Geschlechtergerechtigkeit und Nachhaltigkeit

Feminismus und Frühstück

 

Feminismus und Frühstück ist eine Veranstaltungsreihe des Büros der Gleichstellungsbeauftragten in der Wissenschaft, auch als Odilias Office bekannt. Wir bieten zwei Mal im Semester ein gemütliches Frühstücksbuffet in der Mensa in der Austraße oder der Feki Cafeteria an. Wir geben Besucher*innen dabei gerne inhaltliche Denkanstöße mit und unterhalten uns beim Essen über verschiedene Themen. Dabei sind alle Geschlechter und Universitätsangehörige herzlich eingeladen. Aktuelle Termine auf unserer Website und auf Instagram!

Feminismus und Frühstück

Feminismus und Frühstück ist eine Veranstaltungsreihe des Büros der Gleichstellungsbeauftragten in der Wissenschaft, auch als Odilias Office bekannt. Wir bieten zwei Mal im Semester ein gemütliches Frühstücksbuffet in der Mensa in der Austraße oder der Feki Cafeteria an. Wir geben Besucher*innen dabei gerne inhaltliche Denkanstöße mit und unterhalten uns beim Essen über verschiedene Themen. Dabei sind alle Geschlechter und Universitätsangehörige herzlich eingeladen. Aktuelle Termine auf unserer Website und auf Instagram!

Geschlechtergerechtigkeit als Nachhaltigkeitsziel?

Disclaimer: In unserem Blogbeitrag wird sehr binär von Frauen und Männern gesprochen. Das ist begründet in der vorliegenden Datenlage, die Geschlechter außerhalb der Binarität kaum oder gar nicht berücksichtigt. Wir finden das kritikwürdig, müssen aber damit arbeiten. 

Was sind überhaupt Nachhaltigkeitsziele?

Nachhaltigkeit bezieht sich auf mehr als Umwelt- und Klimaschutz. Um eine gute Zukunft für die Menschheit zu schaffen, müssen neben Ökologie auch Gesellschaft und Wirtschaft neu ausgerichtet werden. 

Wenn wir in diesem Kontext über Nachhaltigkeitsziele sprechen, meinen wir die 17 Ziele der Agenda 2030. Sie werden auch oft als „Sustainable Development Goals“ (SDG) bezeichnet. Die Vereinten Nationen haben diese 2015 für eine sozial, wirtschaftlich und ökologisch nachhaltige Entwicklung gesetzt. Im Januar 2016 ist die Entscheidung in Kraft getreten. Die Ziele sind:

  1. Keine Armut
  2. Kein Hunger
  3. Gesundheit und Wohlergehen
  4. Hochwertige Bildung
  5. Geschlechtergerechtigkeit
  6. Sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen
  7. Bezahlbare und saubere Energie
  8. Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum
  9. Industrie, Innovation und Infrastruktur
  10. Weniger Ungleichheiten
  11. Nachhaltige Städte und Gemeinden
  12. Nachhaltiger Konsum und nachhaltige Produktion
  13. Maßnahmen zum Klimaschutz
  14. Leben unter Wasser
  15. Leben an Land
  16. Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen
  17. Partnerschaften zur Erreichung der Ziele

Ziel 5: Geschlechtergleichstellung erreichen und alle Frauen und Mädchen zur Selbstbestimmung befähigen

Am offensichtlichsten mit Gleichstellung beschäftigt sich natürlich Ziel 5 „Geschlechtergerechtigkeit“
Wie jedes der 17 Ziele hat auch Ziel 5 verschiedene Unterziele:

5.1 Alle Formen der Diskriminierung von Frauen und Mädchen überall auf der Welt beenden

5.2 Alle Formen von Gewalt gegen alle Frauen und Mädchen im öffentlichen und im privaten Bereich einschließlich des Menschenhandels und sexueller und anderer Formen der Ausbeutung beseitigen

5.3 Alle schädlichen Praktiken wie Kinderheirat, Frühverheiratung und Zwangsheirat sowie die Genitalverstümmelung bei Frauen und Mädchen beseitigen

