Profil und Struktur des Studiengangs

Zeit als Strukturelement von Raum

"Im Jahrhundert zwischen 1750 bis 1850 entstanden in Europa völlig neue Zeitbegriffe. Aufgrund der überseeischen Erschließung der Erde und der raschen Entfaltung von Wissenschaft und Technik waren menschliche Erfahrungsräume und menschliche Erwartungshorizonte nicht mehr wie in der Vormoderne weitgehend deckungsgleich, sondern traten auseinander. Zwischen dem nicht mehr des Erfahrungsraums und dem noch nicht des Erwartungshorizonts entstand also eine Lücke, die erst den für die Moderne typischen Begriff der Gegenwart hervorbrachte. Das hatte zur Folge, dass Gegenwart als ein stets instabiler, bedrängter Zeitraum inmitten von Vergangenheit und Zukunft erlebt wurde. Seit gut 150 Jahren antwortet Geographie auf diese typisch moderne Befindlichkeit, indem sie ihr Basiskonzept Raum auf die Gegenwart fokussiert. Dabei stabilisiert sie die Gegenwart in verschiedenen Varianten: erstens dadurch, dass sie Karten zu ihrem bevorzugten Medium macht. Zweitens dadurch, dass sie den Begriff Entwicklung zentral stellt, der den Blick auf ein komplexes Geflecht unterschiedlicher Prozesse motiviert und so die räumliche Gegenwart als geworden erscheinen lässt. Drittens dadurch, dass sie den Blick nach vorne wagt. Dieser taxiert die jeweilige räumliche Gegenwart, also den Erfahrungsraum, stets als im-perfekt, weshalb dieser mit Blick auf eine erwartbar bessere Zukunft dringend optimiert werden muss, sei es durch Raumplanung, durch Entwicklungsländerforschung oder durch Konzepte der Nachhaltigkeit."

Wardenga, Ute: „Raum“ als Basiskonzept der Geographie: Eine neue Reise durch die Geschichte der Geographie, in: Zeitschrift für Geographiedidaktik 52, 2024, S. 34–46. Online: <https://doi.org/10.60511/52196>.

Blicken Sie als Geographin bzw. Geograph in die Vergangenheit!

Im Masterstudiengang Historische Geographie brechen wir die typische Gegenwartsfixierung der Geographie auf. Sie lernen die aktuellsten Theorien und Konzepte sowie den professionellen und kritischen Umgang mit Karten und Bildern, mit Archivquellen und mit in der Landschaft sichtbaren Sachquellen und materiellen Überlieferungen kennen und wenden Ihre Kompetenzen direkt an: Sei es auf einer achttägigen Exkursion ins Ausland, im Rahmen eines einjährigen studienbegleitenden Lehrforschungsprojekts, bei dem Sie von der Entwicklung der Forschungsfrage bis zum Abschlussprodukt einen kompletten Forschungsprozess durchlaufen, der Sie ideal auf die Masterarbeit vorbereitet, oder im Kontext der Angewandten Historischen Geographie, wo Sie mit den Berufsfeldern Ihrer persönlichen Zukunft – mit Archiven, Bibliotheken, Museen oder der Kulturlandschaftspflege – in Kontakt kommen. Bei all dem lernen Sie, wie Sie als Geographin bzw. Geograph für Formen von Historizität und Zeitlichkeit im Umgang mit Räumen sensibel werden, um nach Ihrem Abschluss aus einem Verständnis für die Vergangenheit die zentralen geographischen Zukunftsthemen unserer Gesellschaft mitgestalten zu können.

Modulstruktur im Überblick

Der Masterstudiengang Historische Geographie ist in 5 Modulgruppen unterteilt. Insgesamt werden 120 ECTS erreicht.

  • Modulgruppe I: Theorien und Methoden (20 ECTS)
  • Modulgruppe II: Fachwissenschaftliche Vertiefungsmodule (25 ECTS)
  • Modulgruppe III: Praxisorientierte Vertiefungsmodule (15 ECTS)
  • Modulgruppe IV: Module des Erweiterungsbereichs (30 ECTS)
  • Modulgruppe V: Masterarbeit (30 ECTS)

Innerhalb der Modulgruppen werden verschiedene Module belegt, die sich wiederum aus einer unterschiedlichen Anzahl an einzelnen Lehrveranstaltungen zusammensetzen.

