitäten. Zusatzausbildung zur Gesprächspsychotherapeutin. Seit 1994 am Fachbereich Soziale Arbeit.

Erhielten Sie während der Studienzeit bzw. in Ihrer beruflichen Laufbahn Unterstützung?

Vom Freundeskreis, von KollegInnen und von der Familie.

Wie kamen Sie auf die „Idee“, eine akademische Laufbahn einzuschlagen?

Ich kam gar nicht auf die Idee. Zu studieren, das war für mich klar. Aber daß ich einmal an einer Universität als Lehrende lande, war nicht Teil meiner Lebensplanung, sondern ist der deutlichen Hinweise einer Kollegin, ich möge mich doch bewerben, zu verdanken.

Gab es für Sie Vorbilder oder Menschen, die Sie in Ihrem Vorhaben bestärkt haben?

Wenn es für mich Vorbilder gibt, dann sind das Freya von Moltke und Hans Deichmann aus dem Kreisauer Kreis, die ich persönlich gut kenne und von denen ich den Gedanken der Freiheit und Demokratie zu leben gelernt habe.

Könnten Sie bitte kurz Ihren Forschungsschwerpunkt vorstellen?

Ich verfolge mehrere Forschungsschwerpunkte: a) Psychosoziale Arbeit nach Krieg und Diktatur b) Weiterentwicklung von Beratungskonzepten und hier besonders von Ausbildungskonzepten für Beratung.

Was finden Sie reizvoll an Ihrem Beruf und an Ihrem Fach?

Wenn das, was ich lehre und mit Studierenden erlebe, mit dem, was ich auch ethisch und inhaltlich vertrete, übereinstimmt, dann macht die Arbeit wirklich Freude und Sinn. Die Kombination aus Menschenbildung und geistiger Bildung (Theorieentwicklung), die Verbindung von Theorie und Praxis.

Ließ sich Ihr Beruf mit familiären Plänen in Einklang bringen?

Ob Beruf und Familie zusammenpassen, hat oft weniger mit dem Beruf zu tun, als mit den Personen, die in diesem Spannungsfeld leben. D.h. Strukturen der Arbeitswelt, KollegInnen, die Person selbst und das Umfeld. Hier ist Kreativität, Kompromißbereitschaft und Flexibilität von allen erforderlich. Für die klassische Frauenrolle ist sicherlich wenig Platz. Da ich diese noch nie anstrebte, bin ich mit dem, wie sich mein Leben gestaltet, zufrieden.

Hatten Sie bzw. haben Sie das Gefühl, daß Sie im Gegensatz zu Ihren männlichen Kollegen mehr leisten mußten bzw. müssen, um die gleiche Anerkennung zu bekommen?

Das ist weniger die Frage des Gefühls, als die Frage der Tatsachen in unserer Kultur. Selbstverständlich müssen Frauen anders und mehr arbeiten, um Anerkennung zu bekommen.

Sehen Sie Probleme darin, daß der Anteil der Professorinnen an Universitäten so gering ist?

Das Hauptproblem scheint mir zu sein, daß es für StudentInnen so wenig weibliche Vorbilder gibt.

Was würden Sie Studentinnen raten, die sich für eine wissenschaftliche Tätigkeit interessieren?

Konsequent zu arbeiten, auf die eigene Würde zu achten, das jeweilige Umfeld gut auszuwählen. Mut zu eigenen Positionen. Unverrückbare Mauern mal links stehen lassen.

Gibt es etwas, daß Sie an den Lehrveranstaltungen stört bzw. worüber ärgern Sie sich bei den Studierenden? Können Sie hierbei Unterschiede zu Ihrer eigenen Studienzeit erkennen?

Als ersten Störfaktor würde ich die Raumbedingungen nennen (viel zu kleine Räume für zu viele Studierende und zu wenig Räume), dies ist allerdings nicht von den Studierenden zu vertreten. Bei den Studierenden ärgere ich mich dann, wenn die Studierenden sich auf die „Ableistung der Anwesenheit“ reduzieren und wenig Eigenbeiträge einbringen. Ich liebe Studierende, die Lust haben, selbst weiterzuforschen, Beiträge von mir zu hinterfragen und mitzudiskutieren. Die Prüfungsorientiertheit der Studierenden ist für diese Prozesse hinderlich. Dazu konnte ich während meines Studiums andere Erfahrungen sammeln. Für uns war es ein Vergnügen, die Dozierenden in Dispute zu verwickeln und dabei auch mal an die Grenzen ihres Wissens zu bringen. Wenn ich noch ein „Ärgernis“ nennen will, dann das relative Desinteresse an tagespolitischen Ereignissen und deren Geschichte und Hintergründe.

Was würden Sie mit dem Wissen, das Sie heute haben, an Ihrem beruflichen Werdegang ändern?

Dazu fällt mir im Moment nichts ein.

Vielen Dank für das Interview!

Das Interview führte Sabine Pichler.