5.4 Unbezahlte Pflege- und Hausarbeit durch die Bereitstellung öffentlicher Dienstleistungen und Infrastrukturen, Sozialschutzmaßnahmen und die Förderung geteilter Verantwortung innerhalb des Haushalts und der Familie entsprechend den nationalen Gegebenheiten anerkennen und wertschätzen

5.5 Die volle und wirksame Teilhabe von Frauen und ihre Chancengleichheit bei der Übernahme von Führungsrollen auf allen Ebenen der Entscheidungsfindung im politischen, wirtschaftlichen und öffentlichen Leben sicherstellen

5.6 Den allgemeinen Zugang zu sexueller und reproduktiver Gesundheit und reproduktiven Rechten gewährleisten, wie im Einklang mit dem Aktionsprogramm der Internationalen Konferenz über Bevölkerung und Entwicklung, der Aktionsplattform von Beijing und den Ergebnisdokumenten ihrer Überprüfungskonferenzen vereinbart

5.a Reformen durchführen, um Frauen die gleichen Rechte auf wirtschaftliche Ressourcen sowie Zugang zu Grundeigentum und zur Verfügungsgewalt über Grund und Boden und sonstige Vermögensformen, zu Finanzdienstleistungen, Erbschaften und natürlichen Ressourcen zu verschaffen, im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften

5.b Die Nutzung von Grundlagentechnologien, insbesondere der Informations- und Kommunikationstechnologien, verbessern, um die Selbstbestimmung der Frauen zu fördern

Wenn wir uns diese Unterziele ansehen, sehen wir Überschneidungen zu anderen SDGs. Und das ergibt auch Sinn, wenn wir bedenken, dass Geschlecht und Geschlechterrollen jeden Aspekt des menschlichen Lebens beeinflussen. Deshalb werfen wir nun einen kurzen Blick auf:

Gleichstellungsthemen in anderen Zielen?

Die meisten der 17 Ziele haben einen Aspekt der Geschlechtergerechtigkeit, einige davon wollen wir hier beispielhaft beleuchten.

Ziel 1 beschäftigt sich mit Armut:
Über 70% von Frauen und Mädchen sind laut UN von Armut betroffen. Dafür gibt es verschiedene Gründe: weniger oder keine Bildungschancen, Gender Pay Gap, Benachteiligung bei Bewerbungen, unbezahlte Care Arbeit, …
Weltweit haben Frauen schlechteren Zugang zu wirtschaftlichen Ressourcen wie Land, Besitz, Krediten oder menschenwürdigen Arbeitsplätzen.

Auch wenn wir den Blick auf Deutschland werfen, sehen wir Einkommensungleichheiten: 
Der bereinigte Gender Pay Gap 2024 beträgt 6%, der unbereinigte 16%.

Ziel 3, Gesundheit und Wohlergehen, zeigt ebenfalls die Benachteiligung von Frauen und Mädchen:
Im Jahr 2023 sind weltweit schätzungsweise 260.000 Frauen aufgrund von Komplikationen während der Schwangerschaft oder bei der Geburt gestorben - das entspricht etwa einem Todesfall einer Mutter alle zwei Minuten.
In der Medizin gilt in den meisten Fällen immer noch der cis Mann als Standard. Das hat negative Folgen: Der Gender Health Gap und der Gender Data Gap. Es ist zum Beispiel unzureichend erforscht, auf welche Medikamente Frauen anders reagieren, „Frauenleiden“ wie PMS sind weitgehend unerforscht und werden nicht ernst genommen, die Müttersterblichkeit ist hoch, weibliche Orgasmen wurden und werden kaum erforscht, geschlechterspezifische Unterschiede bei Symptomen verschiedener Krankheiten sind unbekannt, etc.

