Studien

Uns interessiert, was Babys wissen

Wie ordnen Säuglinge und Kleinkinder die Welt? Wie fassen sie Ereignisse auf? Wie denken Kinder, bevor sie die ersten Worte sprechen?

Babys vollbringen schon sehr früh erstaunliche Entwicklungsleistungen. Sie erschließen schnell die grundlegenden Strukturen der Sprache, erwerben einen umfangreichen Wortschatz und eignen sich ein reichhaltiges Wissen über ihre Umwelt an – über Tiere, Dinge und Ereignisse. Uns interessiert, wie kleinen Kindern all dies gelingt.

Um dies herauszufinden, zeigen wir den Kindern z.B. verschiedene Bilder von alltäglichen Dingen oder Tieren und spielen ihnen dazu Sprache oder Musik vor. Dabei beobachten wir, wohin die Kinder schauen und wofür sie sich interessieren. Hieraus können wir viel darüber lernen, wie sich das Gedächtnis entwickelt, wie Kinder Sprache verarbeiten, ob Wörter darauf Einfluss nehmen wie Kinder die Welt sehen und Vieles mehr.

Insbesondere interessieren uns folgende Fragen

  • Ordnen kleine Kinder die Welt schon in Kategorien? Ab welchem Alter tun sie das und welchen Einfluss hat Sprache darauf?
  • Wie lernen Kinder neue Wörter? Haben sie gewisse Vorannahmen über die Bedeutung eines neuen Wortes?
  • Welche Strategien entwickeln kleine Kinder, wenn man sie mit kleinen Problemen konfrontiert, wie z.B. einem kleinen Puzzle oder einem Armreif, der unter einem von zwei gleichen Tüchern versteckt wird?
  • Kann man schon frühzeitig erkennen, ob ein Kind später Probleme bei der Sprachentwicklung bekommen wird und wenn ja, wie kann man dies erkennen?

Methoden

Da sich Säuglinge und kleine Kinder uns noch nicht sprachlich mitteilen können, was sie schon alles wissen und können, gibt es verschiedene Methoden, dies herauszufinden:

Eye-Tracking

Eyetracking ist eine Technologie, die genutzt wird, um zu sehen, wohin eine Person auf dem Bildschirm blickt. Der Eyetracker befindet sich unter dem Bildschirm und gibt während der Testung keinerlei Signale (visuell, akkustisch) von sich, sondern speichert lediglich die Daten zur Blickverlaufsmessung.

Somit sind wir in der Lage sehr präzise verfolgen zu können, zu welcher Zeit Säuglinge wie lange sie wohin geschaut haben und können diese Daten später im Detail auswerten.

Wir können uns beispielsweise anschauen, wohin ein Säugling schaut, wenn es ein sprechendes Gesicht sieht - richtet es den Blick eher auf die Augen- oder Mundregion?

Habituations-/Dishabituationsparadigma

Bei dieser Methode wird genutzt, was Säuglinge spontan tun und können – nämlich saugen, schauen, sich für neue Dinge interessieren, ihre Aufmerksamkeit zu- oder abwenden.

Von diesem grundsätzlichen Vorgehen liegen inzwischen viele Varianten vor, in denen die Säuglinge beispielsweise durch ihr Saugen beeinflussen können, was sie zu sehen oder zu hören bekommen, oder in denen sie mit kleinen Spielzeugen spielen. Stets werden ihre Aufmerksamkeitsreaktionen (z.B. Blickdauer, Dauer, mit der sie ein Spielzeug erkunden usw.) genauestens aufgezeichnet und ausgewertet. Was für den kleinen Säugling fünf Minuten spannender Beobachtung sind, bedeutet für den Wissenschaftler oft mehrere Stunden genaueste Auswertung – so wird beispielsweise mit speziellen Video-Analysesystemen das Blickverhalten der Kinder in 25 Zeitabschnitten pro Sekunde kodiert und damit alle 40 Millisekunden festgehalten, wohin das Kind schaut.

Um festzustellen, ob Säuglinge z.B. eine bestimmte Kategorie bilden können, zeigt man ihnen zunächst eine Reihe von Objekten einer Kategorie – z.B. verschiedene Tiere.

Die Säuglinge wenden den verschiedenen Tierbildern zunächst ihre Aufmerksamkeit zu und betrachten diese aufmerksam. Dabei wird ihre Blickdauer genauestens aufgezeichnet. Mit der Zeit wird ihnen langweilig, immer wieder Tiere zu sehen; sie "habituieren". Dies ist der Zeitpunkt, an dem die "Testphase" beginnt. Nun sehen die Säuglinge wiederum ein neues Bild – entweder erneut ein Bild eines neuen Tieres, das sie zuvor noch nicht gesehen haben, oder das Bild einer Frucht. Beide Bilder sind neu! Wenn der Säugling nun sein Interesse dem Bild der Frucht zuwendet, schließen die Forscher daraus, dass die Säuglinge eine Kategorie "Tier" gebildet haben – das neue Tier wird der bekannten gerade zuvor erfahrenen Kategorie zugeordnet und ist deshalb nicht mehr so interessant.

Voraussetzung für diese Schlussfolgerung ist natürlich, dass die Säuglinge zum einen die Bilder der Tiere unterscheiden können und dass sie zum anderen – ohne Gewöhnungsphase – das Testbild des Tieres und jenes der Frucht gleich interessant finden. Beide Voraussetzungen lassen sich ebenfalls mit der beschriebenen Methode prüfen.

Elternfragebögen

Eltern sind Experten für ihr Kind, sie kennen es am besten.
Daher setzen wir, um z.B. mehr über den Sprachstand eines Kindes zu erfahren, Elternfragebögen ein. Dabei geht es darum, was ein Kind schon versteht oder spricht.

Da noch viele andere Dinge Einfluss auf die Entwicklung eines Kindes haben können, möchten wir in unseren Fragebögen auch erfahren, wie das Kind aufwächst. Hat es beispielsweise ältere Geschwister, besucht es regelmäßig eine Krippe oder eine Tagesmutter, wächst es einsprachig oder mehrsprachig auf.

Spielerische Aufgaben

Um mehr über die kognitiven, motorischen und sprachlichen Fähigkeiten von kleinen Kindern zu erfahren, stellen wir ihnen einige spielerische Aufgaben und beobachten, ab wann und wie sie diese Probleme lösen.

Suchen Kinder z.B. eine Quietscheente, die auf den Boden gefallen ist oder folgen sie dem Motto „Aus den Augen, aus dem Sinn“?
Können Säuglinge verschiedene Geräusche voneinander unterscheiden? Ab wann können kleine Kinder aus Bauklötzen einen kleinen Turm bauen? Wie sicher können Kleinkinder verschiedene Formen in ein Steckbrett einsortieren? Ab wann können Kinder Gegenstände nach Farben ordnen?

Über viele dieser Aufgaben weiß man bereits Vieles. Uns interessieren vor allem die Zusammenhänge und die Unterschiede zwischen Aufgaben und was sie uns über spätere Entwicklungen vorhersagen.