Porträtfoto der Professorin Schütz

▼ Professorin Dr. Astrid Schütz [2012]

Inhaberin des Lehrstuhls für Persönlichkeitspsychologie & Psychologische Diagnostik

\\ PROFESSORINNEN AN DER UNIVERSITÄT BAMBERG

\\ INTERVIEW VON 2012

 

"Die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses halte ich für enorm wichtig.
Absolut essentiell ist der Aufbau eines Netzwerks z.B. über den Besuch von Tagungen."


Könnten Sie uns bitte kurz Ihre berufliche Laufbahn vorstellen?

Ich habe in Erlangen-Nürnberg und in Bamberg Psychologie, Soziologie und Erziehungswissenschaft studiert. Nach einem Auslandsjahr in den USA, wo ich mich vor allem mit Forensischer Psychologie, Politischer Psychologie, Kommunikations- und Genderforschung beschäftigt habe, folgte 1986 mein Diplom. Ich nahm dann das Angebot einer Promotionsstelle an der Uni an und konnte 1990 die Promotion abschließen. Nach zwei weiteren längeren Forschungsaufenthalten in den USA und je einem Jahr Elternzeit nach der Geburt meiner Tochter und meines Sohnes erhielt ich 1999 die Lehrbefugnis für das Fach Psychologie. Im gleichen Jahr nahm ich einen Ruf an die TU Chemnitz an, wo ich bis 2011 als Professorin für Persönlichkeitspsychologie und Diagnostik tätig war. Später wurde ich dort zur Direktorin des Instituts für Psychologie und dann zur Dekanin der Fakultät für Humanwissenschaften gewählt. 2011 nahm ich den Ruf an die Universität Bamberg an.

 

Wie kamen Sie auf die "Idee", eine akademische Laufbahn einzuschlagen? Was reizte bzw. reizt Sie an Ihrem Beruf?

Wie bei vielen ‚weiblichen Karrieren‘ kam diese quasi auf mich zu – ich wollte ursprünglich Therapeutin werden, nahm aber dann das Angebot einer Stelle an der Universität an. Großen Spaß hatte mir das wissenschaftliche Arbeiten als studentische Hilfskraft und beim Erstellen der Diplomarbeit ja bereits gemacht. Die Faszination wurde immer größer – je mehr Fragen ich stellte und versuchte zu beantworten, desto mehr neue interessante Themen taten sich auf. 

Könnten Sie bitte kurz Ihren Forschungsschwerpunkt vorstellen? 

Ich beschäftige mich damit wie Menschen sich selbst wahrnehmen und wie sie ihre Emotionen regulieren - und wie das wiederum ihr Verhalten gegenüber anderen beeinflusst. Konkrete Forschungskonzepte sind z.B. Selbstdarstellung, Selbstüberschätzung, Emotionale Intelligenz. Anwendungsgebiete ergeben sich unter anderem im Bereich der Probleme von Führung und Stressbewältigung. 

 

Ließ sich Ihr Beruf mit familiären Plänen in Einklang bringen? 

Dank der Unterstützung durch meinen Mann war das möglich und wir sind mittlerweile stolz auf zwei (fast) erwachsene Kinder.

Hatten Sie bzw. haben Sie das Gefühl, dass Sie im Gegensatz zu Ihren männlichen Kollegen mehr leisten mussten bzw. müssen, um die gleiche Anerkennung zu bekommen?

Ja, in vielen Situationen und Kontexten schon. 

Inwiefern? 

Es ist schwierig, hier konkrete Beispiele zu geben. Wenn ich Frauen und Männer im Arbeitskontext beobachte, in Unternehmen aber auch in der Wissenschaft, ist mein Eindruck aber, dass Frauen häufig weniger „Vorschusslorbeeren“ erhalten als ihre männlichen Kollegen und stattdessen gegen Skepsis kämpfen müssen bevor sie als Teammitglieder akzeptiert werden und ihre Arbeit tun können.