Ziel 4 fordert hochwertige Bildung für alle: 
Weltweit besuchen 15 Millionen Mädchen im Grundschulalter keine Schule. Das sind 5 Millionen mehr als bei den Jungen. 
Neben den offensichtlicheren patriarchalen Strukturen, die Mädchen grundsätzlich, teils durch Gesetze, ihr Recht auf Bildung verwehren und sie höchstens auf das „korrekte“ Führen eines Haushalts vorbereiten, gibt es auch weniger offensichtliche, tiefer liegende Strukturen. Eine Folge davon ist der Gender Pay Gap (siehe Ziel 1). Auch der unbereinigte Gap hat Aussagekraft: Schon im Kindergartenalter werden Jungen und Mädchen unterschiedlich behandelt und gefördert. Kleine Mädchen sollen mit Puppen spielen, kleine Jungs mit Autos. Kleine Mädchen sollen Rücksicht nehmen und sich um andere kümmern, kleine Jungs dürfen sich austoben aber dabei bitte keine negativen Emotionen zeigen. Das legt den Grundstein für den weiteren Lebensweg. 
Berufe, die traditionell mit dem weiblichen Rollenbild zusammenpassen, wie Erzieherin, Krankenpflegerin, Lehrerin, sind tendenziell prekärer, schlechter bezahlt und weniger gesellschaftlich anerkannt. Verglichen dazu haben „Männerberufe“, wie Informatiker, Arzt, Professor, einen besseren Ruf und besseres Gehalt. Auch in Handwerksberufen sind Frauen aufgrund patriarchaler Sozialisierung unterrepräsentiert. 

Ziel 11 zeichnet ein Bild von nachhaltigen Städten und Gemeinden: 
Eine nachhaltige Stadt ist sicher, erreichbar und bezahlbar. Das ist erstmal gut für Alle!
Bei der Stadtplanung gilt bisher der berufstätige Mann als Standart-Stadtbewohner. Das ist besonders beim Thema Verkehr und Mobilität sichtbar: Männer legen statistisch gesehen in Städten eher wenige lange Wege zu den allgemeinen Stoßzeiten zurück, Frauen hingegen legen eher viele kurze Wege zurück und das zu Zeiten, bei denen der ÖPNV weniger eng getaktet ist. Außerdem ist öffentlicher Nahverkehr unzureichend ausgebaut und soweit vorhanden häufig ein Angstraum für Frauen. Enge Gassen sind nicht ausreichend beleuchtet. Verkehrswege, die für Care Arbeit (welche meist von Frauen übernommen wird) genutzt werden sind häufig umständlich und mit erheblichem Planungsaufwand verbunden. 

Durch die Gleichstellungsbille betrachtet, finden wir in jedem der 17 Ziele, dass Frauen und Mädchen vom Erreichen dieser profitieren. 

Ziele formulieren schön und gut – aber was passiert jetzt damit?

Die UN veröffentlichte 2022 einen Halbzeitsbericht über die Umsetzung der Agenda 2030. Das Kapitel zum Ziel der Geschlechtergerechtigkeit beginnt deprimierend: „Auch acht Jahre nach Verabschiedung der globalen Nachhaltigkeitsagenda und 28 Jahre nach der Weltfrauenkonferenz von Peking ist die Weltgemeinschaft nicht auf dem richtigen Weg, die Gleichstellung der Geschlechter bis 2030 zu erreichen. Noch existiert in keinem Land Geschlechtergleichheit.“ Das ist besonders besorgniserregend, wenn wir bedenken, dass auch die UN zum Schluss gekommen ist, dass Geschlechtergerechtigkeit eine Erfolgsbedingung für alle anderen Nachhaltigkeitsziele ist. 