M1: Historische Geographie: Theorien und Konzepte

  • Lernziele und Kompetenzerwerb: Sie bekommen einen vertieften Überblick über die wichtigsten Theorien und Konzepte der Historischen Geographie. Hierbei liegt ein besonderer Fokus auf der disziplinären und wissenschaftsgeschichtlichen Entwicklung von Theorien und Konzepten und den aktuellen Trends des Faches. Sie lernen auch die jeweiligen interdisziplinären Bezüge zu den Nachbarfächern wie der Archäologie, der Europäischen Ethnologie, der Geschichte, der Kunstgeschichte oder den Sozialwissenschaften erkennen und verstehen.
  • Inhalte: Im Mittelpunkt stehen die Entwicklungspfade der internationalen Historischen Geographie und ihre zentralen Themenfelder. Sie bekommen Einblicke in aktuelle Fragestellungen der Historischen Geographie und die Auswirkungen des spatial turns in den historischen Kulturwissenschaften
  • Aufbau des Moduls: Vorlesung im Wintersemester & Vorlesung im Sommersemester
  • Modulprüfung: Mündliche Prüfung (Prüfungsdauer: 30 Minuten)
  • Modulnote: Die Modulnote entspricht der Note der mündlichen Prüfung 

M2: Historische Geographie: Quellen und Methoden

  • Lernziele und Kompetenzerwerb: Sie lernen die Grundlagen und die Anwendung historisch-geographischer Methoden und können am Ende des Moduls diese Methoden in eigenen Forschungsprojekten anwenden.
  • Inhalte: Im Rahmen des Moduls werden grundlegende Methoden der Archivforschung und der Dokumentenanalyse, der Umgang mit Karten und Bildern sowie mit Sachquellen und materiellen Überlieferungen vermittelt. Im Mittelpunkt stehen Wege und Instrumente der historisch-geographischen Recherche und Auswertung spezifischer archivalischer Quellen sowie die Ansprache, Analyse und Datierung ausgewählter Strukturen in Siedlungen und Kulturlandschaften.
  • Aufbau des Moduls: Seminar im Wintersemester & Seminar im Sommersemester
  • Modulprüfung: Portfolio (Bearbeitungszeit: 3 Monate)
  • Modulnote: Dieses Modul wird nicht benotet.

M3: Historische Geographie des Regionalen

  • Lernziele und Kompetenzerwerb: Sie lernen in diesem Modul, wie Sie regionale Fragestellungen und Themen mit Hilfe einer modernen Methodik bearbeiten können. Dazu erwerben Sie ein Gerüst an Theorien und Konzepten zur Erklärung historischer Regionalisierungsprozesse, erlernen den Umgang mit ganz unterschiedlichen Quellengruppen und Methoden und üben die Erarbeitung und kritische Präsentation eines Forschungsstandes ein.
  • Inhalte: Im Rahmen einer Großen Exkursion im Umfang von 8 Tagen und eines exkursionsbegleitenden Seminars vermittelt das Modul in vergleichender räumlicher und zeitlicher Perspektive konkrete Räume auf lokaler bis globaler Skala. Hierbei geht es vor allem um Regionalisierungsprozesse in ihrem jeweils spezifischen diachronen Ablauf. Region als wichtige historisch-geographisch zu erklärende Raumstruktur und die dazu führenden Regionalisierungsprozesse sollen analysiert und vorgestellt werden. Dabei geht es auch darum, Faktorabhängigkeiten, Gesetzmäßigkeiten und Individualitäten dieser Prozesse besser unterscheiden und interpretieren zu können.
  • Aufbau des Moduls: Große Exkursion und Seminar im Sommersemester
  • Modulprüfung: Portfolio (Bearbeitungszeit: 3 Monate)
  • Modulnote: Die Modulnote entspricht der Note der Modulprüfung.

M4: Forschungsthemen der Historischen Geographie

  • Lernziele und Kompetenzerwerb: In diesem Modul lernen Sie am Beispiel eines ausgewählten zentralen Forschungsfeldes, einer ausgewählten Theorie oder Konzept die Potentiale und Perspektiven eines spezifisch historisch-geographischen Ansatzes kennen. Sie werden befähigt, unterschiedlichste Begriffe und Konzepte zu verstehen und zu erklären. Darauf aufbauend sind Sie in der Lage, diese auch vergleichend und in ihrem Potential für die historisch-geographische Forschung interpretieren und beurteilen zu können. Ausgehend von dem in diesem Modul konkret behandelten Beispiel werden Sie befähigt, diesen Erkenntnisansatz auch auf weitere Theorien, Konzepte und Begriffe zu übertragen.
  • Inhalte: Gegenstand des Seminars sind aktuelle Forschungsthemen und Konzepte sowohl aus der Physischen Geographie als auch aus der Humangeographie. Hierzu gehören Begriffe wie Umwelt, Landschaft, Nachhaltigkeit, Erinnerung, Identität, Nation, Region, Peripherie oder Grenze, die in transdisziplinären Zusammenhängen eine zentrale Rolle spielen. Im Mittelpunkt steht die Analyse, der Vergleich und die Bewertung von raumzeitlichen Mustern, Strukturen und ihrer diachronen Entwicklung
  • Aufbau des Moduls: Seminar im Wintersemester oder Sommersemester
  • Modulprüfung: Schriftliche Hausarbeit (Bearbeitungszeit: 3 Monate)
  • Modulnote: Die Modulnote entspricht der Note der Modulprüfung

M5: Forschungspraxis der Historischen Geographie

  • Lernziele und Kompetenzerwerb: Das Modul vermittelt eine abschließende Kompetenz, forschungs- wie anwendungsorientiert zentrale Methoden und Techniken der historisch-geographischen Forschung in aktuellen thematischen Zusammenhängen von Raum, Gesellschaft und Zeit anzuwenden.
  • Inhalt: Sie lernen, forschungsbezogene und gesellschaftlich aktuelle Themen durch die angeleitete selbständige Konzeption eines Forschungsprojektes umzusetzen. in diesem Zusammenhang lernen Sie auch neue Themen und Forschungsperspektiven kennen.
  • Aufbau des Moduls: Forschungsseminar I im Wintersemester und Forschungsseminar II im Sommersemester
  • Modulprüfung: Schriftliche Hausarbeit (Bearbeitungszeit: 3 Monate)
  • Modulnote: Die Modulnote entspricht der Note der Modulprüfung. 

