Zum Profil der Erwachsenenbildung/ Weiterbildung

Die Erwachsenenbildung und Weiterbildung lässt sich in dreifacher Hinsicht beschreiben.

  1. Zum einen handelt es sich um eine wissenschaftliche Fachdisziplin, die sich mit dem Lehren und Lernen von Erwachsenen, mit den Organisationen der Erwachsenen- und Weiterbildung und mit den Strukturen der Weiterbildung theoretisch und empirisch auseinandersetzt.
  2. Zum zweiten handelt es sich bei Erwachsenenbildung und Weiterbildung um ein heterogenes und plurales Praxisfeld, das von der Allgemeinen, Politischen und Kulturellen Erwachsenenbildung über die berufliche Weiterbildung bis hin zur innerbetrieblichen Weiterbildung reicht.
  3. Und zum dritten stellt Erwachsenenbildung und Weiterbildung an der Universität Bamberg ein Studienfach dar, mit dem darauf abgezielt wird, durch die theoretische und forschungsorientierte Durchdringung disziplinärer Themenaspekte auf der einen Seite und durch die handlungsorientierte Erprobung erwachsenenpädagogischer Praktiken (Lehren, Planen, Evaluieren etc.) auf der anderen Seite einen reflexiven und handlungsorientierten Zugang zum Berufsfeld der Erwachsenenbildung und Weiterbildung zu ermöglichen.

In den folgenden Abschnitten werden diese drei Perspektiven noch etwas ausführlicher dargestellt.

Erwachsenenbildung und Weiterbildung als wissenschaftliche Disziplin

 

Die Erwachsenen- und Weiterbildung stellt eine erziehungswissenschaftliche Teildisziplin dar, mit der Lern- und Bildungsprozesse erwachsener Menschen in den Mittelpunkt gerückt werden. Dabei geht es darum zu untersuchen, wie solche Lern- und Bildungsprozesse im Rahmen informeller außerinstitutioneller Lerngelegenheiten angeregt werden und wie sie durch non-formale und formale Bildungsangebote institutionell unterstützt werden können. Entsprechend dieser Ausrichtung wird sich in der Forschung der Erwachsenenbildung und Weiterbildung mit Bedingungen und Unterstützungsmöglichkeiten von Lehr- und Lernprozessen im Erwachsenenalter befasst. Dabei lassen sich drei Ebenen differenzieren.

  • Auf der Ebene des Individuums und der Interaktion stehen konkrete Lehr- und Lernprozesse sowie die professionelle Gestaltung von Lernarrangements im Mittelpunkt. Hier wird zum Beispiel danach gefragt, woran sich Lehrende und Lernende orientieren, welche Lernbegründungen bei erwachsenen Menschen vorliegen oder auch, wie die Interaktion in konkreten Kurssituation zwischen Lehrenden und Teilnehmenden gestaltet wird.
  • Auf der Ebene der Organisation und der Institution wird die institutionelle Struktur der Erwachsenenbildung und Weiterbildung fokussiert. Untersucht wird hier, wie Organisationen der Allgemeinen, Politischen, beruflichen oder betrieblichen Erwachsenen- und Weiterbildung ihrer Kernaufgabe nachkommen, Bildungsprozesse erwachsener Menschen anzuregen und zu unterstützen. Gleichzeitig werden mit einem organisationspädagogischen Erkenntnisinteresse auch organisationale Lern- und Entwicklungsprozesse betrachtet. Organisationen werden aus dieser Perspektive als „kollektive Bildungsadressaten“ verstanden, die durch Organisationsberatung zum organisationalen Lernen angeregt werden können.
  • Auf der Ebene des Systems und der Gesellschaft geht es schließlich um die Struktur der Weiterbildungslandschaft. Im Gegensatz zu anderen pädagogischen Feldern erscheint die Erwachsenen- und Weiterbildung als rechtlich weniger stark strukturiert und finanziell abgesichert, wodurch sie relativ flexibel auf gesellschaftliche Entwicklungen reagieren kann. In diesem Zusammenhang konzentriert sich die Forschung hier auf die Untersuchung der Steuerungsformen der pluralen Struktur der Erwachsenen- und Weiterbildung.

Vernetzung der Professur mit der Disziplin

An der Professur wird die Vernetzung mit der wissenschaftlichen Disziplin der Erwachsenenbildung kontinuierlich gepflegt. Dies geschieht beispielsweise über die Mitgliedschaft der Mitarbeitenden in der Sektion Erwachsenenbildung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft, über die regelmäßige Präsentation von Forschungsarbeiten auf der Jahrestagung der Sektion oder der Mitorganisation der „Werkstatt Forschungsmethoden in der Erwachsenenbildung/Weiterbildung“. Zudem erfolgt eine disziplinäre Vernetzung über Tätigkeiten in Beiräten, Redaktionen von Zeitschriften (z.B. Hessische Blätter für Volksbildung) oder Herausgeberschaften von Buchreihen (z.B. Buchreihe „Theorie und Empirie Lebenslangen Lernens“ bei VS Springer).

