Bronzezeitlichen Zentren im Po-Delta (Italien)

Die letzte Phase der Bronzezeit war eine Zeit tiefgreifender Veränderungen in Italien und im gesamten Mittelmeerraum. In dieser dynamischen Zeit entstand entlang der großen Flüsse in Norditalien, dem Po und der Etsch, ein neues Siedlungssystem. Es handelte sich dabei nicht nur um Siedlungen, sondern auch um spezialisierte Handwerkszentren und wichtige Handelsknotenpunkte mit Fernverbindungen ins Baltikum, nach Nordafrika und in die Levante. Das bekannteste dieser Zentren ist Frattesina in der Nähe des heutigen Fratta Polesine, das im 13. Jahrhundert v. Chr. am Südufer des Po entstand. Es ist bisher der einzige bronzezeitliche Ort in Italien, an dem die Glasherstellung nachgewiesen wurde, ein neuer Industriezweig, der höchstwahrscheinlich von ägyptischen Werkstätten inspiriert wurde. Frattesina blühte auf, bis der Fluss Po im frühen ersten Jahrtausend v. Chr. seinen Lauf änderte.

Frattesina und seine Nachbarorte Campestrin und Villamarzana sowie die weiter entfernten bronzezeitlichen Zentren bieten außergewöhnliche Möglichkeiten für nicht-invasive Prospektionen. Diese Siedlungen befinden sich in flachem Agrarland und wurden nie wieder besiedelt. Luftbildaufnahmen haben dazu beigetragen, die Form und Ausdehnung von Frattesina entlang zentraler, senkrecht verlaufender Kanäle zu bestimmen und das bewohnte Gebiet in regelmäßig angeordnete Viertel zu unterteilen. Die großmaßstäbliche Magnetometrie bietet nun eine neue Perspektive auf die detaillierte Anlage von Frattesina und seiner Nachbarschaft, einschließlich der Lage von Werkstattbereichen, der Architektur einzelner Gebäude und der Aktivitätszonen außerhalb der dichten Siedlungskerne.

Seit 2019 arbeiten wir in Frattesina in Zusammenarbeit mit der Sapienza Universität Rom und der Denkmalschutzbehörde. Hier haben wir nun eine fast vollständige Karte der bronzezeitlichen Siedlung und ihrer Umgebung. Im Jahr 2023 gehen wir eine neue Partnerschaft mit der Universität Padua ein, um Villamarzana und die umliegende Landschaft vollständig und nicht-invasiv zu erforschen, um mehr über die räumliche Organisation und die Landnutzung zu erfahren. Beide Standorte sind Teil des großen Dachprojekts Prima Europa - The Protohistory of the Polesine, das von der Denkmalschutzbehörde der Provinzen Verona, Rovigo und Vicenza geleitet und von der Stiftung CaRiPaRo Bank finanziert wird. Das Projekt bietet eine einzigartige Gelegenheit, nicht-invasive Methoden in prähistorischen Kontexten zu testen und unsere Dateninterpretation anhand gezielter Ausgrabungen und geoarchäologischer Beobachtungen zu bewerten.

Im Jahr 2023 haben wir außerdem eine Zusammenarbeit mit der Universität Verona begonnen, um protohistorische Zentren in den Grandi Valli Veronesi zu untersuchen, insbesondere Lovara di Villabartolomea, was uns ermöglicht, eine größere Anzahl von Fallstudien zu vergleichen und unsere Interpretationen der geophysikalischen Informationen weiter zu verfeinern.

In den kommenden Jahren wird das IVGA-Team die geophysikalischen und geoarchäologischen Arbeiten zu den bronzezeitlichen Zentren in Veneto fortsetzen. Studenten sind herzlich eingeladen, an diesen Feldprojekten teilzunehmen, um Erfahrungen mit nicht-invasiven Methoden und geoarchäologischer Arbeit zu sammeln.

Kontakt: dr. Wieke de Neef, wieke.de-neef(at)uni-bamberg.de