Deliberation im UN Sicherheitsrat
Der UN Sicherheitsrat hat als mächtigste internationale Organisation die Aufmerksamkeit vieler Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen auf sich gezogen. Er wird vor allem als ein Forum angesehen, in dem Staaten fast ausschließlich strategische Verhandlungen auf der Grundlage von Eigeninteressen führen. Demnach üben mächtige Staaten Druck auf andere Staaten aus, damit diese in ihrem Sinnen abstimmen, und schwächere Staaten schließen sich den Interessen der mächtigen Staaten an, um im Gegenzug Unterstützung in einer anderen Frage zu erhalten. Wir stellen diese gängige Sichtweise in Frage und argumentieren, dass die Sitzungen des UN Sicherheitsrats von deliberativem Verhalten geprägt sind, das auf gegenseitigem Zuhören und Konsenssuche beruht. Unser Argument basiert auf einer systematischen Analyse der diskursiven Praktiken aller Mitglieder des UN Sicherheitsrats zwischen 1995 und 2020. Mithilfe einer Textanalysemethode, die als Wörterbuchansatz bekannt ist, zeigen wir, dass Deliberation in den Debatten des UN Sicherheitsrats tatsächlich eine wichtige Rolle spielt, auch wenn das Ausmaß an deliberativen Praktiken in Abhängigkeit von spezifischen Debatten- und Sprecher-bezogenen Faktoren variiert. Letztlich sprechen wir uns dafür aus, deliberatives Verhalten wieder in den Mittelpunkt der Untersuchung des Verhaltens von Staaten im UN Sicherheitsrat zu stellen und schaffen eine methodische Grundlage für die Durchführung ähnlicher Analysen in anderen wichtigen internationalen Gremien.
Projektmitarbeiter:
Gisela Hirschmann
Monika Heupel
Evgenija Kröker