Erwachsenenbildung und Weiterbildung als berufliches Tätigkeitsfeld

 

Das Praxisfeld der Erwachsenen- und Weiterbildung lässt sich als überaus heterogen bezeichnen. Diese Heterogenität resultiert mitunter aus einer pluralen Träger- und Organisationsstruktur. Neben Anbietern der allgemeinen, politischen und kulturellen Bildungsarbeit (z.B. vhs, konfessionelle Bildungswerke etc.), deren Funktionen darin liegen, freiwillige Bildungsangebote zu aktuellen gesellschaftlich relevanten Themen zu machen, nimmt die berufliche Weiterbildung (z.B. IHK) einen großen Stellenwert ein, bei der es um die individuelle berufliche Weiterentwicklung geht. Darüber hinaus bieten Unternehmen intern betriebliche Weiterbildungsmaßnahmen an (vor allem bei größeren Unternehmen, z.B. Brose, Bosch, Siemens etc.), die in der Regel eng mit Personalentwicklungsprozessen verknüpft sind und darauf abzielen, die Kompetenzen von Mitarbeitenden unter Berücksichtigung der Unternehmensziele zu fördern.
Neben diesen klassischen Bereichen der Erwachsenen- und Weiterbildung lassen sich in den letzten Jahren weitere Ausdifferenzierung des Feldes beobachten. So werden beispielsweise in Städten Stellen für ein „kommunales Bildungsmanagement“ geschaffen, bei denen es unter anderem um die regionale Erfassung und Vernetzung von Bildungsträgern und -organisation geht. Zudem entstehen auch hybride Form der Erwachsenen- und Weiterbildung, beispielsweise bei Zusammenschlüssen von Kultur- und Bildungseinrichtungen (z.B. Nürnberger Südpunkt; Das Tietz in Chemnitz etc.).

In allen beruflichen Bereichen stehen folgende berufspraktische Tätigkeiten im Zentrum:

  • Planung und Organisation von Bildungsprogrammen und Bildungsprozessen
  • Bildungs- und Lernberatung unterschiedlicher Zielgruppen
  • Bildungsmanagement: Evaluation von Maßnahmen; Beantragung und Akquise von Finanzierungen; Öffentlichkeitsarbeit und Marketing.

Vernetzung mit dem Berufsfeld

An der Professur werden vielfältige Kontakte zum Berufsfeld der Erwachsenen- und Weiterbildung gepflegt. Wir binden zum Beispiel Praktikerinnen und Praktiker aus unterschiedlichen Bereichen (z.B. Beratung, Organisationsentwicklung, Selbständigkeit) über Lehraufträge oder Gastvorträge in unsere Module ein. Lokale Projekte und Akteurinnen und Akteure werden zudem in unsere Projektseminare eingebunden (aktuell zum Beispiel die Bamberger Carithek), so dass das Berufsfeld auch während des Studiums forschend entdeckt werden kann. Schließlich dient das jährliche Bamberger Forum für Erwachsenen- und Weiterbildung zum kontinuierlichen Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis. Dabei werden wechselnde Themenfelder aus beiden Perspektiven diskutiert, um so voneinander zu lernen und zu profitieren.

Erwachsenenbildung und Weiterbildung als Studienfach

 

Das Feld der Erwachsenen- und Weiterbildung ist durch heterogene Strukturen gekennzeichnet, die für Absolventinnen und Absolventen viele Optionen eröffnen, aber gleichzeitig auch die Orientierung für Studierende - gerade zu Beginn des Studiums - erschweren. Vor diesem Hintergrund wird mit der Lehre der Professur für Erwachsenenbildung und Weiterbildung das Ziel verbunden, über die modularisierte Struktur eine systematische Perspektive zu entfalten, mit der das Feld in seiner Breite strukturiert betrachtet werden kann. Zudem bieten die Wahlpflichtveranstaltungen in den einzelnen Modulen die Möglichkeit, für Studierende einen interessensgeleiteten Schwerpunkt zu entwickeln. 
Kompetenztheoretisch betrachtet wird mit dem Studium der Erwachsenenbildung und Weiterbildung an der Universität Bamberg darauf abgezielt, Studierenden einen forschungs- und theorieorientierten Blick auf die Handlungsfelder der Erwachsenen- und Weiterbildung zu ermöglichen, um darüber eine distanzierte Reflexionskompetenz zu erwerben, die für professionelles Handeln im Feld unabdingbar erscheint. Neben dieser Reflexionskompetenz wird mit dem Studium weiter auf den Erwerb von Handlungskompetenz in unterschiedlichen Bereichen fokussiert – wie der Planung, Durchführung und Evaluation von Lehr- und Lernarrangements. Diese Kompetenzen werden zum einen im Kontext der Seminare der Module zu „Allgemeinen berufsqualifizierenden Kompetenzen (ABK)“ in den Mittelpunkt gerückt (z.B. hinsichtlich konkreter Lehrkompetenzen). Zum anderen ist der Erwerb von Handlungskompetenzen auch ein wichtiger Bestandteil von Projektseminaren in theorie- und forschungsorientierten Modulen, bei denen eigenständig kleinere Bildungs- und Forschungsprojekte konzeptionell erarbeitet und diskutiert werden.
Schließlich wird mit dem Studium auch darauf abgezielt, den Transfer zwischen Wissenschaft und Praxis zu ermöglichen. Diesem Ziel wird nicht nur durch das sechswöchige Pflichtpraktikum innerhalb des Studiengangs nachgekommen, sondern auch durch unsere Vernetzungen mit dem Berufsfeld der Erwachsenen- und Weiterbildung (Gastvorträge und Lehraufträge von Fachkräften aus der Praxis; Bamberger Forum für Erwachsenenbildung und Weiterbildung).