M6: Angewandte Historische Geographie

  • Lernziele und Kompetenzerwerb: Das Modul vermittelt eine abschließende Wissenskompetenz, die Sie befähigt, die erlernten Methoden und Theorien auf konkrete Felder der anwendungsbezogenen Historischen Geographie zu übertragen und somit Einblicke in arbeitspraktische Zusammenhänge zu gewinnen. Die dabei erlangten Kenntnisse ermöglichen es Ihnen, inhaltlich und methodisch-formal auf die Kernfelder des Arbeitsmarktes für Historische Geographinnen und Geographen, innerhalb wie außerhalb der Wissenschaft, vorbereitet zu werden.
  • Inhalte: Das Modul vermittelt einen Überblick und nähere Kenntnisse der Anwendung historisch-geographischer Arbeitsverfahren und Inhalte im Zusammenhang mit unterschiedlichen Feldern der räumlichen Planung. Dazu gehören u.a. der Naturschutz und die Kulturlandschaftspflege, Bau- und Bodendenkmalpflege, Ländliche Entwicklung und Dorferneuerung, Raum- und Landesplanung, Europäische Landschaftskonvention und UNESCO-Weltkulturerbe.
  • Aufbau des Moduls: Geländeübung im Sommersemester
  • Modulprüfung: Portfolio (Bearbeitungszeit: 3 Monate)
  • Modulnote: Dieses Modul wird nicht benotet.

M7: Berufspraxis

  • Lernziele und Kompetenzerwerb: Im Studium erworbene methodische und inhaltliche Kenntnisse sollen in der Praxis angewendet und vertieft werden. Gleichzeitig dient das Praktikum der individuellen Erkundung potentieller Berufsfelder.
  • Inhalte: Sie lernen Organisationsabläufe in der Praxis kennen und beschäftigen sich mit den Besonderheiten auftragsgebundener Forschung. Sie bewegen sich in den individuellen Arbeitsbedingungen der jeweiligen Berufsfelder und trainieren das Zusammenarbeitn im Team.
  • Sonstige Informationen: Die Praktikumsstelle muss einen Bezug zur Historischen Geographie im weiteren Sinne aufweisen. Wissenschaftliche Einrichtungen sind eingeschlossen. Eine Abstimmung im Rahmen der Fachstudienberatung wird empfohlen. Das Praktikum kann an maximal zwei unterschiedlichen Praktikumsstellen absolviert werden.
  • Aufbau des Moduls: Praktikum im Umfang von 8 Wochen mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 37,5 Stunden
  • Modulprüfung: Praktikumsbericht (Bearbeitungszeit: 3 Monate)
  • Modulnote: Dieses Modul wird nicht benotet. 

Module des Erweiterungsbereichs

Im Erweiterungsbereich erbringen Sie vollständige Module im Umfang von mindestens 30 ECTS. Zur gezielten Auswahl passender Module beachten Sie gerne unsere Empfehlungen für den Erweiterungsbereich. Sie erfahren in den jeweiligen Modulhandbüchern anderer Masterstudiengänge, ob einzelne Module für Sie im Erweiterungsbereich freigegeben sind. Zusätzlich bieten wir mit dem Erweiterungsmodul: Angewandte Historische Geographie (Vertiefung) und Erweiterungsmodul: Forschungsthemen der Historischen Geographie (Vertiefung) zwei Wahlpflichtmodule im Umfang von jeweils 5 ECTS an, die Sie ebenfalls wählen können. Sie finden jeweils bei der Beschreibung der Lehrveranstaltung im Informationssystem der Universität Bamberg UniVIS einen Hinweis, ob die jeweilige Lehrveranstaltung als Erweiterungsmodul angerechnet werden kann. 

Masterarbeit

Die Masterarbeit ist eine eigenständig verfasste Abhandlung, die erkennen lässt, dass Sie über vertiefte Fachkenntnisse verüfgen und die Fähigkeit besitzen, selbständig nach wissenschaftlichen Methoden zu arbeiten. Begleitend zur Masterarbeit besuchen Sie ein Examensseminar, in dem Sie die Arbeit einmal während ihrer Anfertigung vorstellen. Die Themenausgabe erfolgt in der Regel am Ende der Vorlesungszeit des dritten Semesters, sodass Sie das Studium innerhalb der Regelstudienzeit abschließen können.