Hinzu kommt noch immer der Aspekt der Doppelbelastung. Ich sehe, dass viele männliche Kollegen in ihrer Karriere substantielle Unterstützung durch Partnerinnen erfahren – sie hält ihnen den Rücken frei und unterstützt sie beim Networking. Bei Kolleginnen ist es dagegen häufig so, dass sie neben anspruchsvollen beruflichen Aufgaben sehr große Verantwortung im familiären Bereich übernehmen. 

In der Psychologie ist der Studentinnenanteil sehr hoch. Glauben Sie, dass es auch einmal mehr Professorinnen als Professoren in Ihrem Fach geben wird? 

Das ist durchaus möglich, kann aber noch lange dauern.

 

Was würden Sie Studentinnen raten, die sich für eine wissenschaftliche Tätigkeit interessieren?

Fachliche Exzellens und fundierte Methodenkenntnisse sind eine wichtige Basis, reichen aber nicht aus. Absolut essentiell ist der Aufbau eines Netzwerks z.B. über den Besuch von Tagungen. 

Für eine gesunde Work-Life-Balance ist es außerdem hilfreich, einen Partner zu haben, der die eigene Karriere akzeptiert und unterstützt. Engagierte Großeltern, Freundinnen usw. sind außerdem günstig wenn es darum geht, Kinder und Beruf unter einen Hut zu bekommen. 

Seit diesem Wintersemester sind Sie Vizepräsidentin für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs. Was reizt Sie an dieser Aufgabe? 

Mich reizen beide Aspekte gleichermaßen: Forschung zu koordinieren und den wissenschaftlichen Nachwuchs zu fördern.

Forschung ist der Teil meines Berufs, der mich besonders fasziniert und der letztlich ausschlaggebend für meine Berufswahl war. Als Vizepräsidentin geht es nun nicht darum, eigene Forschung zu machen, sondern die Forschung an der Universität insgesamt voranzubringen. Das ist eine spannende und herausfordernde Aufgabe. Schön ist auch, dass die Aufgabe mir Gelegenheit gibt, Einblick in neue Bereiche zu erhalten. Wenn ich im Herbst zum Beispiel ein Grußwort auf einer Tagung zur Stadtgeschichtsforschung spreche, lerne ich dabei auch Themen kennen, die mir bislang wenig vertraut sind.

Die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses halte ich für enorm wichtig. Sie ist mir ein persönliches Anliegen, da junge Forsche-rinnen und Forscher die Zukunft der Wissenschaft repräsentieren. Die Kreativität und Produktivität kritischer junger Köpfe zu unterstützen ist eine besonders schöne und lohnende Aufgabe.

 

Welche Ziele haben Sie sich für Ihre Amtszeit gesetzt?

Einerseits möchte ich die sehr gute Forschung an der Universität Bamberg betreuen und unterstützen sowie neue Initiativen anregen.

Die Zielrichtungen um die es mir dabei beson-ders geht sind Interdisziplinarität, Internationalität und Transfer. Ich möchte insbesondere fächer- und länderübergreifende Projekte fördern und den Wissenstransfer in die Gesellschaft unterstützen.

Andererseits stehen in der universitären Landschaft Deutschlands bestimmte Themen an, die es auch in Bamberg zu diskutieren und umzusetzen gilt.

Im Zuge der Skandale um Plagiatsfälle bei Dissertationen wurden im Rahmen des Wis-senschaftsrates und der Hochschulrektorenkonferenz Qualitätsstandards für Promotionsverfahren gefordert. Hier gilt es, auch in Bamberg den Status Quo zu evaluieren und hohe Standards umzusetzen.

Würden Sie mit dem Wissen, das Sie heute haben, etwas an Ihrem beruflichen Werdegang ändern?

Nein, ich würde die wesentlichen Entscheidungen wieder so treffen.