Die Umsetzung der Ziele wurde durch die COVID-19 Pandemie ausgebremst und besonders im Bereich der Geschlechtergerechtigkeit gab es in dieser Zeit eher Rück- als Fortschritt. Traditionelle Rollenbilder wurden präsenter (Pflegerinnen bekamen Applaus, Männer in Führungsrollen bekamen Zuschüsse), Frauen übernahmen mehr Care Arbeit (erinnern wir uns zum Beispiel an die Masken-nähenden Mütter oder die geschlossenen Kindergärten und -tagesstätten), Zahlen häuslicher Gewalt, von der Frauen überproportional betroffen sind, stiegen an…

Nachdem die Pandemie für  beendet erklärt wurde, kann es jetzt also weitergehen mit der Umsetzung. Für das Erreichen der Geschlechtergerechtigkeit gibt es folgende Handlungsempfehlungen: 

  • Wirtschaftliche Stärkung sowie Zugang zu und Besitz von produktiven Ressourcen wie Land
  • Ein Leben frei von sozialer, physischer, psychischer und struktureller Gewalt
  • Zugang zu Familienplanung und Bildung, um ein selbstbestimmtes Leben führen zu können
  • Schutz in bewaffneten Konflikten und aktive Einbindung in Friedensprozesse
  • Verringerung der digitalen Kluft zwischen den Geschlechtern
  • Gleichberechtigte Teilhabe an Entscheidungsprozessen auf allen Ebenen im Zusammenhang mit dem Klimawandel

 

In Deutschland hat das Bundesamt für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung seit 2023 eine Strategie für eine feministische Entwicklungspolitik. Darin verpflichtet es sich gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt zur Stärkung der „drei R’s“: Rechte, Ressourcen und Repräsentanz. Dafür sollen bis zum Ende des Jahres 2025 über 90 Prozent der neu zugesagten Projektmittel des Entwicklungsministeriums in Vorhaben fließen, die die Gleichstellung voranbringen. 

Bisher liegt kein Bericht zum Fortschritt und der Umsetzung der Strategie vor. 

Quellen und weiterführende Literatur

BMZ. (Hrsg.). Feministische Entwicklungspolitik. Abgerufen am 22. 10 2025 von Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: www.bmz.de/de/themen/feministische-entwicklungspolitik

BMZ. (Hrsg.). SDG 5: Geschlechtergerechtigkeit. Abgerufen am 22. 10 2025 von Bundeszentrale für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: www.bmz.de/de/agenda-2030/sdg-5

Löhr, K. (Hrsg.). 17 Ziele. Abgerufen am 22. 10 2025 von 17 Ziele.de: 17ziele.de

Mielke, D. (30. Januar 2020). Erziehung und Geschlechterrollen. Abgerufen am 22. 10 2025 von greenstories: www.greenstories.de/wissenswertes/erziehung-und-geschlechterrollen

United Nations (Hrsg.). The Sustainable Development Goals Report 2025. Abgerufen am 22. 10 2025 von United Nations Statistics Division: unstats.un.org/sdgs/report/2025/

United Nations Women (Hrsg.). SDG 1 Keine Armut. Abgerufen am 22. 10 2025 von UNWomen: unwomen.de sdg-1-keine-armut/ 

United Nations Women (Hrsg.). SDG 3 Gesundheit und Wohlbefinden. Abgerufen am 22. 10 2025 von UNWomen: unwomen.de sdg-3-gesundheit-und-wohlbefinden/

United Nations Women (Hrsg.). SDG 4 Qualitaet in der Bildung. Abgerufen am 22. 10 2025 von UNWomen: unwomen.de/sdg-4-qualitaet-in-der-bildung/

United Nations Women (Hrsg.). SDG 11 – Nachhaltige Städte und Gemeinden. Abgerufen am 22. 10 2025 von UNWomen: unwomen.de sdg-11-nachhaltige-staedte-und-gemeinden/

Unicef (Hrsg.). Alle zwei Minuten stirbt eine Frau bei Schwangerschaft oder Geburt. Abgerufen am 22. 10 2025 von unicef: www.unicef.de/informieren/aktuelles/presse/-/alle-zwei-minuten-stirbt-eine-frau-bei-schwangerschaft-oder-geburt-/373214

Statistisches Bundesamt. (Hrsg.). Gender Pay Gap. Abgerufen am 22. 10 2025 von DeStatis: www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Verdienste/Verdienste-GenderPayGap/_inhalt.html